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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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wetteiferten um ihre Aufmerksamkeit. Zwei waren wegen Verspätung hier, einer brachte ein Schreiben von seinem Alten, in dem stand, dass er den Sportlern ihre schicken neuen Uniformen vor Gericht wieder abnehmen lassen würde, sollte seinem Sohn weiterhin nicht erlaubt sein, seine Medizin in die Schule mitzubringen. Nummer vier war eine Lehrerin, der während der Mittagspause die Schlüssel vom Schreibtisch gestohlen worden waren. Zwei weitere waren Bürogehilfen, die auf Anweisungen warteten. Nummer sieben schließlich war ein schönes Mädchen mit dunklem Pferdeschwanz, Katzenaugenbrille und Söckchen, das aussah, als wäre es irgendwann in den Fünfzigern gestorben.
    Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen in einer Ecke und hielt ihre Schulbücher an die Brust gedrückt. Ich ließ mich neben ihr nieder, um zu warten, bis sich das Chaos gelegt hatte. Onkel Bob nutzte die Gelegenheit und ging hinaus, um zu telefonieren. Wie immer. Söckchen starrte mich an, also nahm ich Zuflucht zu meinem Handy-Trick und blickte sie beim Sprechen unverwandt an.
    »Hi«, sagte ich.
    Sie machte große Augen, dann blinzelte sie verblüfft und fragte sich offenbar, ob ich tatsächlich mit ihr redete.
    »Kommst du oft her?«, erkundigte ich mich und musste über die blöde Frage selber lachen.
    »Ich?«, fragte sie schließlich.
    »Du«, nickte ich.
    »Sie können mich sehen?«
    Ich hab nie kapiert, wieso sie mich das jedes Mal fragen, wenn ich sie doch direkt anschaue. »Klar kann ich.« Sie sperrte ein wenig den Mund auf, also erklärte ich: »Ich bin Schnitterin, aber eine gute. Wenn du willst, kannst du durch mich hinübergehen.«
    »Sie sind schön«, meinte sie, während sie mich ehrfürchtig anstarrte. Das passierte mir meistens. »Wie ein Swimmingpool an einem Sonnentag.«
    Wow, das war mal was anderes. Mit einem kurzen Blick überzeugte ich mich, dass die Schlange kürzer wurde. »Wie lange bist du schon hier?«
    »Ungefähr zwei Jahre, glaube ich.« Als ich skeptisch die Stirn runzelte, sagte sie: »Oh, meine Klamotten. Ehemaligenwoche. Fünfzigertag.«
    »Oh«, machte ich meinerseits. »Du hast dich wirklich gut verkleidet.«
    Sie neigte verlegen den Kopf. »Danke.«
    Nur noch ein Verspäteter. Anscheinend kümmerte sich der Direktor persönlich um die drohende Anklage, während der Hausmeister sich des Falles der geklauten Schlüssel annahm.
    »Warum bist du nicht hinübergegangen?«, wollte ich wissen.
    Auf dem Korridor rief ein Junge seinem Kumpel zu: »Hey, Westfield, beziehst du wieder Dresche?«
    Der Junge, der auf die Entschuldigung wartete, zweifellos ein Schulenthusiast, zeigte ihm hinter seinem Rücken den Stinkefinger. Ich gab mir alle Mühe, nicht zu kichern.
    Das Mädchen neben mir zuckte die Achseln und deutete dann mit einem Kopfnicken auf die Verwaltungsassistentin. »Das ist meine Großmutter. Sie war echt fertig, als ich starb.«
    Ich sah mir die Frau an. Ihr Namensschild wies sie als MS TARPLEY aus. Sie trug das Haar modisch zerzaust und mit roten Strähnchen und hatte tolle grüne Augen. »Wow, nicht übel für ’ne Großmutter.«
    Söckchen kicherte. »Ich muss ihr noch was sagen.«
    Hatte ich mich nicht eben erst vor Garrett über genau so was heftig echauffiert? Wie hatte ich mich ausgedrückt? Dass ich es satt hätte, für andere den Karren aus dem Dreck zu ziehen? Ich konnte so ein Miststück sein.
    »Möchtest du, dass ich dir helfe?«
    Die Miene des Mädchens hellte sich auf. »Können Sie das denn?«
    »Aber sicher.«
    Nachdem sie noch einen Augenblick auf ihrer Unterlippe herumgekaut hatte, sagte sie: »Können Sie ihr sagen, dass ich nicht ihren ganzen Schaumfestiger verbraucht habe?«
    »Im Ernst?«, hakte ich lächelnd nach. »Deshalb bist du immer noch hier?«
    »Ja, ich meine, es stimmt schon, dass ich ihren ganzen Schaumfestiger verbraucht habe, aber ich will nicht, dass sie schlecht von mir denkt.«
    Ihr Geständnis griff mir ans Herz. Woran Menschen im Augenblick ihres Ablebens dachten, würde mich wohl immer in Erstaunen versetzen. »Ich bezweifle, dass deine Großmutter in diesem Moment anders als gut von dir denkt, Liebes. Ich setze mein Seelenheil darauf, dass ihr die Sache mit dem Schaumfestiger nicht mal im Traum eingefallen ist.«
    Sie senkte das Kinn, baumelte unter dem Stuhl mit den Beinen und sagte: »Dann kann ich jetzt wohl gehen.«
    »Wenn du willst, dass ich ihr etwas ausrichte, selbst das mit dem Schaumfestiger, dann kann ich dafür sorgen, dass sie’s

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