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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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als sie ihn anfunkelte.
    »Mach’ ich«, sagte er ein wenig ernüchtert. Er wies kopfnickend auf das Gewehr, das sie trug. »Keine Sorge; mag ja sein, dass ich noch nicht damit geschossen habe, aber ich weiß das eine oder andere darüber. Ich werde mir schon nicht die Finger wegpusten. Meinst du, diese Stelle hier ist gut zum Üben?«
    Sie waren auf eine Heidelichtung hinausgetreten, eine Hochwiese, die dicht mit Gras und Rhododendren bewachsen war. Auf der anderen Seite stand eine Gruppe von Espen, in deren bleichen Ästen noch ein paar späte, scharlachrote Blätter flatterten, die in lebhaftem Kontrast zum tiefblauen Himmel standen. Irgendwo gurgelte ein Bach unsichtbar bergab, und hoch über ihnen kreiste ein rotschwänziger Falke. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel und wärmte ihr die Schultern, und gleich neben ihnen befand sich eine sanfte, Gras bewachsene Böschung.
    »Goldrichtig«, sagte sie und schwang das Gewehr von ihrer Schulter.
     
    Es war ein wunderbares Gewehr, über anderthalb Meter lang, aber so perfekt ausbalanciert, dass man es quer über seinen ausgestreckten Arm legen konnte, ohne dass es ins Wanken kam - was Brianna gerade zu Demonstrationszwecken tat.
    »Siehst du?«, sagte sie und hob mit einer einzigen, fließenden Bewegung den Kolben an ihre Schulter. »Das ist der Schwerpunkt, du musst es mit der linken Hand genau hier anfassen, mit der rechten den Kolben am Abzug fassen und es kräftig an deine Schulter drücken, bis es richtig fest sitzt. Du musst es mit Schwung machen.« Sie stieß den knorrigen Walnusskolben zur Illustration sachte gegen ihr lederbekleidetes Schultergelenk, dann ließ sie das Gewehr sinken und reichte es Roger mit weitaus mehr Zärtlichkeit und Vorsicht, als sie an den Tag legte, wenn sie ihm ihr Baby reichte, wie er ironisch feststellte. Soweit er das beurteilen konnte, war Jemmy allerdings auch um einiges unzerstörbarer als das Gewehr.

    Sie zeigte ihm alles, zögernd zunächst, weil es ihr widerstrebte, ihn zu verbessern. Doch er biss sich auf die Zähne und ahmte sie sorgsam nach, indem er dem nahtlosen Fluss der einzelnen Arbeitsschritte folgte, erst die Patrone mit den Zähnen aufriss, dann die Waffe lud und mit dem Ladestock die Munition in den Lauf rammte, dann die Ladung kontrollierte, verärgert über sein Anfängerungeschick, aber insgeheim fasziniert - und mehr als nur ein wenig erregt - von der Selbstverständlichkeit und Energie ihrer Bewegungen.
    Ihre Hände waren fast genauso groß wie die seinen, allerdings feingliedrig; sie ging mit dem Gewehr so vertraut um wie andere Frauen mit Nadel und Besen. Sie trug eine Kniehose aus Leinen, und ihr langer Oberschenkelmuskel drückte sich fest und rund gegen das Tuch, als sie sich jetzt mit gesenktem Kopf neben ihn hockte, um in ihrer Ledertasche zu kramen.
    »Was, du hast ein Lunchpaket mitgebracht?«, scherzte er. »Ich dachte, wir würden uns einfach etwas schießen und es essen.«
    Sie ignorierte ihn. Sie zog ein zerschlissenes, weißes Halstuch hervor, um es als Ziel zu benutzen, und schüttelte es mit einem kritischen Stirnrunzeln aus. Früher einmal hatte er Jasmin und Gras für ihre Gerüche gehalten; jetzt roch sie nach Schießpulver, Leder und Schweiß. Er atmete ihren Duft ein, und seine Finger strichen unauffällig über das Holz des Gewehrkolbens.
    »Fertig?«, sagte sie und sah ihn lächelnd an.
    »Oh, aye«, sagte er.
    »Kontrolliere deine Ladung«, sagte sie und stand auf. »Ich hefte das Ziel fest.« Wenn man sie so von hinten sah, das rote Haar fest geflochten, bekleidet mit einem weiten Jagdhemd aus Wildleder, das ihr von der Schulter bis zum Oberschenkel reichte, war ihre Ähnlichkeit mit ihrem Vater so betont, dass es geradezu erschreckend war. Doch niemand würde die beiden verwechseln, dachte er. Hose oder nicht, Jamie Fraser hatte nie im Leben einen solchen Arsch gehabt. Er beobachtete sie beim Gehen und beglückwünschte sich zu seiner Lehrerwahl.
    Sein Schwiegervater hätte ihn bereitwillig unterwiesen. Jamie war ein guter Schütze und ein geduldiger Lehrer; Roger hatte beobachtet, wie er die Chisholmjungen nach dem Abendessen mit auf das abgeerntete Maisfeld genommen hatte, um mit ihnen das Schießen auf Felsen und Bäume zu üben. Schlimm genug, dass Jamie wusste, dass Roger unerfahren im Umgang mit Gewehren war - doch die Demütigung, ihm unter dem leidenschaftslosen Blick seiner blauen Augen demonstrieren zu müssen, wie unerfahren, war noch etwas anderes.
    Von seinem Stolz

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