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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich hinlegte, doch im Moment verspürte ich jene angenehme Leichtigkeit, die man empfindet, wenn man eine Anstrengung zufriedenstellend hinter sich gebracht hat. Es war ein furchtbarer Tag und eine furchtbare Nacht gewesen, erneut gefolgt von einem weiteren, langen Tag, doch jetzt war es geschafft, und wir waren frei.
    »Möchtest du sie haben, Sassenach?«, fragte er leise. Sein Gesicht war ein bleiches Oval, verschwommen im Nebel seines Atems.
    »Wen?«, fragte ich verblüfft. Er grunzte belustigt auf.
    »Das Kind. Wen denn sonst?«
    Natürlich, wen denn sonst.
    »Möchte ich sie - behalten, meinst du?«, fragte ich vorsichtig. »Sie adoptieren?« Diese Idee war mir noch nicht bewusst gekommen, musste aber irgendwo in meinem Unterbewussten gelauert haben, denn seine Frage verblüffte mich nicht, und als ich die Worte aussprach, nahm der Gedanke feste Formen an.
    Meine Brüste waren seit dem Morgen sehr empfindlich; sie fühlten sich voll und geschwollen an, und in der Erinnerung spürte ich, wie der Mund der Kleinen fordernd daran zog. Ich konnte das Baby selbst nicht stillen - aber Brianna konnte es, oder Marsali. Oder es konnte von Ziegen- oder Kuhmilch leben.
    Ich bemerkte plötzlich, dass ich eine Brust unbewusst umfasst hatte und sie sanft massierte. Ich hörte sofort damit auf, aber Jamie hatte es gesehen; er trat dichter an mich heran und legte einen Arm um mich. Ich lehnte mich mit dem Kopf an ihn, und spürte den rauen Stoff seines Jagdhemdes kalt an meiner Wange.
    »Möchtest du sie haben?«, fragte ich. Ich wusste nicht genau, ob ich seiner Antwort hoffnungs- oder angstvoll entgegenblickte. Die Antwort war ein leichtes Achselzucken.
    »Wir haben ein großes Haus, Sassenach«, sagte er. »Groß genug.«
    »Hm«, sagte ich. Keine sehr volltönende Erklärung - und doch wusste ich, dass die Bereitschaft zur Hingabe daraus sprach, ganz gleich, wie beiläufig er sie ausdrückte. Basierend auf einer dreiminütigen Bekanntschaft, hatte er Fergus in einem Pariser Bordell mitgenommen und ihn als Taschendieb engagiert.
Wenn er dieses Kind nahm, würde er es wie seine Tochter behandeln. Es lieben? Liebe konnte niemand garantieren - er nicht... und ich auch nicht.
    Er hatte meinen skeptischen Tonfall gehört.
    »Ich habe dich mit der Kleinen auf dem Pferd gesehen, Sassenach. Du hast immer etwas sehr Sanftes an dir - aber als ich dich so gesehen habe und das Baby unter deinem Umhang herumgestrampelt ist, da - ist mir wieder eingefallen, wie es war, wie du ausgesehen hast, als du Faith erwartet hast.«
    Ich hielt den Atem an. Es erschreckte mich, ihn den Namen unserer ersten Tochter so aussprechen zu hören, so sachlich. Wir sprachen nur selten von ihr; ihr Tod lag so weit zurück, dass er mir manchmal unwirklich vorkam, und doch hatte die Wunde ihres Verlustes bei uns beiden schlimme Narben hinterlassen.
    Doch Faith selbst war alles andere als unwirklich.
    Sie war bei mir, wann immer ich ein Baby berührte. Und dieses Kind, diese namenlose Waise, so klein und zerbrechlich, mit ihrer Haut, die so durchscheinend war, dass die blauen Linien ihrer Venen deutlich darunter zu sehen waren - ja, sie erinnerte stark an Faith. Dennoch, sie war nicht mein Kind. Doch sie konnte es sein; das war es, was Jamie mir sagen wollte.
    War sie vielleicht ein Geschenk an uns? Oder zumindest unsere Verantwortung?
    »Meinst du, wir sollten sie nehmen?«, fragte ich vorsichtig. »Ich meine - was wird wohl aus ihr werden, wenn wir es nicht tun?«
    Jamie prustete schwach, ließ den Arm sinken und lehnte sich an die Hauswand zurück. Er wischte sich die Nase ab und neigte den Kopf in Richtung der leisen Stimmen, die durch die Ritzen zwischen den Baumstämmen drangen.
    »Sie wäre gut versorgt, Sassenach. Sie ist schließlich eine reiche Erbin, nicht wahr.«
    Diesen Aspekt der ganzen Angelegenheit hatte ich noch gar nicht bedacht.
    »Bist du sicher?«, sagte ich zweifelnd. »Ich meine, die Beardsleys sind zwar beide fort, aber da sie illegitim ist -«
    Er schüttelte den Kopf und unterbrach mich.
    »Nein, sie ist legitim.«
    »Aber das geht doch nicht. Außer dir und mir ist es zwar noch niemandem bewusst, aber ihr Vater -«
    »Was das Gesetz betrifft, so war Aaron Beardsley ihr Vater«, unterrichtete er mich. »Nach englischem Gesetz ist ein Kind, das innerhalb einer Ehe geboren wird, das legale Kind - und der Erbe - des Ehemannes, selbst wenn mit Sicherheit bekannt ist, dass die Mutter Ehebruch begangen hat. Und die Frau hat doch gesagt, dass

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