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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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lächelnd ein.
    Eine Stunde später fuhren die Schläfer erschrocken hoch. Aus dem Schlafsaal I drang satanischer Lärm. Plötzlich sprang die Tür des Schlafsaal II, von Geisterhand bewegt, auf. Und der Lärm wurde immer unerträglicher. Ein paar der ganz kleinen Jungen steckten die Köpfe unter die Bettdecke oder hielten sich die Ohren zu.
    Und plötzlich marschierten weiße Hexen und Gespenster in den dunklen Saal. Manche hielten flackernde Kerzen. Andere schlugen blecherne Topfdeckel aneinander. Wieder andere brüllten wie hungrige Ochsen. 

    Plötzlich marschierten weiße Hexen und Gespenster in den dunklen Saal 

    Ganz zuletzt kam ein riesiges weißes Ungeheuer angewackelt, zerrte manchen Jungen die Bettdecke weg und schüttete aus einer großen Tüte ein geheimnisvolles Pulver in die Betten. Ein paar Sextaner weinten vor Angst.
    »Heule doch nicht!«, sagte Uli zu seinem Nachbarn. »Das sind doch bloß die Primaner. Die machen ein paar Tage vor Weihnachten stets so einen Umzug. Du musst nur Obacht geben, dass sie dir kein Juckpulver ins Bett streuen.«
    »Ich fürchte mich so«, flüsterte der Sextaner schluchzend.
    »Was für ein großes Vieh ist das denn, das zuletzt marschiert?«
    »Das sind drei Primaner. Sie haben mehrere Betttücher zusammengenäht, und darunter stecken sie nun.«
    »Ich furchte mich aber trotzdem«, sagte der Kleine.
    »Man gewöhnt sich dran«, tröstete Uli. »Das erste Jahr hab ich auch geweint.«
    »Ja?«
    »Ja«, sagte Uli.
    Der gespenstische Maskenzug verschwand durch die Hintertür. Es wurde langsam wieder ruhiger. Nur diejenigen, die in der vordersten Bettreihe lagen, kratzten sich und schimpften noch eine Weile in die Kopfkissen. Das Juckpulver tat seine Wirkung. Aber schließlich besänftigten sich auch sie.
    Matthias war überhaupt nicht aufgewacht. Wenn er erst einmal die Augen zugemacht hatte, konnte man Kanonen neben ihm abschießen, ohne dass er aufwachte.
    Endlich schliefen sie alle bis auf einen. Der eine war Johnny Trotz. Er stand auf und schlich zu einem der großen Fenster.
    Er schwang sich auf das breite Fensterbrett, zog die Füße hoch, steckte sie unters Nachthemd und blickte auf die Stadt hinunter. In vielen Fenstern war noch Licht, und über der Innenstadt, in der die Kinos und Tanzlokale lagen, kochte der Himmel. Es schneite wieder.
    Johnny blickte forschend in die Stadt hinunter. Er dachte:
    >Unter jedem Dach leben Menschen. Und wie viele Dächer gibt’s in einer Stadt! Und wie viele Städte gibt’s in unserm Land! Und wie viele Länder gibt’s auf unserm Planeten! Und wie viele Sterne gibt’s in der Welt! Das Glück ist bis ins Unendliche verteilt. Und das Unglück auch … Ich werde später bestimmt einmal auf dem Lande leben. In einem kleinen Haus mit einem großen Garten. Und fünf Kinder werde ich haben.
    Aber ich werde sie nicht übers Meer schicken, um sie loszuwerden. Ich werde nicht so böse sein, wie mein Vater zu mir war. Und meine Frau wird besser sein als meine Mutter.
    Wo mag sie jetzt sein, meine Mutter? Ob sie noch lebt?
    Vielleicht zieht Martin zu mir ins Haus. Er wird Bilder malen.
    Und ich werde Bücher schreiben. Das wäre ja gelacht<, dachte Jonathan Trotz, >wenn das Leben nicht schön wäre !<

Das siebente Kapitel 
...enthält eine Beschreibung Professor Kreuzkamms; ein haarsträubendes Ereignis; den Satz, den die Jungen fünfmal  aufschreiben müssen; eine geheimnisvolle Ankündigung in der Pause; einen  Spaziergang mit Doktor Bökh; das  Wiedersehen im Schrebergarten und einen Händedruck am Zaun.
    Am nächsten Morgen, kurz vor dem Beginn des Unterrichts, trat Martin aus dem Klassenzimmer auf den Korridor hinaus. Er hatte die Liste mit den Diktatzensuren in der Hand und wollte dem Deutschlehrer, Professor Kreuzkamm, noch bevor dieser ins Klassenzimmer kam, über den gestrigen Unglücksfall Bericht erstatten. Rudi Kreuzkamm, der Sohn des Lehrers, hatte gerade erzählt, der Vater habe noch keine Ahnung.
    Der Korridor war leer. Aber der Lärm, der in den vielen Klassenzimmern herrschte, drang in den Flur hinaus und erfüllte ihn mit gedämpftem Summen und Brummen. Es klang nach eingesperrten Fliegen.
    Dann kamen die Lehrer aus dem ersten Stock herunter. Sie waren guter Laune und lachten laut. Jeder ging in eines der Klassenzimmer hinein, und das Summen und Brummen im Korridor wurde leiser und leiser. - Professor Kreuzkamm erschien als Letzter. Er ging steif wie stets, als habe er einen Spazierstock verschluckt. Doktor Bökh

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