Das Flüstern der Toten (German Edition)
hasste es auch, nur über die Hinterbliebenen zu sprechen. Leider ließ sich das häufig nicht vermeiden. »Wie geht es denn Ihrer Familie?«
»Meiner Schwester erstaunlich gut. Vermutlich nimmt sie irgendwas ein. Meinen Eltern geht’s … nicht so besonders.«
»Ihre Schwester nimmt keinen Anteil?«
Elizabeth schüttelte den Kopf.
»Ich kann mir vorstellen, wie schwer das für alle ist.«
»Sie müssen damit fertigwerden, Charlotte.«
»Das sehe ich auch so.«
»Deshalb müssen wir herausfinden, wer das getan hat. Ich glaube, das wird ihnen guttun.«
Sie hatte recht. Die Opfer kamen häufig besser mit dem Geschehenen zurecht, sobald sie die genauen Umstände des Verbrechens kannten. Die Verantwortlichen hinter Gitter zu bringen war so was wie das Sahnehäubchen. Justitia mochte blind sein, aber sie war ein klasse Heilmittel.
Ich sah mich nach Barber um. »Ich habe übrigens sieben Datenträger aus Ihren Büro gestohlen, aber die gehörten alle Ihnen. Wissen Sie noch, was Sie mit dem gemacht haben, den Sie von Carlos Rivera bekommen haben?«
Er tastete sein Jackett ab. »Verflixt, was hab ich bloß damit gemacht?«
»Vielleicht hat der Mörder ihn mitgenommen? Vielleicht wusste der, dass Rivera Ihnen das Ding gegeben hat?«
»Könnte schon sein.« Er kniff sich in die Nasenwurzel. »Tut mir leid, ich weiß es nicht mehr.«
Das kam häufig vor. Vor allem, wenn das Opfer zwei Kugeln im Kopf hatte. Da wir uns nicht auf den USB-Stick verlassen konnten, mussten wir uns auf unsere absonderlichen Fähigkeiten verlassen.
»Also, Julio Ontiveros, unser ehemaliger Hauptverdächtiger und jetziger Informant, hat ausgesagt, dass er einem Kumpel nach dem Verkauf seiner Neunmillimeter eine Schachtel Munition überlassen hat. Nur so konnten seine Fingerabdrücke auf Patronenhülsen an einem Tatort auftauchen.«
»Wer war der Kumpel?«
»Chaco Lin. Und raten Sie mal, für wen Chaco Lin gearbeitet hat?«
»Für den Teufel?«, gab Elizabeth zurück.
»Fast. Für Benny Price.«
Elizabeth und Barber sahen einander vielsagend an.
»Normalerweise dürften wir das nicht erwähnen«, bemerkte Barber, »aber da wir eigentlich gar nicht hier sind, gelten die Regeln für uns jetzt nicht mehr. Benny Price hat mal wegen Menschenhandels vor Gericht gestanden.«
»Erzähl ihnen von den Ermittlungen wegen Menschenhandels«, warf Onkel Bob ein.
»Anscheinend wissen sie schon davon.« Ich drehte mich wieder zu Barber um. »Außerdem haben wir einen ermordeten Teenager und einen, der vermisst wird. Haben Sie irgendwas über Mark Weirs verschwundenen Neffen?« Er hatte sich Weirs Schwester vornehmen und herausfinden sollen, ob sie mit ihrem Sohn zuletzt in Kontakt stand.
»Nichts Handfestes, aber ich muss zugeben, es hatte den Anschein, dass mit der Mutter des Jungen etwas nicht stimmt.«
»Nicht stimmt?« Plötzlich lag mir etwas schwer im Magen. »Könnten Sie ein wenig deutlicher werden?«
Onkel Bob spitzte ebenfalls die Ohren.
»Sie wurde vor ein paar Tagen von einem Pater Federico angerufen. Danach war sie total aus dem Häuschen.«
Bei der Erwähnung des Mannes, dem das Lagerhaus gehörte, holte ich tief Luft.
»Was?«, fragte Onkel Bob.
Barber fuhr fort. »Einem einseitig belauschten Telefonat konnte ich entnehmen, dass sie sich mit ihm treffen wollte, er sich allerdings nicht hat blicken lassen.«
Ubie warf mir einen verzweifelten Blick zu.
»Jamie Weir wollte sich mit Pater Federico treffen, er ist jedoch nicht erschienen«, erklärte ich.
Wir hielten vorm Polizeirevier. »Anscheinend hat ihn in letzter Zeit niemand gesehen.«
»Glaubst du, da ist was faul?«
»Schon möglich. Ist er denn, na, du weißt schon, durchsichtig irgendwo aufgetaucht?«
»Nee. Aber das bedeutet nicht notwendigerweise – «
»Genau«, nickte er, klappte sein Handy auf und rief einen seiner Ermittler an. Er hing häufiger am Telefon als die meisten Dreizehnjährigen.
Ich wandte mich derweil wieder den Anwälten zu. »Weiß einer von Ihnen, was die Stoßstange von ’nem Dodge Durango kostet?«
Barber schüttelte den Kopf. Elizabeth gluckste.
Als wir ins Revier schlenderten, um zu besprechen, wie wir Benny Price in die Knie zwingen wollten, erwartete uns Garrett im Foyer und ging seine täglichen Notizen durch.
»Wissen Sie, was mich irritiert?«, fragte er und klappte, als wir uns ihm näherten, seinen Notizblock zu.
»Dass Sie auf Pornos mit Liliputanern stehen?«
»Dass seit Tagen niemand Pater Federico gesehen hat«, sagte
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