Das Flammende Kreuz
dessen, was er sah. Sein Eindruck, dass Husband ein untersetzter Mann in den mittleren Jahren mit einem unauffälligen Gesicht war, zählte nicht mehr; was er jetzt sah, war etwas bewegend Einzigartiges, ein wunderbares Lebewesen, das unersetzbar war.
Ihm fiel auf, dass dies dasselbe Gefühl war, das er beim Betrachten seines
Sohnes hatte, wenn er die Perfektion jeder einzelnen, kleinen Zehe bewunderte, die geschwungenen Wangen und Ohren, die ihm die Tränen in die Augen trieben, den Glanz der Babyhaut, die die Unschuld durchscheinen ließ. Und hier war die gleiche Schöpfung, nicht länger neu, vielleicht weniger unschuldig, aber nicht minder wunderbar.
Dann senkte er den Blick und sah seine eigenen Hände, die immer noch Husbands kleinere Hände umfassten. Ein Gefühl der Ehrfurcht überkam ihn, als er die Schönheit seiner Finger realisierte, der rundlichen Knochen seiner Gelenke, die faszinierende Ästhetik einer dünnen, roten Narbe, die über seine Daumenwurzel lief.
Husband atmete mit einem tiefen Seufzer aus und zog seine Hände fort. Im ersten Augenblick kam sich Roger verlassen vor, doch dann spürte er, wie sich der Friede des Zimmers erneut über ihn senkte und sein Erstaunen über die Schönheit einem Gefühl tiefer Ruhe wich.
»Ich danke Euch, Freund Roger«, sagte Husband leise. »Ich hatte nicht auf eine solche Gnade gehofft, doch sie ist mir willkommen.«
Roger nickte wortlos. Er sah zu, wie Husband seinen Rock vom Haken nahm und ihn überstreifte. Sein Gesicht hatte jetzt einen Ausdruck ruhiger Entschlossenheit angenommen. Ohne zu zögern, hob Husband den Riegel von der Tür und drückte sie auf.
Die draußen zusammengedrängten Männer wichen zurück, und die Überraschung in ihren Gesichtern verwandelte sich in Nervosität und Verärgerung. Husband ignorierte den Ansturm der Fragen und Zurufe und ging geradewegs auf ein Pferd zu, das hinter der Blockhütte an einen Schössling gebunden war. Er knüpfte es los und schwang sich in den Sattel. Erst dann wandte er sich seinen Kameraden zu.
»Geht heim!«, sagte er laut. »Wir müssen diesen Ort verlassen; jeder muss zu seinem eigenen Heim zurückkehren!«
Diese Erklärung wurde mit verblüfftem Schweigen entgegengenommen, dem verwirrte und entrüstete Ausrufe folgten.
»Was denn für ein Heim?«, rief ein Mann mit einem schütteren, roten Bart. »Du hast ja vielleicht eins - ich nicht!«
Husband saß fest im Sattel, ohne sich von dem Aufruhr beirren zu lassen.
»Kehrt heim!«, rief er noch einmal. »Ich flehe euch an - hier gibt es keinen Ausweg mehr als die Gewalt!«
»Aye, und den nehmen wir!«, bellte ein stämmiger Mann und schwang unter heiseren Beifallsrufen seine Muskete.
Roger war Husband gefolgt; die Regulatoren hatten ihn weitgehend ignoriert. Er sah aus geringer Distanz zu, wie der Quäker sein Pferd langsam in Bewegung setzte und sich dabei aus dem Sattel beugte, um gestikulierend mit den Männern zu diskutieren, die schubsend neben ihm herliefen. Einer von ihnen packte ihn am Ärmel, und der Quäker zog die Zügel an und bückte sich, um seinen aufgebrachten Worten zuzuhören.
Doch am Ende richtete er sich auf, schüttelte den Kopf und setzte sich den Hut auf.
»Ich kann nicht bleiben und mich des Blutvergießens mitschuldig machen. Wenn ihr hier bleibt, Freunde, wird es Mord und Totschlag geben. Geht! Noch könnt ihr gehen - ich bitte euch, es zu tun!«
Seine Stimme war nicht mehr laut, doch der Lärm um ihn herum hatte so weit nachgelassen, dass seine Worte trotzdem hörbar waren. Er hob sein von Sorgenfalten durchzogenes Gesicht und sah Roger im Schatten eines blühenden Hartriegels stehen. Die friedvolle Ruhe war von ihm gewichen, doch Roger sah, dass aus seinem Blick nach wie vor Entschlossenheit sprach.
»Ich gehe!«, rief er. »Ich flehe euch alle an - geht heim!« Er wendete sein Pferd kurz entschlossen und trieb es zum Trab an. Einige Männer liefen ihm nach, blieben jedoch bald stehen. Sie machten mit verwirrten und vorwurfsvollen Gesichtern kehrt und unterhielten sich kopfschüttelnd leise in kleinen Gruppen.
Es wurde wieder lauter, weil sie alle auf einmal redeten, argumentierten, beharrten, ablehnten. Roger wandte sich ab und schritt unauffällig auf den Schutz des Ahornhains zu. Jetzt, wo Husband fort war, erschien es ihm ratsam, so schnell wie möglich zu verschwinden.
Eine Hand packte ihn an der Schulter und ließ ihn herumfahren.
»Wer zum Teufel seid Ihr? Was habt Ihr zu Husband gesagt, dass er
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