Das Flammende Kreuz
nicht dazu eignete, sich durchs Gebüsch zu winden.
»Nein, das war später.« Er zog das Brot durch den Eintopf, verleibte sich einen weiteren, enormen Bissen ein und winkte dann entschuldigend mit der Hand, weil er momentan nicht sprechen konnte. Ich reichte ihm einen Becher Cidre, mit dem er den Brei hinunterspülte.
»Wir haben die feindlichen Linien ausspioniert«, erklärte er, als das Hindernis beseitigt war. »Sie sind nicht weit entfernt. Obwohl ›Linien‹ sehr wohlwollend ausgedrückt ist«, fügte er hinzu, während er seine nächste Fuhre Eintopf vorbereitete. »So einen undisziplinierten Haufen habe ich nicht mehr gesehen, seit ich in Frankreich gekämpft habe und wir ein Dorf eingenommen haben, in dem sich eine Bande von Weinschmugglern herumtrieb. Die Hälfte von ihnen war mit Huren zugange, und sie waren alle betrunken; wir mussten sie vom Boden auflesen, um sie dingfest zu machen. Nach allem, was ich sehen konnte, steht es mit unserem Gegenüber kaum besser. Nur nicht so viele Huren«, fügte er der Fairness halber hinzu und schob sich das restliche Brot in den Mund.
Mindestens die Hälfte der Armee des Gouverneurs war gegenwärtig angetrunken, doch dies war ein dermaßen üblicher Zustand, dass sich jeder Kommentar erübrigte. Ich reichte ihm ein neues Brotstück und konzentrierte mich auf den wichtigen Teil des Gesprächs.
»Dann hast du also etwas über Bonnet in Erfahrung gebracht?«
Er nickte, kaute und schluckte.
»Cornell ist ihm nicht selbst begegnet, aber er hat die Leute reden hören. Es sieht so aus, als würde er sich regelmäßig eine Zeit lang entlang der Outer Banks vorarbeiten, um schließlich wieder für drei oder vier Monate zu verschwinden. Dann ist er eines Tages plötzlich wieder da, lässt es sich in den Wirtshäusern in Edenton oder Roanoke gut gehen, und seine Taschen quellen über vor Goldstücken.«
»Also bringt er Waren aus Europa herüber und verkauft sie.« Drei oder vier Monate entsprachen dem Zeitraum, den es dauerte, mit einem Schiff nach England und zurück zu segeln. »Schmuggelware, nehme ich an?«
Jamie nickte.
»Das meint Cornell auch. Und weißt du, wo er die Sachen an Land bringt?« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und schien auf eine grimmige Weise belustigt zu sein. »Wylie’s Landeplatz. Sagen zumindest die Gerüchte.«
»Was - du glaubst doch nicht, dass Philip Wylie mit ihm unter einer Decke steckt?« Es schockierte - und bestürzte - mich, das zu hören, aber Jamie schüttelte den Kopf.
»Das kann ich nicht sagen. Aber die Anlegestelle grenzt immerhin an Philip Wylies Plantage an. Und der kleine Mistkerl war an dem Abend, als er
nach River Run kam, in Bonnets Begleitung, ganz gleich, was er später darüber gesagt hat«, fügte er hinzu. Dann tat er Philip Wylie vorerst mit einer Handbewegung ab.
»Aber Cornell sagt, dass Bonnet wieder verschwunden ist; er ist seit einem Monat fort. Also dürften meine Tante und Duncan im Augenblick außer Gefahr sein. Darüber brauche ich mir also keine Gedanken zu machen - und das ist gut so; ich habe auch so genug Sorgen.«
Er sprach ohne Ironie und ließ den Blick über das Feldlager schweifen, das uns umgab. Jetzt, da das Licht schwächer wurde, begannen die Feuer an den Ufern des Alamance im Zwielicht aufzuleuchten wie Hunderte von Glühwürmchen.
»Hermon Husband ist hier«, sagte er.
Bei diesen Worten blickte ich von der Eintopfschale auf, die ich ihm gerade erneut füllte.
»Hast du mit ihm gesprochen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich konnte nicht in seine Nähe gelangen. Er gehört zu den Regulatoren, aye? Ich war auf einem kleinen Hügel und habe über den Fluss geblickt, und da habe ich ihn in einiger Entfernung gesehen; er war von einer großen Menschenmasse umgeben, aber seine Kleider waren unverwechselbar.«
»Was wird er tun?« Ich reichte ihm die volle Schale. »Er wird doch wohl nicht kämpfen - oder zulassen, dass sie kämpfen.« Ich tendierte dazu, Husbands Gegenwart als Zeichen der Hoffnung zu betrachten. Hermon Husband war der einzige Mann, der bei den Regulatoren so etwas wie eine Führerrolle innehatte; sie würden auf ihn hören, daran hatte ich keinen Zweifel.
Jamie schüttelte den Kopf und machte ein sorgenvolles Gesicht.
»Ich weiß es nicht, Sassenach. Er wird nicht selbst zu den Waffen greifen, nein - aber was den Rest angeht...« Er verstummte nachdenklich. Dann nahm sein Gesicht plötzlich einen entschlossenen Ausdruck an. Er gab mir die Schüssel
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