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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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dass ich mein Kleid ausziehe, Arlen Strohballen, dann brauchst du es nur zu sagen.« Sie lächelte, doch Arlen rückte von ihr ab, fasste sie um die Taille und schob sie von sich weg, wie sie Missis Scratch von ihrem Schoß heben würde. Dann sprang er auf die Füße.
    » Deshalb habe ich dich nicht mitgenommen, Ren«, bemerkte er und wich ein paar Schritte zurück.
    »Ich hatte nicht gemeint, dass du die Situation ausnutzt«, entgegnete sie verstört.
    »Darum geht es nicht.« Aus einer Satteltasche holte er Nähzeug. Er warf es ihr zu und drehte sich um. »Zerschneide deine Röcke, aber beeile dich. Wir haben heute Nacht noch etwas zu erledigen.«
    »Was denn?«, fragte sie verdattert.
    »Bis zum Morgengrauen wirst du einen Dämon töten«, erklärte Arlen, »oder ich setze dich in der nächsten Stadt ab.«

    »Fertig!«, rief Renna. Sie hatte ihren Unterrock ausgezogen, den Saum des Kleides gekürzt und in beide Seiten des Rockes lange
Schlitze hineingeschnitten. Arlen, der am Rand des Zirkels hockte und Siegel an einem Pfeil anbrachte, hob den Kopf, und seine Blicke wanderten über ihre nackten Schenkel.
    »Gefällt dir, was du siehst?«, fragte sie und verbiss sich ein Grinsen, als er zusammenfuhr und ihr schnell in die Augen schaute. »Komm ans Feuer, wenn du besser sehen willst.«
    Einen Moment lang betrachtete Arlen seine Hände und rieb langsam die tätowierten Finger aneinander; sein Blick war nachdenklich in die Ferne gerichtet. Dann schüttelte er den Kopf, stand auf und ging zu ihr.
    »Du vertraust mir doch, Ren, oder?«
    Als sie nickte, zog er aus einer Satteltasche einen Pinsel und ein Fläschchen mit einer dicken, zähflüssigen Tinte. »Das ist Schwarzstängel«, erklärte er. »Es hält mehrere Tage auf deiner Haut, vielleicht eine Woche.«
    Behutsam, beinahe zärtlich, strich er ihr das lange Haar aus dem Gesicht und malte Siegel rings um ihre Augen. Als er damit fertig war, blies er sachte darauf, damit die Tinte schneller trocknete. Seine Lippen waren nur wenige Zoll von den ihren entfernt, und am liebsten hätte sie ihren Mund daraufgedrückt, doch durch seine Ablehnung fühlte sie sich immer noch gekränkt und traute sich nicht, sich ihm zu nähern.
    Als ihre Tätowierung mit Schwarzstängelsaft fertig war, schaute er sie prüfend an. »Was kannst du jenseits des Feuerscheins sehen?«
    Renna sah sich um. Die Nacht war nahezu stockfinster. »Nichts.«
    Arlen nickte und legte seine Hände über ihre Augen. Es waren derbe Hände, voller Narben und Schwielen, aber sie waren auch sanft. Unter seiner Berührung spürte sie ein angenehmes Prickeln in der Haut, und sie erschauerte vor Wonne. Er nahm seine Hände wieder fort, und das Gefühl klang ab, doch die Siegel um ihre Augen schienen sich erwärmt zu haben.
    »Und was siehst du jetzt?«, wollte er wissen.

    Staunend schaute sie in die Runde. Bäume und Pflanzen verströmten ihr eigenes Licht, und um ihre Füße waberte ein feiner Nebel wie ein niedrig hängender, träger Dunstschleier. »Alles«, hauchte sie in ehrfürchtigem Staunen. »Mehr, als ich bei Sonnenschein sehe. Und alles glüht.«
    »Was du siehst, ist Magie«, erklärte Arlen. »Sie steigt vom Horc an die Oberfläche und überträgt auf alles, was lebt, einen Funken ihrer Energie, die dann dieses Glühen bewirkt.«
    »Ist es die Seele dieser Lebewesen, die das Licht aufsaugt und wieder abstrahlt?«, hauchte sie.
    Arlen zuckte mit den Schultern. »Ich bin kein Fürsorger. Die Horclinge sind von dieser Magie durchdrungen, und jetzt kannst du sie leuchten sehen.«
    Renna drehte sich um, als sie ein Knacken im Unterholz hörte, und ein Baumdämon, der noch vor einem Moment unsichtbar gewesen war, schimmerte nun in dieser von Magie beleuchteten Welt. Sie blickte auf ihre Hände, von denen jedoch nur ein matter Schein ausging. Schattentänzer erstrahlte in einem viel helleren Licht, die Siegel an seinen Hufen und dem Zaumzeug glitzerten wie Sterne am Himmel.
    Doch es war Arlen, der von der strahlendsten Aura umgeben war; die Siegel auf seiner Haut quollen regelrecht über vor Energie. Es sah aus, als wären sie mit Licht gezeichnet, das von einem unerschöpflichen Quell gespeist wurde.
    »Es sind zu viele Siegel«, erklärte Arlen, als er merkte, wie sie ihn anstarrte, und stülpte sich die Kapuze über. »Ich habe so viel Dämonenmagie in mich aufgesogen, dass ich nie wieder ein richtiger Mensch sein werde.«
    »Aber würdest du das denn wollen?«, fragte sie. »Warum solltest du auf diese

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