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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Glauben Sie mir, es war unser Herrgott, der die Schiffe an den Tribbens zerschellen ließ! Denn ihr Weinstock ist des Weinstocks zu Sodom und von dem Acker Gomorras; ihre Trauben sind Galle, sie haben bittere Beeren …«
    »Fünftes Buch Mose!« unterbrach Holmes. Sein Ton war so harsch, dass der Prediger betroffen schwieg und verwirrt blinzelte. »Das Zitat ist hier aber nicht angebracht«, fuhr Holmes fort. »Gott würde seine Zeit nicht damit vertun, Schiffbrüche herbeizuführen.«
    »Ich warne Sie, Sir – wagen Sie es nicht, Gottes Willen in Frage zu stellen! Bedenken Sie: Der Gottlosen Weg vergeht!«
    »Doch der Herr kennt den Weg der Gerechten«, antwortete Holmes feierlich, aus demselben Psalm zitierend.
    Der Prediger stieg in seinen kleinen Pferdewagen. »Ich habe Sie gewarnt!«, rief er über die Schulter und fuhr von dannen.
    Wir traten ins Haus, und Sir Jelbart bot uns eine kleine Stärkung an. Indessen schickte er nach einem Fischer, der uns zu den Tribbens bringe sollte. Holmes sagte, es sei nicht notwendig, dass Sir Jelbart uns begleite.
    Noall Tresawna, der Fischer, erwies sich als einfacher Mann von kräftiger Statur. Als Holmes sein Anliegen vorbrachte, erhob er keinerlei Einwände. Holmes fragte ihn, ob er von dem übernatürlichen Phänomen wisse. Der Mann nickte.
    »Fürchtest du dich nicht, mein Freund? Wir müssen uns darauf verlassen, dass du die Nerven behältst und uns sicheres Geleit bietest.«
    »Ich bin ein gottesfürchtiger Mann«, erwiderte Tresawna. »Ich bete jeden Abend und halte mich an die Zehn Gebote. Mein Leben liegt in Gottes Hand. Es heißt doch in der Heiligen Schrift: »Glückselig der Mann, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen, und nicht steht auf dem Weg der Sünder, und nicht sitzt auf dem Sitz der Spötter …«
    »… sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über Sein Gesetz sinnt Tag und Nacht!«, ergänzte Holmes.
    Tresawna schien beeindruckt. »Jawohl, mein Herr, genauso ist es. Deshalb habe ich keine Angst vor Gespenstern.«
    Gegen Mitternacht kam Tresawna zum Dienstboteneingang und holte uns ab. Beim Licht seiner Sturmlaterne führte er uns querfeldein zu den Klippen, hinauf zu einem Aussichtspunkt, der Pedn-men-du hieß. Wie mir Holmes später erklärte, bedeutet das soviel wie »der Gipfel des schwarzen Felsen«. Von hier aus führte ein gefährlich steiler Pfad zu jener Stelle, wo Tresawna sein Boot vertäut hatte. Der Nachthimmel glich einer Decke aus tiefblauem Samt, mit weißen Sternen gesprenkelt. Der zunehmende Mond war noch so schmal, dass er nur wenig Licht spendete.
    Als wir im Boot saßen, löschte Tresawna die Laterne, da er sich im spärlichen Mondlicht besser in den Küstengewässern zurechtfand als bei künstlicher Beleuchtung. Holmes neigte sich zu mir und fragte leise: »Hast du deinen Revolver eingesteckt, wie ich dich bat?«
    »Ja, aber du wirst doch wohl kaum von mir erwarten, dass ich auf eine zwölf Fuß große Tänzerin schieße«, entgegnete ich sarkastisch.
    »Nein, alter Junge, ich rechne eher damit, dass deine Zielscheibe aus Fleisch und Blut sein wird.«
    Das kleine Boot schaukelte durch die Finsternis über die ruhige See. Neben uns lagen die steilen Klippen von Pedn-men-du. Von weitem sahen wir, wie sich die weiße Gischt über dem Sandstrand der Whitesand Bay ausbreitete. »Wir sind an den Tribbens, meine Herrn«, sagte Tresawna und deutete auf die schwarzen Umrisse, die unmittelbar vor uns emporragten.
    »Besonders bedrohlich sehen sie nicht aus«, bemerkte ich.
    »Nicht für uns, Sir«, entgegnete Tresawna. »Aber ein größeres Schiff mit einem tieferen Kiel kann von den verborgenen zackigen Felsen, von denen sich einige nur ein paar Fuß unter uns befinden, aufgerissen werden.«
    »Kam es so zu den Schiffsbrüchen hier?« fragte Holmes.
    »Ja, Sir. Ein guter Schiffsführer schafft es normalerweise, sein Schiff sicher zwischen den Riffen hindurchzulenken, erst zwischen Tal-y-maen und Kettle’s Bottom und dann geradeaus zwischen Shark’s Fin und den Tribbens. Aber als die tanzende Frau erschien, ließen sich die Schiffer verleiten, zu dicht an den Tribbens vorbeizusteuern. Die Kiele waren im Handumdrehen durchtrennt. So jedenfalls haben es mir die Überlebenden berichtet.«
    »Ist das Wasser tief an dieser Stelle?«
    »Nicht besonders tief, aber tief genug.«
    »Glaubst du, dass Strandräuber ihre Hand im Spiel hatten?«
    »Nein, Sir. Wenn Sie mich fragen, hätten Strandräuber eine Stelle gewählt, von der aus die

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