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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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»Ein Pauker hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, sich wandlungsfähig zu erhalten. Sonst könnten die Schüler ja früh im Bette liegen bleiben und den Unterricht auf Grammophonplatten abschnurren lassen. Nein, nein, wir brauchen Menschen als Lehrer und keine zweibeinigen Konservenbüchsen! Wir brauchen Lehrer, die sich entwickeln müssen, wenn sie uns entwickeln wollen.«
    Da ging die Tür auf. Oberstudiendirektor Professor Doktor Grünkern trat ins Zimmer Nummer 9, Die Schüler sprangen von ihren Stühlen hoch.
    »Bleibt nur sitzen und arbeitet weiter«, sagte der Direx. »Ist alles in Ordnung?«
    »Jawohl«, meldete der schöne Theodor. »Es ist alles in Ordnung, Herr Direktor.«
    »Das ist ja die Hauptsache«, sagte der alte Mann, nickte müde und ging ins nächste Zimmer. »Ob er, bevor er hereinkam, an der Tür gehorcht hat?«, fragte ein Quintaner neugierig.
    »Da kann ich ihm auch nicht helfen«, meinte Pritsche unbarmherzig. »Wenn er, als er noch jung war, Beamter werden wollte, hätte er nicht Lehrer werden dürfen.«
    Matthias beugte sich zu seinem Nachbarn, einem rothaarigen Sextaner. »Weißt du übrigens, wie der Grünkern mit Vornamen heißt?« Der Kleine wusste es noch nicht. Matthias sagte:
    »Balduin heißt er. Balduin Grünkern! Er schreibt immer nur ein B und macht einen Punkt dahinter. Wahrscheinlich geniert er sich.«
    »Lasst den alten Mann in Frieden!«, meinte der schöne Theodor. »Wir brauchen ihn als Kontrast. Wenn wir ihn nicht hätten, wüssten wir gar nicht, was wir am Doktor Bökh besitzen.«
    Der andere Primaner bekam Stielaugen. »Theo«, sagte er, »nun steht’s aber endgültig fest: Du hast dir am Gehirn ‘ne Blase gelaufen.«
    Nach der Abendandacht rannten sie über die große Freitreppe in die Schrankzimmer hinunter, hängten ihre Anzüge weg und sausten in den langen Nachthemden wieder treppauf. Erst in die Waschräume. Dann in die Schlafsäle.
    Die Primaner durften länger aufbleiben. Nur die Primaner, die Schlafsaalinspektoren waren, mussten oben sein und aufpassen, dass sich die Jungen gründlich wuschen, dass sie die Zähne putzten und eilends ins Bett kletterten.
    Das Zubettgehen war eine schwierige Prozedur. Man musste sich im Bett aufstellen und die riesige Bettdecke rund um den Körper wickeln; dann erst ließ man sich, wie vom Blitz getroffen, auf die Matratze fallen, dass das eiserne Bettgestell nur so klapperte.
    Im Schlafsaal gab’s einen Zwischenfall. Irgendein Witzbold hatte dem Matthias ein volles Waschbecken unter das Betttuch gestellt. Und als sich Matthias, von den Abenteuern des Tages ermüdet, wie ein Klotz ins Bett plumpsen ließ, fiel er ins Nasse.
    Fluchend und mit den Zähnen klappernd, sprang er aus dem Bett und zerrte die Waschschüssel unter der Decke hervor.
    »Wer war das?«, schrie er wild. »So eine Gemeinheit! Der Schuft soll sich melden! Ich bring ihn um! Ich füttere die Vögel mit seinem Leichnam!«
    Die anderen lachten. Uli kam besorgt im Nachthemd angewandelt und brachte sein Kopfkissen.
    »Feiges Gesindel!«, brüllte Matthias.
    »Geh ins Bett!«, rief einer. »Sonst erkältest du dir deine vier Buchstaben.«
    »Ruhe!«, schrie ein anderer. »Der Justus kommt!«
    Uli und Matthias sprangen in ihre Betten. Als Doktor Bökh eintrat, war es mäuschenstill im weiten Saal. Die Jungen lagen wie reihenweise geschichtete Engel da und kniffen die Augen zu. Der Justus ging an den Betten entlang. »Nanu«, sagte er laut. »Da stimmt doch was nicht! Wenn Jungens so ruhig sind, hat’s vorher bestimmt Krach gegeben. Martin, raus mit der Sprache!«
    Martin schlug die Augen auf und meinte: »Es war nichts Besonderes, Herr Doktor. Nur ein bisschen Ulk.«
    »Weiter nichts?«
    »Nein.«
    Bökh ging zur Tür. »Gute Nacht, ihr Lümmels!«
    »Gute Nacht, Herr Doktor!«, schrien alle. Und dann lagen sie wirklich ruhig und zufrieden in ihren Betten. Matthias gähnte wie ein Löwe, stopfte Ulis Kopfkissen zwischen sich und das nasse Betttuch und schlief augenblicklich ein. Und kurz darauf schliefen auch die anderen.
    Nur Uli lag noch wach. Erstens fehlte ihm sein Kopfkissen. Und zweitens überlegte er sich wieder, wie er endlich einmal Mut beweisen könnte. Dann hörte er den Zapfenstreich blasen, mit dem der Trompeter drüben in der Kaserne den Soldaten, die heimkehrten, mitteilte, dass sie sich beeilen müssten. Uli dachte jetzt an seine Eltern und an seine Geschwister und daran, dass er in drei Tagen zu Hause wäre - und darüber schlief er

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