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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gegangen ist?« Der Mann, der ihm gegenüber stand, war ein schmieriger Kerl mit einer zerlumpten Lederweste, der die Hände zu Fäusten geballt hatte. Der Mann machte den Eindruck, als sei er ziemlich wütend und hätte nicht übel Lust, seine Frustration am nächstbesten Opfer auszulassen.
    »Ich habe ihm gesagt, dass der Gouverneur es möglichst vermeiden möchte, dass jemand zu Schaden kommt«, sagte Roger in einem Tonfall, von dem er hoffte, dass er beruhigend klang.
    »Kommt Ihr vom Gouverneur?«, fragte ein schwarzbärtiger Mann argwöhnisch, während er Rogers schmutzige Kleider betrachtete. »Wollt Ihr uns andere Bedingungen anbieten als Caldwell?«
    »Nein.« Roger hatte noch unter dem Einfluss des Zwiegesprächs in der Hütte gestanden und sich vor der Wut und der beginnenden Hysterie der Menschen hier draußen sicher gefühlt, doch das friedvolle Gefühl schwand jetzt rapide dahin. Angezogen von der lauten Konfrontation, schlossen sich immer mehr Männer seinem Verhör an.
    »Nein«, wiederholte er lauter. »Ich bin gekommen, um Husband zu warnen - um Euch alle zu warnen. Der Gouverneur wünscht -«
    Er wurde von einem Chor rüder Zwischenrufe unterbrochen, die ausdrückten, dass die Wünsche des Gouverneurs den Anwesenden denkbar egal waren. Er blickte sich im Kreis der Gesichter um, sah jedoch keines, das einen Ausdruck der Geduld, geschweige denn Freundlichkeit an den Tag gelegt hätte. Da zuckte er mit den Achseln und trat einen Schritt zurück.

    »Wie Ihr wollt«, sagte er so kühl wie möglich. »Mr. Husband hat Euch einen guten Rat gegeben - ich bekräftige ihn.« Er wandte sich zum Gehen, doch ein Händepaar senkte sich auf seine Schultern und drehte ihn gewaltsam um, so dass er sich erneut dem Ring der Fragesteller gegenüber sah.
    »Nicht so schnell, Freundchen«, sagte der Mann mit der Lederweste. Er war nach wie vor rot angelaufen vor Wut und Aufregung, doch seine Fäuste waren nicht länger geballt. »Dann habt Ihr also mit Tryon gesprochen?«
    »Nein«, gab Roger zu. »Man hat mich geschickt -« Er zögerte. War es ratsam, Jamie Frasers Namen zu erwähnen? Nein, besser nicht; es konnte genauso gut sein, dass dies zu neuen Schwierigkeiten führte, wie, dass es sie verhinderte. »Ich bin hier, um Hermon Husband zu bitten, auf die andere Seite des Flusses zu kommen und sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Stattdessen hat er sich auf meine Beschreibung der Situation verlassen. Ihr habt ja gesehen, wie er darauf reagiert hat.«
    »Das sagt Ihr!« Ein rundlicher Mann mit einem roten Backenbart hob kampflustig das Kinn. »Und warum sollte sich irgendjemand auf Eure ›Beschreibung der Situation verlassen‹?« Er äffte Rogers schottischen Akzent auf eine Weise nach, die seine Kameraden in Gelächter ausbrechen ließ.
    Die Ruhe, die er aus der Blockhütte mitgebracht hatte, war nicht völlig von ihm gewichen; Roger raffte ihre Reste zusammen und ergriff leise das Wort.
    »Ich kann Euch nicht zwingen, mir zuzuhören, Sir. Doch wer von Euch Ohren hat - hört dies.« Er blickte von einem Gesicht zum anderen, und sie verstummten zögernd, einer nach dem anderen, bis er im Zentrum eines Kreises widerstrebender Aufmerksamkeit stand.
    »Die Truppen des Gouverneurs stehen gut bewaffnet bereit.« Seine Stimme klang ihm seltsam in den Ohren, ruhig, aber irgendwie gedämpft, so als spräche jemand anders, der ein Stück weit weg stand. »Ich habe den Gouverneur nicht selbst gesprochen, aber ich habe gehört, was seine ausdrückliche Absicht ist: Er wünscht kein Blutvergießen, doch er ist entschlossen, zu tun, was er für nötig hält, um diese Zusammenkunft zu zerstreuen. Doch wenn Ihr friedlich nach Hause zurückkehrt, ist er zur Milde bereit.«
    Es folgte ein Augenblick der Stille, der von einem hustenden Geräusch unterbrochen wurde. Ein vom Tabaksaft braun gestreifter Schleimklecks landete klatschend vor Rogers Schuh im Dreck.
    »Das«, merkte der Spucker kurz und präzise an, »ist für die Milde des Gouverneurs.«
    »Und das ist für dich, du Schwein!«, sagte einer seiner Kameraden und holte mit der geöffneten Handfläche nach Rogers Gesicht aus.
    Er wich dem Schlag aus, senkte die Schulter und ging auf den Mann los, der das Gleichgewicht verlor und ihm Platz machte. Doch hinter ihm standen noch mehr; Roger hielt mit geballten Fäusten inne, bereit, sich nötigenfalls zu verteidigen.

    »Tut ihm nichts, Jungs«, rief der Mann mit der Lederweste. »Jedenfalls noch nicht.« Er umrundete

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