Das Flammende Kreuz
lassen? Nicht, dass es oft vorkäme«, fügte er hinzu, »aber dann und wann setzt es sich eine von ihnen in den Kopf und zieht als Kriegerin aus. Und die Männer folgen ihr sogar.«
»Sehr interessant«, sagte ich und versuchte, das Bild zu verdrängen, das ich bei diesen Worten vor meinem inneren Auge sah: Brianna, die eingeladen wurde, einen Raubzug der Cherokee anzuführen. »Der Apfel fällt nicht weit...«
»Was?«
»Egal. Habt ihr zufällig irgendwelche Bären gesehen, oder wart ihr zu sehr damit beschäftigt, interessante anthropologische Informationen auszutauschen?«
Er sah mich mit zusammengekniffenem Auge über das Handtuch hinweg an, mit dem er sich gerade das Gesicht abtrocknete, antwortete aber gleichmütig.
»Wir haben alle möglichen Bärenspuren gefunden. Josiah hat einen guten Blick dafür. Nicht nur Kot; er hat auch einen Kratzbaum gefunden - in dessen Rinde sich Haare verfangen hatten. Er sagt, jeder Bär hat einen oder zwei Lieblingsbäume, zu denen er immer wieder zurückkehrt. Wenn man also einen bestimmten Bären zur Strecke bringen will, ist es nicht das Dümmste, wenn man in der Nähe sein Lager aufschlägt und wartet.«
»Ich vermute aber, dass diese Strategie im vorliegenden Fall nicht aufgegangen ist, oder?«
»Oh, es hätte schon funktioniert«, antwortete er grinsend, »nur, dass es der falsche Bär war. Die Haare an dem Baum waren dunkelbraun, nicht weiß.«
Dennoch war die Expedition kein Fehlschlag gewesen. Die Jäger hatten einen großen Halbkreis um das Dorf geschlagen und waren dabei bis tief in den Wald und hinunter zum Fluss vorgestoßen. Und in der Nähe des Röhrichts hatten sie im weichen Boden Spuren gefunden.
»Josiah sagt, es waren andere als die Spuren des Bären, dessen Haar wir gefunden hatten - und Tsatsa’wi meinte, es wären dieselben Spuren, die er gesehen hat, als der weiße Bär seinen Freund umgebracht hat.«
Alle anwesenden Bärenexperten waren sich einig gewesen, dass es nur eine logische Schlussfolgerung gab: dass der Geisterbär höchstwahrscheinlich sein Lager im Röhricht hatte. Dort war es im Sommer undurchdringlich, dunkel und kühl, und es wimmelte von Vögeln und kleineren Tieren. Selbst Rotwild versteckte sich bei heißem Wetter dort.
»Dort kommt ihr aber zu Pferd nicht hinein, oder?«, fragte ich. Er schüttelte den Kopf und kämmte sich mit den Fingern das Laub aus dem Haar.
»Nein, aber es ist so dicht, dass man nicht einmal zu Fuß richtig vorwärts kommt. Aber wir haben auch gar nicht vor, dem Bären dort hineinzufolgen.«
Stattdessen sah der Plan vor, das Röhricht in Brand zu stecken und den Bären - und andere Tiere - an der anderen Seite auf die flache Talsohle hinauszutreiben, wo man ihn leicht erlegen konnte. Dies war offensichtlich eine verbreitete Jagdmethode, vor allem im Herbst, wenn das Röhricht trocken und leicht entflammbar war. Allerdings würde der Brand wahrscheinlich sehr viel mehr Wild als nur den Bären ins Freie treiben. Also war eine Einladung an ein anderes, etwa zwanzig Meilen entferntes Dorf ergangen, Jäger nach Ravenstown zu entsenden. Mit etwas Glück würde man genug
Wild erlegen, um beide Dörfer für den Winter über zu versorgen, und die zusätzlichen Jäger würden gewährleisten, dass der Geisterbär nicht entkam.
»Sehr effizient«, sagte ich belustigt. »Ich hoffe, sie räuchern die Sklaven nicht gleich mit aus.«
»Was?« Er hielt mit dem Kämmen inne.
»Schwarze Teufel«, sagte ich, »oder etwas in der Art.« Ich erzählte ihm, was ich über die Ansiedlung - wenn es denn eine Ansiedlung war - entlaufener Sklaven erfahren hatte - wenn sie denn entlaufene Sklaven waren.
»Nun, ich gehe nicht davon aus, dass sie Dämonen sind«, sagte er trocken und setzte sich vor mich, so dass ich ihm das Haar ordentlich zu einem Zopf flechten konnte. »Aber ich glaube nicht, dass sie gefährdet sind. Sie müssen am anderen Ende des Röhrichts leben, am anderen Flussufer. Aber ich werde mich danach erkundigen. Wir haben noch Zeit; es dauert noch drei oder vier Tage, bis die Jäger aus Kanu’gala’yi eintreffen.«
»Oh, gut«, sagte ich und band den Riemen zu einer ordentlichen Schleife zusammen. »Dann habt ihr ja noch Zeit, um die restliche Taubenleber zu essen.«
Die nächsten Tage verstrichen sehr angenehm, wenn sich auch die Spannung immer weiter steigerte und schließlich in der Ankunft der Jäger aus Kanu’ gala’yi gipfelte - was, wie man mir sagte, Wildrosendorf bedeutete. Ich fragte mich,
Weitere Kostenlose Bücher