Das Flüstern der Albträume
gestorben. Sie hatte weder Drogen genommen noch war sie je verhaftet worden. Den Nachbarn zufolge war sie eine nette Frau gewesen. »Eine gute Katholikin«, wie einer von ihnen bemerkt hatte. Ihre größte Freude waren die Besuche ihres Enkels gewesen. Niemand hatte verstanden, wieso irgendjemand Eliza hatte töten wollen. Der Fall war bisher ungelöst, und mit jedem Tag wurde es unwahrscheinlicher, dass er noch gelöst werden würde.
»Die Wunden bei diesem Opfer wirken tiefer, was auf sehr große Wut schließen lässt«, meinte Garrison. »Martinez hatte nur einen einzigen Messerstich in der Brust, und sie war nicht nackt. Der Mörder hat ihr Gesicht sogar mit einem Handtuch zugedeckt.«
»Zwischen den beiden Opfern gibt es noch einen anderen großen Unterschied.« Macy zog das Tuch jetzt ganz weg, und der Anblick, der sich ihnen bot, schockierte Garrison zutiefst. Um den Bauchnabel der Frau waren vier Brandmale in Form von vierzackigen Sternen angeordnet.
»Scheiße«, entfuhr es Malcolm.
Garrison betrachtete die roten, zornigen Sterne. Himmel, sie musste furchtbare Schmerzen erlitten haben. Er meinte beinahe, die Schreie der Frau hören zu können. »Martinez wurde ganz sicher nicht wie dieses Opfer hier gefoltert.«
Garrison sah sich in dem eingezäunten Garten um. Am Ende des Grundstücks schlug leise ein Tor zu, als wäre gerade jemand hindurchgegangen. »Irgendwelche Blutspuren?«
»Nein. Und es deutet nichts auf einen Kampf hin. Offensichtlich wurde sie nicht hier draußen gefoltert und ermordet«, sagte Malcolm.
»Warum hat man sie hier abgelegt?«, fragte Macy.
»Das müssen wir herausfinden«, meinte Garrison. »Du gehst von Brandstiftung aus, hast du gesagt?«
Macy nickte. »Ich würde einen Monatslohn darauf verwetten.«
Garrison stand auf. Der leichte Schmerz in den Knien erinnerte ihn an seine Zeit als Fallschirmjäger bei der Luftwaffe. »Warum?«
»Schwer zu sagen. Ein sehr heftiger Brand, der urplötzlich an der Hintertür entstanden ist. In der Nähe der Tür scheint es aber nichts gegeben zu haben, was versehentlich derart hätte hochgehen können.«
»Wie lange brauchst du, um sicher zu sein?«, fragte Garrison.
»Gut möglich, dass ich die Asche erst morgen untersuchen kann, wenn alles abgekühlt ist und keine Gefahr mehr besteht.«
»Sag mir Bescheid, sobald du etwas hast.«
»Wenn euer Mörder diesen Brand gelegt hat, um seine Spuren zu verwischen, hat er sich nicht besonders klug angestellt«, meinte Macy. »Eher unwahrscheinlich, dass die Tote durch das Feuer im Haus vollständig verbrannt worden wäre.«
»Ich bin mir nicht so sicher, dass der Mörder die Leiche vernichten wollte«, sagte Garrison.
»Wieso sollte er seine Spuren nicht verwischen wollen?«, fragte Macy.
Malcolm schüttelte den Kopf. »Wenn die Leiche beseitigt wird, kann niemand sein Werk besichtigen.«
Macys Blick ruhte einen Moment auf der Leiche, dann sah sie weg. »Glaubt ihr, er wird es wieder tun?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Garrison.
Macy schüttelte den Kopf. »Ein Feuer ist zwar unberechenbar, aber ich weiß wenigstens, dass es mich tötet, wenn ich nicht aufpasse.« Sie betrachtete den ausgestreckten, leblosen Körper. »Bei Menschen dagegen weiß man nie richtig, was sie antreibt. Sie sind voller Rätsel.«
Garrison wusste nicht recht, ob sie ihn oder den Mörder meinte. »Niemand soll sich der Leiche nähern – auch nicht deine Leute. Was ich am wenigsten gebrauchen kann, ist, dass irgendein Irrer diesen Mord kopiert.«
Macy stemmte die Hände in die Hüften. »Ein paar haben sie schon gesehen, aber sie werden nichts ausplaudern, dafür verbürge ich mich.«
Garrison sah sie an. »Ich verlasse mich darauf.«
Sein Tonfall reizte sie offenbar, denn sie streckte das Kinn vor. »Kümmere du dich um deine Leute, ich kümmere mich um meine.« Ihre Augen blitzten, und er wusste, wenn er nicht lockerließ, würde er sich einen ausgewachsenen Streit einhandeln. Macy stand hundertprozentig hinter ihren Mitarbeitern und legte sich persönlich mit jedem an, der schlecht über ihr Team sprach.
Was Garrison brauchte, war Kooperation und nicht Streitereien über Zuständigkeiten. Und wenn er in etwas gut war, dann darin, andere Leute von seinem Standpunkt zu überzeugen. Also bemühte er sich, Macy zu besänftigen. »Hast du mit den Überlebenden des Brandes oder mit der Heimleitung gesprochen?«
»Das ist eure Sache, nicht meine.« Sie war immer noch in Abwehrhaltung, aber schon ein
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