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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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lauter. Die Luft begann zu vibrieren, und das Geräusch hörte sich an wie fortgesetztes Donnergrollen.
    »Tsiskwa!«, rief ein Mann in der Menge, und urplötzlich stürzte alles zur Tür.
    Während ich aus dem Haus rannte, war mein erster Gedanke, dass ein Sturm über uns hereingebrochen war. Der Himmel war dunkel, die Luft von Donner erfüllt, und ein seltsames, gedämpftes Licht flackerte über alles hinweg. Doch hing keine Feuchtigkeit in der Luft, und mir stieg ein ganz bestimmter Geruch in die Nase - kein Regen. Es war definitiv kein Regen.
    »Vögel, mein Gott, es sind Vögel!« Inmitten des Chors erstaunter Ausrufe konnte ich Brianna hinter mir kaum hören. Alles stand auf der Straße und blickte zum Himmel. Mehrere Kinder begannen zu weinen, weil das Geräusch und die Dunkelheit ihnen Angst machten.
    Es war beängstigend. So etwas hatte ich noch nie gesehen - und die meisten der Cherokee ihren Reaktionen nach zu schließen auch nicht. Es fühlte sich an, als bebte der Boden; die Luft zitterte buchstäblich und vibrierte unter den Flügelschlägen wie eine Trommel, die von hektischen Händen geschlagen wird. Ich konnte ihr Pulsieren auf meiner Haut spüren, und mein Halstuch fühlte sich an, als wollte es mit dem Wind aufsteigen.
    Die Lähmung der Menge hielt nicht lange an. Hier und dort erklangen Rufe, und plötzlich huschten die Leute über die Straße, hasteten in ihre Häuser und kamen mit ihren Bogen wieder ins Freie gerannt. Innerhalb von Sekunden schoss ein regelrechter Hagel von Pfeilen in die Wolken hinauf, und überall plumpsten gefiederte Körper vom Himmel, um als schlaffe, Blut durchtränkte, von Pfeilen durchbohrte Häufchen zu landen.
    Doch es plumpsten nicht nur Vogelkörper vom Himmel. Ein saftiger Klecks traf meine Schulter, und ich konnte sehen, wie es überall fallende Partikel regnete, ein unangenehmer Niederschlag aus der donnernden Wolke über unseren Köpfen, der mit kleinen Staubwölkchen auf der Straße auftraf. Daunenfedern der vorüberziehenden Vögel schwebten in der Luft wie Löwenzahnsamen, und hier und dort segelten größere Schwanz- und Flügelfedern wie Miniaturlanzen mit dem Wind zu Boden. Ich trat eilends zurück und suchte mit Brianna und Jemmy unter dem Dachvorsprung eines Hauses Schutz.
    Beeindruckt beobachteten wir von unserer Zuflucht aus, wie sich die Dorfbewohner auf der Straße drängten und die Bogenschützen so schnell sie konnten einen Pfeil nach dem anderen abschossen. Jamie, Peter Bewlie und Josiah waren losgelaufen, um ihre Gewehre zu holen, und knallten mitten in
der Menge vor sich hin, ohne auch nur zu zielen. Das war gar nicht nötig; man konnte gar nicht daneben treffen. Mit Vogelkot verschmierte Kinder flitzten gebückt durch die Menge, um die abgestürzten Vögel aufzusammeln und sie vor den Schwellen der Häuser aufzutürmen.
    Es muss fast eine halbe Stunde gedauert haben. Wir hockten unter dem Dachsims, halb taub vor Lärm, hypnotisiert von dem unablässigen Rauschen über unseren Köpfen. Nach dem ersten Schrecken hörte Jemmy auf zu weinen, kuschelte sich jedoch dicht an seine Mutter und vergrub den Kopf an ihrem drapierten Halstuch.
    Es war unmöglich, in dieser heftigen Kaskade einzelne Vögel auszumachen; ein einziger Strom von Federn erfüllte den Himmel von Horizont zu Horizont. Unter dem Donnern der Flügel konnte ich hören, wie die Vögel einander zuriefen, eine unablässige Geräuschkulisse wie ein Sturm, der durch den Wald rauscht.
    Schließlich - endlich - war der Schwarm vorübergezogen, und nur einzelne Vögel lösten sich noch aus seinen zerzausten Rändern, als er den Berg überquerte und verschwand.
    Das Dorf seufzte auf wie aus einem Munde. Ich sah, wie sich die Leute heftig die Ohren rieben, um das klatschende Echo der Flügel zum Verstummen zu bringen. Inmitten der Menge stand Jackson Jolly, über und über mit Daunenfedern und Vogelkot verklebt, und seine Augen glühten. Er breitete die Arme aus und sagte etwas, das die Umstehenden murmelnd beantworteten.
    »Wir sind gesegnet«, übersetzte Tsatsa’wis Schwester mit tief beeindruckter Miene für uns. Sie nickte Jamie und den Beardsley-Zwillingen zu. »Der Weiße Alte hat uns ein wunderbares Zeichen gesandt. Sie werden den teuflischen Bären mit Sicherheit finden.«
    Ich nickte. Ich fühlte mich immer noch leicht betäubt. Neben mir bückte sich Brianna, um einen toten Vogel aufzuheben, den sie an dem schlanken Pfeil hochhielt, der ihn durchbohrt hatte. Es war ein rundliches,

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