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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Friedrich V. von der Pfalz.
    Nach dem Tod Rudolfs II. ist Prag nicht mehr der passende Ort, jetzt wird es Heidelberg. Die Fürstenhochzeit gestaltet sich zu einem Triumphzug templerischer Allegorien. Bei den Londoner Festlichkeiten führt Bacon persönlich Regie, und dargeboten wird eine Allegorie auf die mystische Ritterschaft, mit einem Auftritt von Rittern hoch oben auf einem Hügel. Es dürfte klar sein, daß Bacon, als Nachfolger Dees, jetzt Großmeister der englischen Templer ist...«
    »... und da er zweifellos auch der wahre Autor der Dramen von Shakespeare ist, müßten wir auch den ganzen Shakespeare neu lesen, der bestimmt von nichts anderem gesprochen hat als von dem Großen Plan«, sagte Belbo. »Johannisnacht = Mittsommernachtstraum...«
    »Der 23. Juni ist der Tag des Sommeranfangs.«
    »Dichterische Freiheit. Ich frage mich, wie es möglich ist, daß niemand bisher auf diese Symptome geachtet hat, auf diese so offenkundigen Evidenzen. Alles scheint mir von einer geradezu unerträglichen Klarheit.«
    »Wir sind durch das nationalistische Denken irregeleitet worden«, sagte Diotallevi. »Ich hab’s ja schon immer gesagt«
    »Laß Casaubon weiterreden, mir scheint, er hat eine exzellente Arbeit geleistet.«
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    »Da gibt’s nicht mehr viel zu sagen. Nach den Festlichkeiten in London kamen die Festlichkeiten in Heidelberg, wo Salomon de Caus für den Kurfürsten jene hängende Gärten angelegt hatte, von denen wir eine blasse Imitation in Piemont gesehen haben, Sie erinnern sich. Und im Verlauf dieser Festlichkeiten erscheint ein allegorischer Wagen, der den Bräutigam als Jason feiert, und auf den beiden Masten des Schiffes, das auf dem Wagen dargestellt ist, erscheinen die Symbole des Goldenen Vlieses und des Hosenbandordens, ich hoffe, Sie haben nicht vergessen, daß dieselben Symbole auch an den Säulen in Tomar erscheinen... Alles fügt sich zusammen. Im folgenden Jahr erscheint die Fama, dann die Confessio — die Manifeste der Rosenkreuzer sind das Signal, das die englischen Templer, nachdem sie sich der Hilfe einiger Freunde in Deutschland versichert haben, durch ganz Europa schicken, um die Fäden des unterbrochenen Planes wieder zusammenzuknüpfen.«
    »Aber worauf genau wollen sie hinaus?«
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    Nos inuisibles pretendus sont (à ce que l’on dit) au nombre de 36, separez en six bandes. *
    Effroyables pactions faictes entre le diable & les pretendus Inuisibles, Paris 1623, p. 6
    »Vielleicht versuchen sie eine doppelte Operation: einerseits ein Signal an die Franzosen zu senden und andererseits die verstreuten Teile der deutschen Gruppe wieder zusammenzufügen, die vermutlich durch die lutherische Reformation zerschlagen worden war. Vom Erscheinen der Manifeste bis etwa 1621 erhielten deren Verfasser eine Flut von Antworten...«
    Ich nannte einige der zahllosen Schriften, die zum Thema erschienen waren, jene, an denen ich mich damals mit Amparo in Salvador da Bahia delektiert hatte. »Vermutlich gab es unter all diesen Leuten einige, die etwas wußten, aber sie gingen unter in einem Gewimmel von exaltierten Spinnern, von Enthusiasten, die die Manifeste wörtlich nahmen, von Provokateuren, die die Operation zu behindern suchten, von Betrügern und Schwindlern... Die Engländer versuchten, in die Debatte einzugreifen und sie zu steuern, nicht zufällig schreibt Robert Fludd, ein anderer englischer Templer, im Laufe eines einzigen Jahres drei Werke, um die richtige Interpretation der Manifeste zu suggerieren... Aber die Reaktion ist jetzt unkontrollierbar geworden, der Dreißigjährige Krieg hat angefangen, der pfälzische Kurfürst ist von den Spaniern geschlagen worden, die Pfalz und Heidelberg werden geplündert, Böhmen steht in Flammen... Die Engländer beschließen, sich nach Frankreich zurückzuziehen und es dort zu versuchen. Und so kommt es, daß sich die Rosenkreuzer 1623 in Paris mit ihren Plakaten melden, auf denen sie den Franzosen mehr oder weniger dieselben Angebote
    * Unsere angeblich Unsichtbaren sind (nach dem, was man sagt) 36 an der Zahl, geteilt in sechs Gruppen.
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    machen wie vorher den Deutschen. Und was liest man in einem der Pamphlete gegen die Rosenkreuzer in Paris, geschrieben von einem, der ihnen mißtraute oder sie anschwärzen wollte? Daß sie Teufelsanbeter seien, natürlich, aber da man auch in der Verleumdung nie ganz die Wahrheit unterdrücken kann, insinuiert er, daß sie sich im Marais versammelten.«
    »Na und?«
    »Ja, kennen Sie denn Paris nicht?

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