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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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ging neben ihm und erzählte etwas Interessantes. Der Professor hörte aufmerksam zu und sah noch strenger als sonst aus.
    Dieser Herr Kreuzkamm war ein seltsamer Mann. Sie hatten immer ein bisschen Angst vor ihm. Er konnte nämlich nicht lachen. Es ist allerdings ebenso gut möglich, dass er nur nicht lachen wollte! Rudi, der Sohn, hatte den Mitschülern jedenfalls erzählt, dass sein Vater auch zu Hause keine Miene verziehe.
    Daran hätte man sich mit der Zeit gewöhnen können. Die Angelegenheit wurde aber dadurch noch erschwert, dass er, obwohl er selber nie lachte, Dinge sagte, über die man lachen musste!
    Den Matthias beispielsweise hatte er vor ein paar Wochen, als er Klassenarbeiten zurückgab, gefragt: »Was hattest du denn in der vorigen Arbeit?«
    »Eine Vier«, hatte Matthias geantwortet.
    »So?«, hatte der Professor gesagt. »Diesmal ist es viel besser.«
    Matz hatte sich schon gefreut.
    Und dann hatte der Professor gemeint: »Diesmal ist es eine gute Vier!«
    Ein anderes Mal hatte der Schrank im Klassenzimmer offen gestanden. Da hatte Kreuzkamm gerufen: »Fridolin, mach den Schrank zu! Es zieht!« Und man kam sich jedes Mal, wenn man lachen musste, so verkohlt vor, weil er selber streng vom Katheder herabblickte und ein Gesicht machte, als habe er Bauchschmerzen. Man wusste nie, woran man war. Denn seine Miene drückte nie aus, was er empfand.
    Aber man lernte eine Masse in seinen Stunden. Und das war ja schließlich auch was wert.
    Nun musste ihm Martin also gestehen, dass die Diktathefte verbrannt waren. Der Justus schwenkte in die Quinta, und Professor Kreuzkamm kam allein auf den Jungen losgestiefelt.
    »Neuigkeiten?«, fragte er streng.
    »Jawohl, Herr Professor«, sagte Martin kleinlaut. »Die Realschüler haben gestern Nachmittag unsere Diktathefte verbrannt.«
    Der Lehrer blieb stehen. »Habt ihr sie darum gebeten?«, fragte er.
    Martin wusste wieder einmal nicht, ob er lachen sollte. Dann schüttelte er den Kopf, erzählte rasch das Notwendigste und händigte dem Professor die Liste aus. Der Professor öffnete die Tür, schob Martin vor sich her und trat ins Klassenzimmer.
    Während Martin vor der Tür gewartet hatte, war etwas Haarsträubendes geschehen!
    Ein paar Externe, von Georg Kunzendorf angestiftet, hatten Uli in den Papierkorb gesetzt und den Papierkorb an den zwei Haken, die zum Aufhängen der Landkarten dienten, hochgezogen. Matthias war von vier Jungen in der Bank festgehalten worden. Und nun hing Uli oben unter der Zimmerdecke und schaute mit knallrotem Kopf aus dem Körbchen. Martin wäre fast in Ohnmacht gesunken.
    Professor Kreuzkamm tat, als bemerke er den skandalösen Tatbestand überhaupt nicht, sondern setzte sich gleichmütig hinters Katheder, knüpfte Martins Taschentuch, das vor ihm lag, auf und betrachtete die Asche. »Was soll das darstellen?«, fragte er.
    »Das sind unsere Diktathefte«, antwortete Martin betreten.
    »Aha«, sagte der Professor. »Kaum zum Wiedererkennen. Wem wurden übrigens gestern Mittag die Hefte anvertraut?«
    Rudi Kreuzkamm, der Sohn des Professors, stand auf.
    »Konntest du die Hefte nicht besser verteidigen?«
    »Leider nein«, meinte Rudi. »Es waren ungefähr zwanzig Jungens, die den Fridolin und mich überfielen. Und bevor sie die Hefte verbrannten, wurde ich von ihnen in einem Keller mit einer Wäscheleine gefesselt.«
    »Wie lange warst du denn in dem Keller?«, fragte der Vater.
    »Bis gegen vier Uhr.«
    »Haben deine Eltern etwas bemerkt?«
    »Nein«, antwortete Rudi.
    »Das scheinen ja nette Eltern zu sein«, meinte der Professor ärgerlich.
    Ein paar Schüler lachten. Es war aber auch komisch, dass der Professor auf sich selber schimpfte.
    »Haben sie dich denn nicht beim Essen vermisst?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte Rudi. »Man erzählte ihnen, dass ich bei einem Kameraden eingeladen sei.«

    Der Professor meinte streng: »Richte deinem Vater einen schönen Gruß von mir aus, und er solle künftig gefälligst besser auf dich aufpassen!«
    Professor Kreuzkamm tat, als bemerke er den skandalösen Tatbestand überhaupt nicht Nun lachte die ganze Klasse. Außer Uli. Und außer dem Lehrer.
    »Ich werde es meinem Vater bestellen«, entgegnete Rudi Kreuzkamm. Und da lachten sie wieder.
    »Feine Zustände sind das bei euch«, sagte der Professor.
    »Martins Liste brauch ich übrigens nicht. Ich habe sämtliche Zensuren noch einmal in meinem Notizheft stehen. Aber ich werde die beiden Listen miteinander vergleichen. Hoffentlich hat

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