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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Leichenbeschauer zunächst auf Widerstand, konnten sich aber durchsetzen. Begleitet von den missbilligenden Blicken der beiden Mediziner und meines Freundes Gallagher machten sie sich ans Werk. Gallagher empfand Holmes’ Betragen als ganz und gar unzumutbar. Er zeigte ein überlegenes Gehabe und betrachtete den Körper des Toten durch ein riesiges Vergrößerungsglas. Plötzlich sog er zischend die Luft ein und rief melodramatisch: »Haben Sie etwa den kleinen Bluterguss hier am Hals übersehen?« Er verhielt sich so, als hätte er etwas überaus Bemerkenswertes entdeckt.
    Der Leichenbeschauer schwieg verstimmt, doch Dr. Thomson erklärte geduldig: »Ich habe den Bluterguss in meinem Bericht erwähnt. Wenn Sie ihn einmal lesen würden …« Holmes brachte ihn
mit einer Geste zum Schweigen. »Und was ist mit dem Einstich, den ich durch mein Vergrößerungsglas erkenne?«, fragte er herrisch.
    »Meines Erachtens ist er nicht von Bedeutung«, erwiderte Thomson. »Vermutlich ein Insektenstich.«
    Holmes wandte sich an Watson, seinen treuen Adjutanten, und sagte: »Watson, sieh dir den Einstich an. Du kannst bezeugen, dass ich diese … diese Herren darauf aufmerksam machen musste.«
    Gallagher war der Meinung, Holmes habe sich gründlich im Ton vergriffen. Diese Meinung schienen auch Dr. Thomson und sein Kollege zu teilen. Sie warteten ungeduldig darauf, dass Holmes zum Ende kam, und machten daraus keinen Hehl.
    Nachdem er seine Untersuchung des Leichnams abgeschlossen hatte, verlangte Holmes, die Kleider zu sehen, die in der Nähe des Toten gefunden worden waren.
    »Besteht der geringste Zweifel daran, dass sie dem Kardinal gehörten?« wollte er wissen.
    »Nein, durchaus nicht«, versicherte ihm Gallagher. »Pater Michael hat sie identifiziert.«
    Brieftasche, Rosenkranz und Messbuch befanden sich ebenfalls bei den Kleidern. »Ich darf wohl davon ausgehen, dass nichts verändert oder entfernt wurde?«, erkundigte sich Holmes.
    Gekränkt erwiderte Gallagher: »Sie sollten wissen, Mr. Holmes, dass es bei Scotland Yard nicht üblich ist, Beweisstücke zu manipulieren.«
    Ungerührt machte sich Holmes daran, die Brieftasche zu durchsuchen. Sie enthielt französische und englische Banknoten sowie zwei Visitenkarten, auf denen der Name T. W. Tone zu lesen war, neben einem Wappen, das aus einer kleinen, mit einer Krone versehenen Harfe bestand. Holmes zeigte Watson die Karten und sagte leise: »Präge sie dir gut ein, alter Junge.« Vermutlich sollte Gallagher nicht hören, was er sagte, aber er hörte es dennoch und hat es mir wortgetreu berichtet.
    Plötzlich runzelte Holmes die Stirn und sah sich erneut die Kleider an. »Der Kardinal trug doch ein Nachthemd. Wo ist es?«
    »Es wurde separat aufbewahrt«, erklärte Gallagher und holte das Beweisstück. »Da Seine Eminenz zum Zeitpunkt seines Todes dieses Hemd trugen, wollten wir es nicht zur übrigen Kleidung legen und damit riskieren, dass eventuelle Spuren vernichtet werden.«
    Der unausstehliche Holmes schaute sich das Nachthemd von allen Seiten an und begann daran zu schnuppern, wobei sein Gesicht einen überraschten Ausdruck annahm. Er beschnupperte nun auch die übrigen Kleidungsstücke, so ausgiebig, dass Gallagher schon glaubte, er habe den Verstand verloren.
    »Wo wurden die Kleider während der letzten Tage aufbewahrt?«, fragte er.
    »Sie wurden in Sackleinen gewickelt und lagen hier im Asservatenschrank.«
    »Ist es feucht im Schrank?«
    »Natürlich nicht. Wir haben darauf geachtet, dass sie trocken gelagert werden.«
    Eine halbe Stunde später befand man sich in Pater Michaels Pfarrhaus, wo der Kardinal zum letzten Mal lebend gesehen worden war. Holmes sprang mit dem armen Priester genauso respektlos um wie mit den Ärzten im Leichenschauhaus. Schon seine erste Frage war ausgesprochen beleidigend: »Ist Ihnen bekannt, ob der Kardinal Rauschmittel zu sich nahm?«
    Pater Michael war zunächst so schockiert, dass ihm die Stimme versagte. Nachdem er sich ein wenig gefasst hatte, verneinte er mit einem Kopfschütteln.
    Ohne zu merken, was er angerichtet hatte, fuhr Holmes fort: »Er hatte also nicht die Gewohnheit, sich mit einer Nadel Betäubungsmittel zu injizieren?«
    »Er hat nicht …«
    »… soweit Ihnen bekannt ist.« Holmes grinste frech. »Hat der Kardinal während seines Aufenthalts in Ihrem Haus Briefe oder andere Botschaften erhalten?«
    Dem Priester war nichts dergleichen bekannt. Holmes bestand
darauf, dass er nach der Haushälterin schickte. Diese

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