Das Flammende Kreuz
von ihnen hat gesagt, dass Ihr eine Kräuterfrau seid. Wisst Ihr, wie man Babys -«
»Es kommt jemand.« Ich rückte von ihr ab und unterbrach sie, bevor sie die Frage beenden konnte. »Hier, kümmert Euch um das Baby. Ich muss - muss den Eintopf umrühren.«
Ich drückte ihr ohne Umschweife das Kind in den Arm und erhob mich. Als sich die Tür öffnete und eine verschneite Windbö sowie eine große Anzahl Männer einließ, stand ich am Herd, den Löffel in der Hand, den Blick auf den Topf geheftet, und meine Gedanken brodelten genauso heftig wie der Eintopf.
Sie hatte keine Zeit gehabt, die Frage explizit zu stellen, aber ich wusste, was ihr auf der Zunge gelegen hatte. »Kräuterfrau« hatte sie mich genannt. Sie wollte mit ziemlicher Sicherheit meine Hilfe, um das Kind loszuwerden. Wie war das möglich?, fragte ich mich. Wie konnte eine Frau an so etwas denken, während sie ein lebendes Kind im Arm hatte, das den Mutterleib nicht einmal seit einem Tag verlassen hatte?
Aber sie war sehr jung. Sehr jung, und sie litt unter dem Schrecken der Nachricht, dass ihr Geliebter treulos war. Außerdem war ihre Schwangerschaft noch nicht so weit fortgeschritten, dass man es ihr ansah; wenn sie die
Bewegungen ihres Kindes noch nicht gespürt hatte, war es für sie mit Sicherheit noch völlig unwirklich - sie hatte es nur als Mittel betrachtet, die Zustimmung ihres Vaters zu erzwingen; jetzt kam es ihr wahrscheinlich wie eine Falle vor, die im Begriff war zuzuschnappen.
Kein Wunder, wenn sie bestürzt war und panisch nach einer Fluchtmöglichkeit suchte. Doch wenn man ihr etwas Zeit ließ, sich zu erholen, dachte ich mit einem Blick zur Kaminbank, wo sie im Dunklen verborgen saß. Am besten unterhielt ich mich mit ihrer Mutter, ihrer Tante...
Jamie stand plötzlich neben mir und rieb sich die geröteten Hände über dem Feuer. Schmelzwasser tropfte ihm aus den Kleidern. Er machte einen extrem fröhlichen Eindruck, trotz seiner kalten Finger, der Komplikationen in Isaiah Mortons Liebesleben und des Sturmes, der draußen tobte.
»Wie ist die Lage, Sassenach?«, fragte er heiser, und ohne meine Antwort abzuwarten, nahm er mir den Löffel aus der Hand, legte seinen festen, kalten Arm um mich, hob mich hoch und küsste mich heftig, was mich umso mehr aufschreckte, als sein sprießender Bart dick mit Schnee verkrustet war.
Von dieser stimulierenden Umarmung leicht benommen, stellte ich fest, dass die Stimmung der anderen Männer im Zimmer ähnlich gut war. Man klopfte sich gegenseitig auf den Rücken, stampfte mit den Stiefeln auf und schüttelte die Mäntel aus, während jene Art von Gröllauten und Gebrüll erklang, wie Männer es von sich geben, wenn sie in besonderer Feierlaune sind.
»Was ist denn los?«, fragte ich und sah mich überrascht um. Zu meinem Erstaunen stand Joseph Wemyss inmitten der Menge. Seine Nasenspitze war rot vor Kälte, und er konnte sich kaum auf den Füßen halten, weil die Männer ihm gratulierend auf den Rücken hämmerten. »Was ist passiert?«
Jamie lächelte mich strahlend an, und seine Zähne glänzten in der eisigen Wildnis seines Gesichtes auf. Er drückte mir ein schlaffes Knäuel aus nassem Papier in die Hand, an dem noch ein paar rote Wachsbruchstücke hingen.
Die Tinte war in der Nässe verlaufen, doch ich konnte die entscheidenden Worte noch ausmachen. Als sie von General Waddells geplantem Aufmarsch hörten, hatten die Regulatoren beschlossen, dass der Klügere nachgab. Sie hatten sich zerstreut. Und Kraft dieser Order aus der Feder Gouverneur Tryons - war die Miliz entlassen.
»Oh, gut !«, sagte ich. Und dann warf ich meine Arme um Jamie und erwiderte seinen Kuss, allem Schnee und Eis zum Trotz.
Begeistert über die Nachricht von ihrer Entlassung, nutzte die Miliz das schlechte Wetter zum Feiern aus. Nicht minder begeistert, dass sie nicht gezwungen waren, sich der Miliz anzuschließen, schlossen sich die Browns den Feierlichkeiten fröhlich an und steuerten drei große Fässer von Thomasina Browns besten, selbst gebrauten Bier und sechs Gallonen trockenen Cider bei - zum halben Preis. Als das Abendessen vorbei war, saß ich halb aufgelöst vor Erschöpfung in der Ecke einer Bank, das Baby im Arm, und nur die
Tatsache, dass es noch keinen Platz zum Hinlegen gab, hielt mich in der Senkrechten. Rauch und Stimmen schwebten in der Luft. Ich hatte einen kräftigen Cidre zum Essen getrunken. Sowohl die Gesichter als auch die Stimmen verschwammen und wurden wieder klar - auf eine
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