Das Flammende Kreuz
Ich konnte hören, wie sie auf der anderen Seite des Feuers friedlich schnarchte, untermalt von den gesammelten Keuch- und Grunzlauten ihrer Begleiter.
»Was glaubst du überhaupt, woraus du gemacht bist?«, fragte ich den schweren Kopf, der auf meinem Oberschenkel ruhte. »Aus vulkanisiertem Gummi?« Meine Finger strichen unabsichtlich über sein Haar und glätteten es sanft. Einer seiner Mundwinkel zog sich plötzlich zu einem Lächeln hoch, das so hinreißend war, dass ich fast erschrak.
Es war so schnell vorbei, wie es gekommen war, und ich starrte ihn verblüfft an. Nein, er schlief tief und fest; er atmete heiser, aber regelmäßig, und seine langen, mehrfarbigen Wimpern lagen dunkel auf seinen Wangen. Ich strich ihm erneut ganz sanft über den Kopf.
Und da; das Lächeln flackerte auf wie ein Flämmchen und verschwand wieder. Er seufzte tief, kuschelte seinen Kopf fester an mich, entspannte sich dann vollständig und sein Körper wurde schlaff.
»Oh, Himmel, Jamie«, sagte ich leise, und beißende Tränen stiegen mir in die Augen.
Es war Jahre her, dass ich ihn zuletzt so im Schlaf hatte lächeln sehen. In den Anfangstagen unserer Ehe - in Lallybroch.
Als kleiner Junge hat er das immer gemacht, hatte seine Schwester Jenny mir damals erzählt. Ich glaube, es bedeutet, dass er glücklich ist.
Meine Finger gruben sich in das weiche, dichte Haar in seinem Nacken und spürten seinen festen, runden Schädel, die warme Kopfhaut und die haarfeine Linie der uralten Narbe, die sich darüber zog.
»Ich auch«, flüsterte ich ihm zu.
30
Satans Brut
Mrs. MacLeod und ihre beiden Kinder waren bei Evan Lindsay und seiner Frau untergekommen, und da die beiden MacLeodbrüder ebenso wie Geordie Chisholm und seine beiden ältesten Söhne mit der Miliz unterwegs waren, war die Enge im Haus damit beträchtlich gelindert. Allerdings reichte
das noch nicht annähernd, dachte Brianna, denn schließlich war Mrs. Chisholm nach wie vor da.
Das Problem bestand nicht in Mrs. Chisholm als solcher; das Problem bestand in Mrs. Chisholms fünf kleineren Kindern, die allesamt Jungen waren und - von Mrs. Bug - kollektiv als »Satans Brut« bezeichnet wurden. Mrs. Chisholm erhob - vielleicht verständlicherweise - Einspruch gegen diese Terminologie. Die anderen Bewohner des Hauses äußerten ihre Meinung zwar nicht ganz so direkt wie Mrs. Bug, doch sie waren sich bemerkenswert einig. Dreijährige Zwillinge konnten nun einmal diese Wirkung hervorrufen, dachte Brianna, die Jemmy mit beklommenem Blick betrachtete, wenn sie sich die Zukunft ausmalte.
Momentan legte er keine Anzeichen für künftige Zerstörungswut an den Tag, sondern lag im Halbschlaf auf dem Teppich in Jamies Studierzimmer, wohin Brianna sich in der vagen Hoffnung auf eine Viertelstunde annähernder Einsamkeit zurückgezogen hatte, um zu schreiben. Ein Rest von Respekt vor Jamie reichte aus, um die kleinen Verbrecher aus diesem Zimmer fern zu halten, zumindest meistens.
Mrs. Bug hatte den achtjährigen Thomas, den sechsjährigen Anthony und den fünfjährigen Toby Chisholm davon in Kenntnis gesetzt, dass Mrs. Fraser eine bekannte Hexe sei; eine Weise Frau, die sie mit Sicherheit sofort in Kröten verwandeln würde - kein großer Verlust für die Gesellschaft, wie sie ihnen zu verstehen gab -, falls in ihrem Sprechzimmer irgendetwas kaputt gehen sollte. Das hielt sie zwar nicht davon fern - ganz im Gegenteil; sie waren fasziniert -, aber es hatte bis jetzt verhindert, dass sie allzu viel Schaden anrichteten.
Jamies Tintenfass stand auf dem Tisch bereit, ein ausgehöhlter kleiner Kürbis, mit einer großen Eichel ordentlich verkorkt, und daneben stand ein getöpfertes Gefäß mit ordentlich angespitzten Truthahnkielen. Die Mutterschaft hatte sie gelehrt, zufällige Gegebenheiten auszunutzen; das tat sie nun - sie griff zum Federkiel und schlug das kleine Tagebuch auf, in dem sie ihre persönlichen Aufzeichnungen festhielt.
Letzte Nacht habe ich vom Seifekochen geträumt. Ich habe selber noch nie Seife gemacht, aber ich hatte gestern den Boden geschrubbt und hatte den Geruch der Seife noch an den Händen, als ich ins Bett gegangen bin. Es ist ein widerlicher Geruch nach Säure und Asche, und dazu der schreckliche Gestank, den das Schweinefett ausströmt wie etwas, das schon lange tot ist.
Ich habe Wasser in einen Kessel mit Holzasche gegossen, und es hat sich schon beim Gießen in Lauge verwandelt. Giftiger Qualm ist in großen Wolken aus dem Kessel aufgestiegen; er
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