Das Flammende Kreuz
Bechern Cidre.«
»Dann muss es wohl Erschöpfung sein«, sagte ich verträumt. »Ich fühle mich, als ob mein Kopf an einer Schnur auf und ab schwebt wie ein Ballon. Woher weißt du denn, wie viel ich getrunken habe? Entgeht dir denn gar nichts?«
Er lachte erneut und umfasste dann meine Hand, dort, wo sie seinen Arm umklammert hielt.
»Ich sehe dir gern zu, Sassenach. Besonders in Gesellschaft. Deine Zähne glänzen so schön, wenn du lachst.«
»Schmeichler«, sagte ich, fühlte mich aber dennoch aufrichtig geschmeichelt. Angesichts der Tatsache, dass ich mir seit mehreren Tagen nicht einmal mehr das Gesicht gewaschen hatte, geschweige denn gebadet oder meine Kleider gewechselt hatte, waren meine Zähne wahrscheinlich das Einzige an mir, das man aufrichtig bewundern konnte. Dennoch war das Wissen um seine Aufmerksamkeit ein ausgesprochen schönes Gefühl.
Der Schnee war trockener Pulverschnee, und die weiße Kruste gab leise knirschend unter unseren Füßen nach. Ich konnte Jamie atmen hören, immer noch heiser und mühsam, aber das Rasseln in seiner Brust war verschwunden, und seine Haut war kühl.
»Morgen früh wird das Wetter schön«, sagte er und blickte zu dem verschleierten Mond hinauf. »Siehst du den Ring?«
Er war kaum zu übersehen; ein immenser Kreis aus diffusem Licht, der einen Hof um den Mond bildete und sich über den ganzen östlichen Himmel zog. Einige Sterne leuchteten schwach durch den Dunst; innerhalb einer Stunde würde es hell und klar sein.
»Ja. Dann können wir also morgen heimreiten?«
»Aye. Ich nehme an, dass es ein schlammiger Ritt wird. Man kann spüren, wie sich die Luft verändert; es ist zwar jetzt noch kalt, aber der Schnee wird schmelzen, sobald die Sonne direkt darauf scheint.«
Vielleicht würde er das, aber jetzt war es noch kalt. Der buschige Unterstand der Pferde war mit weiteren Kiefern- und Hemlockzweigen verstärkt worden und sah aus wie ein kleiner, klumpiger Hügel, der sich dick vollgeschneit vom Boden erhob. Doch einige kleine Flecken waren frei geschmolzen, vom Atem der Pferde erwärmt, und Dampfwölkchen stiegen kaum sichtbar von ihnen auf. Alles war still, und das Gefühl schläfriger Zufriedenheit war beinahe greifbar.
»Morton hat es gemütlich, wenn er da drin ist«, bemerkte ich.
»Das glaube ich nicht. Als Wemyss mit der Benachrichtigung kam, habe ich Fergus sofort zu ihm geschickt, um ihm zu sagen, dass die Miliz aufgelöst ist.«
»Ja, aber wenn ich Isaiah Morton wäre, hätte ich mich, glaube ich, nicht inmitten eines furchtbaren Schneesturms schnurstracks auf den Heimweg gemacht«, sagte ich skeptisch.
»Wahrscheinlich doch, wenn du sämtliche Browns aus Brownsville mit ihren Schießeisen im Nacken hättest«, sagte er trocken. Dennoch blieb er stehen, erhob die Stimme ein wenig und rief krächzend und rasselnd: »Isaiah!«
Es kam keine Antwort aus dem improvisierten Stall, und er ergriff erneut meinen Arm und wandte sich zum Haus zurück. Der Schnee war nicht länger jungfräulich, sondern von den Abdrücken zahlreicher Füße zertrampelt und schlammig, da sich die Miliz jetzt zu ihren Betten zerstreute. Roger hatte aufgehört zu singen, aber im Haus erklangen nach wie vor Stimmen; es waren offenbar noch nicht alle bereit zu schlafen.
Weil wir noch nicht in die laute, verrauchte Atmosphäre zurückkehren wollten, spazierten wir in unausgesprochenem Einverständnis um Haus und um die Scheune und genossen die Stille des verschneiten Waldes und die Nähe des anderen. Bei unserer Rückkehr bemerkte ich, dass die Tür des Verschlages an der Rückseite des Hauses einen Spalt breit offen stand und im Wind knarrte, und ich wies Jamie darauf hin.
Er steckte den Kopf hinein, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war,
doch anstatt die Tür zu schließen, streckte er die Hand hinter sich, ergriff meinen Arm und zog mich hinter sich her in den Schuppen.
»Ich muss dich etwas fragen, Sassenach, bevor wir wieder ins Haus gehen«, sagte er. Er ließ die Tür offen stehen, so dass das Mondlicht hineinströmte und schwach auf den hängenden Schinken, den Fässern und den Pflugscharen glänzte, die den Schuppen gemeinsam mit uns bevölkerten.
Es war kalt hier drinnen, doch außer Reichweite des Windes wurde mir gleich wärmer, und ich schob die Kapuze meines Umhangs zurück.
»Was ist denn?«, fragte ich schwach neugierig. Dank der frischen Luft war zumindest mein Kopf wieder klar, und ich wusste zwar, dass ich so gut wie tot sein würde, sobald ich
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