Das Flammende Kreuz
dass Farquard Campbell schon seit einiger Zeit redete,
ohne dass ich die geringste Ahnung hatte, was er gesagt hatte. Als er meine Verwirrung sah, lächelte er leicht ironisch.
»Ich muss mich entfernen und anderswo meine Aufwartung machen, Mrs. Fraser«, sagte er. »Wenn Ihr mich entschuldigen würdet? Ich werde Euch in der vorzüglichen Gesellschaft des Majors zurücklassen.« Er tippte sich höflich an den Hut und schlängelte sich auf das Haus zu, vielleicht, um Leutnant Wolff aufzuspüren und ihn daran zu hindern, das Tafelsilber einzusacken.
Da der Major nun mit mir festsaß, fischte er nach einem geeigneten Gesprächsthema und verlegte sich auf die nahe liegendste Frage zwischen zwei neuen Bekannten.
»Seid Ihr und Euer Gatte schon lange in den Kolonien, Ma’am?«
»Nicht sehr lange«, sagte ich voller Argwohn. »Etwa drei Jahre. Wir leben in einer kleinen Siedlung im Hinterland -« Ich gestikulierte mit meinem geschlossenen Fächer in Richtung der unsichtbaren Berge im Westen. »Ein Ort namens Fraser’s Ridge.«
»Ah ja. Ich habe schon davon gehört.« In der Nähe seines Mundwinkels zuckte ein Muskel, und ich fragte mich beklommen, was genau er gehört hatte. Jamies Destille war im Hinterland und unter den schottischen Siedlern am Cape Fear ein offenes Geheimnis - ja, es standen sogar mehrere Fässer mit unreifem Whisky aus der Destillerie für jedermann sichtbar bei den Ställen, Jamies Hochzeitsgeschenk an seine Tante und Duncan -, doch ich hoffte, dass es nicht so offen war, dass ein frisch in den Kolonien eingetroffener Armeeoffizier gleich davon gehört hatte.
»Sagt mir, Mrs. Fraser...« Er zögerte, dann gab er sich einen Ruck. »Habt Ihr in Eurer Gegend der Kolonie sehr viel mit... Parteigeist zu tun?«
»Parteigeist? Oh, äh... nein, eigentlich nicht.« Ich blickte argwöhnisch zu Hector Camerons Mausoleum hinüber, wo Hermon Husbands dunkles Quäkergrau sich wie ein Fleck von dem reinweißen Marmor abhob. Parteigeist war ein Codewort für die Aktivitäten von Männern wie Husband und James Hunter - Regulatoren.
Die Milizaktion des Gouverneurs im Dezember hatte zwar die gewalttätigen Ausschreitungen zum Erliegen gebracht, doch die Regulation war immer noch ein brodelnder Topf unter einem sehr festen Deckel. Husband war aufgrund seiner ausdrucksstarken Pamphlete im Februar festgenommen und kurze Zeit eingekerkert worden, doch diese Erfahrung hatte weder seiner Einstellung noch seiner Wortwahl Abbruch getan. Der Topf konnte jederzeit überkochen.
»Es freut mich, das zu hören«, sagte Major MacDonald mit ausgesprochen enttäuschtem Gesicht. »Erfahrt Ihr denn in Eurer abgelegenen Siedlung viele Neuigkeiten?«
»Nicht viel. Äh... schönes Wetter heute, nicht wahr? Wir haben dieses Jahr wirklich Glück. Hattet Ihr eine gute Anreise aus Charleston? So früh im Jahr... der Schlamm...«
»Ja, Ma’am. Wir hatten ein paar kleine Schwierigkeiten, aber nicht mehr als...««
Im Lauf dieser Plauderei betrachtete mich der Major ganz unverhüllt und registrierte abschätzend den Schnitt und die Qualität meines Kleides, die Perlen an meinem Hals und meinen Ohren. Es lag nicht die geringste Spur von Anzüglichkeit oder Koketterie in seinem Blick. Er beurteilte einfach nur meine gesellschaftliche Stellung und den Grad der Wohlhabenheit und des Einflusses, den mein Mann hatte.
Ich ließ mich davon nicht beleidigen; schließlich machte ich es ja mit ihm nicht anders. Wohlerzogen und aus gutem Hause. So viel machte allein sein Rang deutlich, doch der schwere, goldene Siegelring an seiner rechten Hand beantwortete auch die letzte diesbezügliche Frage. Er persönlich war jedoch nicht allzu gut betucht; seine Uniform war an den Kanten abgetragen, und seine Stiefel waren stark zerkratzt, wenn auch gut poliert.
Ein leichter, schottischer Akzent mit einem Hauch von französischer Gutturalität - Erfahrung in Kontinentalfeldzügen. Und, wie ich vermutete, gerade erst in der Kolonie eingetroffen; sein Gesicht war von einer Krankheit gezeichnet, die noch nicht lange zurücklag, und das Weiße seiner Augen zeigte eine leichte Spur von Gelbsucht, die bei Neuankömmlingen häufig war, weil sie sich oft alles Mögliche von der Malaria bis zum Denguefieber einfingen, wenn sie auf die wimmelnden Keimparadiese in den Küstenstädten trafen.
»Sagt mir, Mrs. Fraser -«, begann der Major.
»Damit beleidigt Ihr nicht nur mich, sondern jeden Ehrenmann hier!«
Ninian Bell Hamiltons ziemlich schrille Stimme ertönte
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