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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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wusste zu berichten, dass ein Mann an der Tür des Pfarrhauses geklingelt und nach Seiner Eminenz gefragt hatte. Er habe den Hut so tief in die Stirn gezogen und den Kragen so weit hochgeschlagen gehabt, dass sie sein Gesicht nicht erkannt habe. Sie erinnerte sich allerdings, dass er mit irischem Akzent gesprochen habe. Den Namen auf der Visitenkarte, die er ihr übergeben hatte, wußte sie nicht mehr, wohl aber, dass sie mit einem Wappen in Form einer Harfe versehen gewesen war.
    Gallagher konnte es sich nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass auch diese Fakten Scotland Yard bereits bekannt seien, da er schon dieselben Fragen gestellt habe.
    »Doch nach Rauschmitteln haben Sie nicht gefragt«, erwiderte Holmes mit gönnerhafter Miene.
    Anschließend ließ er sich das Gästezimmer zeigen, in dem Pater Michael den Kardinal zum letzten Mal gesehen hatte. »Dass sich dieser Raum im dritten Stock befindet, ist ärgerlich«, lautete sein Kommentar. Pater Michael und Gallagher wechselten verdutzte Blicke; selbst Watson wirkte ein wenig ratlos. Indessen durchsuchte Holmes das Schlafzimmer. Seine besondere Aufmerksamkeit galt der übrigen Kleidung des Kardinals, die er beschnupperte, als wäre er ein Jagdhund, der seine Fährte verloren hat.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte Holmes draußen. Er streifte um die Außenmauern herum und schien etwas zu suchen. Gallagher wurde zunehmend ungehalten, und Watson blickte nach wie vor verständnislos drein.
    Später fuhr man mit einer Mietdroschke zu Sir Gibson Glassfords Haus in der Gayfere Street. Als Glassford seine Gäste im Arbeitszimmer empfing, schien er den Tränen nahe. Er umklammerte die Hand des »Meisterdetektivs«, als wollte er sie nie wieder loslassen und redete flehentlich auf ihn ein: »Sie müssen mir helfen! Niemand will mir Glauben schenken – selbst meine Frau bezichtigt mich der Geheimnistuerei, dabei schwöre ich, dass ich diesen Kardinal noch
nie gesehen hatte, bevor er tot in meinem Gästezimmer lag. Was hat das alles zu bedeuten, Holmes? Wenn es etwas nützen würde, wäre ich bereit, mein Amt niederzulegen, aber ich fürchte, die Gerüchte und Spekulationen würden trotzdem nicht aufhören. Bitte lösen Sie dieses seltsame Rätsel so schnell wie möglich!«
    Holmes befreite seine Hand aus der Umklammerung und trat ein Stück zurück. »Nur Geduld, Herr Minister, nur Geduld. Ohne Fakten komme ich nicht weiter. Man sollte die Wörter seltsam und rätselhaft nicht vermengen. Die Umstände sind in diesem Fall tatsächlich ausgesprochen seltsam, aber rätselhaft bleiben sie nur so lange, wie er nicht gelöst ist. Watson, du kennst meine Methoden. Nichts ist schöner, als einen Fall von hinten aufrollen zu können.«
    Watson nickte verständnisvoll, wirkte aber alles andere als zufrieden. Gallagher war überzeugt, dass dieser Stümper von Arzt überhaupt nicht begriff, worauf sein arroganter Gefährte hinauswollte. Er hatte zumindest die Courage, zuzugeben, dass er nicht folgen konnte.
    »Fakten, Herr!«, entgegnete Holmes ungehalten. »Ich kenne die Fakten noch nicht! Er wäre ein gravierender Fehler, zu theoretisieren, ehe die Fakten vorliegen. Wenn man das tut, geschieht es unweigerlich, dass man die Fakten manipuliert, damit sie in die Theorie passen, statt, wie es sich gehört, die Theorie auf Fakten zu begründen.«
    Glassford, seine Gattin und die Dienstboten mussten noch einmal dieselben Fragen beantworten, die ihnen bereits die Polizei gestellt hatte. Nachdem er seine Befragung abgeschlossen hatte, wollte Holmes das Gästezimmer sehen, wo man Kardinal Toscas Leiche gefunden hatte.
    »Dass sich dieser Raum im vierten Stock befindet, ist natürlich lästig!«, bemerkte er. Wie schon im Pfarrhaus durchsuchte er auch hier alle Ecken und Winkel. Ganz besonders schien ihn der Teppich zu interessieren. Er begutachtete ihn aufmerksam und sagte dabei wiederholt »Aha!« oder »Soso!«
    »Der Kardinal wurde vor sieben Tagen tot aufgefunden. Es wäre wohl zuviel verlangt gewesen, zu erwarten, dass alles im ursprünglichen Zustand belassen wurde.«
    Verärgert über den vorwurfsvollen Unterton, sagte Gallagher: »Wir haben unser Bestes getan, sämtliche Spuren zu erhalten.«
    »Mit dem Ergebnis, dass Sie auch die letzte Spur vernichtet haben«, erwiderte Holmes verächtlich.
    Anschließend ging er allen voran nach draußen und blickte um sich, als würde er etwas suchen. Dann aber schüttelte er resigniert den Kopf und war im Begriff, sich zurück ins Haus zu

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