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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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1807
«, notierte er. Dann lehnte er sich zurück und überlegte, wie er das kurze, aber heftige Gefecht in präzisen, knappen Worten beschreiben sollte.
    Er hatte soeben seinen Eintrag abgeschlossen und sich gefragt, wo Hart mit der Liste der Toten und Verwundeten blieb – schließlich mussten die Opfer in das Logbuch eingetragen werden –, als es auch schon an der Tür klopfte.
    »Herein!«
    Fähnrich Hart stand mit glühenden Wangen auf der Schwelle. Offenbar war er äußerst aufgebracht.
    »Sie sind spät dran!«, empfing ihn Roscarrock gereizt. »Haben Sie die Aufstellung dabei?«
    Hart legte das fragliche Schriftstück auf den Tisch, machte aber keinerlei Anstalten, sich zu entfernen.
    Roscarrock unterdrückte einen Seufzer. »Was gibt es?«, fragte er.
    »Es geht um den Tod des Leutnants Jardine …«
    »Was ist damit?«, unterbrach der Kommandant dermaßen schroff, dass der junge Mann erneut verstummte. Er schien um die passende Formulierung zu ringen.
    »Es gibt da einige … einige Unregelmäßigkeiten, Sir. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll.«
    Roscarrock stützte die Arme auf und legte die Hände zusammen, so dass sich die Fingerspitzen berührten. »Unregelmäßig keiten «, wiederholte er leise. »Würden Sie mir bitte erklären, was Sie damit meinen?«
    »Verzeihung, Sir, es wäre besser, Sie würden mich auf das Batteriedeck begleiten. Ich würde es Ihnen lieber zeigen als erklären«, erwiderte der junge Mann. Die ganze Sache war ihm sichtlich peinlich. Hastig fügte er hinzu: »Ich habe den Arzt gebeten, dazuzukommen, Sir.«
    Roscarrock schwieg nachdenklich. Dann griff er nach seinem Hut und erhob sich. »Das ist höchst ungewöhnlich, Mr. Hart, aber da Sie solch einen Wert darauf legen, werde ich Ihrer Bitte Folge leisten.«
    »Danke, Sir, vielen Dank«, stieß Hart hervor. Er wirkte ausgesprochen erleichtert.
    Mit finsterer Miene folgte der Kapitän dem jungen Mann auf das Batteriedeck. »Ich wüsste nicht, was für ›Unregelmäßigkeiten‹ es an der Leiche eines Gefallenen zu entdecken gäbe, Mr. Hart«, bemerkte er missmutig. »Ich hoffe, Sie haben triftige Gründe, mich durch das ganze Schiff zu scheuchen.«
    Hart ruckte nervös mit dem Kopf. »Ich glaube, Sie werden mich verstehen, wenn Sie die Leiche gesehen haben, Sir.«
    Sie betraten das Batteriedeck. Die »Deerhound« verfügte auf jeder Seite über elf Kanonen, die auf so engem Raum untergebracht waren, dass die Männer sich beim Kampf ducken mussten, um der niedrigen Decke auszuweichen. Am auffallendsten aber war der Gestank. Der beißende Geruch von Rauch und Schießpulver überwog, vermischte sich jedoch mit dem von brennendem Holz; die Salven der Franzosen hatten an Deck kleinere Brände entfacht. Zugleich roch es nach versengtem Fleisch, nach Blut und Urin – ein unvergleichlich ekelerregender Gestank. Roscarrock holte das mit Lavendelöl getränkte Taschentuch hervor, das er immer bei sich trug, hielt es vor die Nase und schaute angewidert um sich. Wo die feindlichen Geschosse eingeschlagen waren, hatten sie Löcher in die Planken gerissen. Seile und Takelage lagen in einem heillosen Durcheinander umher. Überall war Blut, und unter Segeltuchplanen lagen Leichen, die man noch nicht abtransportiert hatte.
    Roscarrock registrierte sofort, dass steuerbord die ersten vier Stückpforten weggerissen waren. Als das Schiff beidrehte, war diese Seite dem Feind zugewandt gewesen. Drei Kanonen waren bis zur Unkenntlichkeit zerstört, die vierte hatte es nicht ganz so schlimm getroffen.
    Es war jedoch nicht dieses Bild der Verwüstung, das der junge Fähnrich seinem Kapitän unbedingt zeigen wollte. Er führte ihn nach backbord, zur Kanone Nummer sechs. Von den elf Geschützen auf der Breitseite nahm die Sechs die zentrale Position ein. Die Kanone war nicht beschädigt; zwei Matrosen waren gerade dabei, sie wieder in ihre Ausgangsposition zu bringen und festzuzurren.
    Auf dem Deck unterhalb der Kanone lag unter einer Persenning ein einzelner Leichnam. Smithers, der Schiffsarzt mit dem roten Gesicht, stand wartend daneben.
    Hart blieb stehen, deutete auf den Toten und sagte »Leutnant Jardine, Sir.« Das Ganze wirkte fast melodramatisch.
    Roscarrock verzog das Gesicht. »Das hatte ich beinahe vermutet«, entgegnete er säuerlich. »Warum haben Sie mich hierher geholt?«
    Hart trat nach vorn, wie ein übereifriger Hund, der an der Leine zieht. »Nun, Sir, der Leutnant stand an der Kanone Nummer Sechs und führte das Gefecht

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