Das Flammende Kreuz
Fluss überquerte.
Husband sah ihn einen Moment an, dann streckte er die Hände aus und griff nach den seinen.
»Betet mit mir, Freund«, sagte er leise.
»Ich -«
»Ihr braucht nichts zu sagen«, sagte Husband. »Ich weiß, dass Ihr Papist seid, doch es ist nicht unsere Art, laut zu beten. Wenn Ihr nur mit mir schweigt und in Eurem Herzen um Weisheit bittet - nicht nur für mich, sondern für alle hier...«
Roger biss sich auf die Zunge, um Husband nicht zu verbessern; seine persönliche Religionszugehörigkeit spielte im Augenblick wohl kaum eine Rolle - offenbar ganz im Gegensatz zu Husbands. Stattdessen nickte er und bezwang seine Ungeduld, um dem älteren Mann die Hände zu drücken und ihm auf die einzig mögliche Weise seine Solidarität auszudrücken.
Husband stand völlig still und hielt den Kopf leicht gesenkt. Eine Faust hämmerte gegen die zusammengeschusterte Tür der Hütte, und es erschollen laute Stimmen.
»Hermon? Alles in Ordnung da drinnen?«
»Komm schon, Hermon. Wir haben keine Zeit für so etwas! Caldwell ist vom Gouverneur zurück -«
»Eine Stunde, Hermon! Er hat uns eine Stunde gegeben, mehr nicht!«
Ein Schweißtropfen lief Roger zwischen den Schulterblättern über den Rücken, doch er ignorierte das Kitzeln, denn er hatte ja keine Hand frei.
Er blickte von Hermons wettergegerbten Fingern zu seinem Gesicht auf und stellte fest, dass die Augen des Mannes dem Anschein nach auf die seinen gerichtet waren - und doch abwesend waren, so als lauschte er einer Stimme in weiter Ferne, ohne die drängenden Rufe zu beachten, die durch die Wände drangen. Sogar Husbands Augen waren quäkergrau, dachte Roger - wie Regenwasserpfützen, die nach einem Sturm zitternd zur Ruhe kommen.
Sie würden bestimmt die Tür einrennen. Doch nein; die Schläge ließen nach, bis sie nur noch ein ungeduldiges Klopfen waren, das immer unregelmäßiger wurde. Er konnte seinen Herzschlag spüren, der sich in seiner Brust allmählich zu einem ruhigen, regelmäßigen Pulsieren verlangsamte, und seine Nervosität ließ nach.
Er schloss die Augen und versuchte, seinen Gedanken eine Richtung zu geben, zu tun, worum Husband ihn gebeten hatte. Er durchforstete seine Gedanken nach einem passenden Gebet, doch ihm fielen nur konfuse Fragmente aus dem Gebetbuch ein.
Hilf uns, o Herr...
Erhöre uns...
Hilf uns, o Herr , flüsterte die Stimme seines Vaters. Seines anderen Vaters, des Reverends, der irgendwo in seinem Hinterkopf sprach. Hilf uns , o Herr , nicht zu vergessen, wie oft die Menschen durch ihre Gedankenlosigkeit Unrecht tun, nicht aus Mangel an Liebe, und wie tückisch die Fußangeln sind, üher die wir stolpern.
Jedes dieser Worte flackerte kurz in seinen Gedanken auf wie ein brennendes Blatt, das sich im Wind eines Freudenfeuers erhob und zu Asche zerfiel, bevor er es festhalten konnte. Dann gab er es auf und stand einfach nur da, Husbands Hände in den seinen, und lauschte den tiefen, rasselnden Atemgeräuschen des Mannes.
Bitte, dachte er stumm, obwohl er keine Ahnung hatte, worum er da bat. Auch dieses Wort löste sich in Luft auf und verschwand spurlos.
Nichts geschah. Draußen erklangen nach wie vor Stimmen, doch sie kamen ihm jetzt kaum bedeutsamer vor als Vogelrufe. Die Luft im Inneren des Zimmers regte sich nicht, doch sie war kühl und lebendig, so als spielte irgendwo in den Ecken ein Luftzug, ohne die Männer in der Zimmermitte zu berühren. Roger spürte, wie sich seine Atmung entspannte, sich sein Herzschlag noch weiter verlangsamte.
Er konnte sich nicht daran erinnern, die Augen geöffnet zu haben, und doch waren sie offen. Husbands sanfte, graue Augen waren mit blauen Fleckchen und winzigen, schwarzen Splittern durchsetzt. Seine Wimpern waren dicht, und am Ende der einen befand sich eine kleine Schwellung, ein verheilendes Gerstenkorn. Die kleine Wölbung war glatt und gerötet und durchlief von ihrer rubinroten Mitte aus eine Reihe von Karmesin- und Rosentönen, die den Dämmerhimmel am Tag der Schöpfung hätte zieren können.
Das Gesicht vor ihm war von Falten geprägt, die Bogenlinien von der Nase zum Mund spannten und sich halbmondförmig über den dichten, melierten Augenbrauen erhoben, deren einzelne Haare lang und geschwungen waren wie die Flügel eines Vogels. Die Lippen waren breit und glatt und blassrosa; die weiße Kante eines Zahns schimmerte auf, seltsam fest im Kontrast zu der nachgiebigen Haut, die ihn schützte.
Roger stand reglos da und bestaunte die Schönheit
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