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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Dee in Wirklichkeit gar nicht so sehr an der Entdeckung fremder Weltgegenden interessiert war, sondern an ihrer kartographischen Darstellung, und deswegen arbeitete er in Kontakt mit Mercator und Ortelius, zwei großen Kartographen. Es sieht so aus, als hätte er aus den Fragmenten der Botschaft, die er in Händen hielt, begriffen, daß die ganze Botschaft am Ende zur Entdeckung einer Karte führen mußte, und so versuchte er nun, diese Karte auf eigene Faust zu entdecken. Ja, ich wäre sogar versucht, noch mehr zu sagen, wie Signor Garamond. Sollte einem Gelehrten von seinem Kaliber wirklich die Diskrepanz zwischen den beiden Kalendern entgangen sein? Was, wenn er das Treffen mit Absicht verpatzt hätte? John Dee sieht mir ganz so aus, als hätte er die Botschaft für sich allein rekonstruieren wollen, um so die fünf anderen Gruppen auszu-schalten. Ich habe den Verdacht, daß mit ihm die Idee auftaucht, man könne die Botschaft mit magischen oder wissenschaftlichen Mitteln rekonstruieren, ohne zu warten, daß der Plan sich erfüllt. Syndrom der Ungeduld. Genau zu dieser Zeit entsteht der Typus des bürgerlichen Eroberers, es trübt sich das Solidaritätsprinzip, auf dem die spirituelle Ritterschaft beruhte. Und wenn John Dee so dachte, dann sicher erst recht Francis Bacon. Von nun an versuchen die Engländer, das Geheimnis zu lüften, indem sie alle Geheimnisse der neuen Wissenschaft nutzen.«
    »Und die Deutschen?«
    »Die Deutschen, die lassen wir lieber den Weg der Tradition beschreiten. So können wir mindestens zwei Jahrhunderte Philosophiegeschichte erklären — angelsächsischer Empi-rismus gegen romantischen Idealismus...«
    »Wir sind dabei, schrittweise die Geschichte der Welt zu rekonstruieren«, sagte Diotallevi. »Wir sind dabei, das Buch neu zu schreiben. Das gefällt mir, das gefällt mir!«
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    Ein anderer kurioser Fall von Kryptographie
    wurde dem Publikum 1917 von einem der besten
    Biographen Bacons, dem Dr. Alfred von Weber-
    Ebenhoff aus Wien, vorgelegt. Ausgehend von
    den bereits an den Werken Shakespeares erprob-
    ten Systemen, unternahm er es, sie auf die Werke von Cervantes anzuwenden... Im Verlauf dieser
    Untersuchung entdeckte er einen verblüffenden
    konkreten Beweis: die erste englische Überset-
    zung des Don Quijote von Shelton weist handschriftliche Korrekturen von Bacon auf. Er schloß daraus, daß diese englische Fassung das Original des Romans sei und daß Cervantes nur eine spanische Übersetzung davon veröffentlicht habe.
    J. Duchaussoy, Bacon, Shakespeare ou Saint-Germain?, Paris, La Colombe, 1962, p. 122
    Daß Jacopo Belbo in den folgenden Tagen gierig historische Werke über die Zeit der Rosenkreuzer verschlang, scheint mir evident. Doch als er uns dann erzählte, zu welchen Schlüssen er gelangt war, lieferte er uns von seinen Phantasien nur das nackte Faktengerüst, aus dem wir freilich wertvolle Anregungen bezogen. Heute weiß ich, daß er in Wahrheit dabei war, an Abulafia eine weit komplexere Geschichte zu schreiben, in der sich das zügellose Zitaten-spiel mit seiner Privatmythologie vermischte. Angesichts der Möglichkeit, Fragmente einer Geschichte anderer zu kombinieren, fand er langsam wieder den Drang, in narrati-ver Form die eigene Geschichte zu schreiben. Uns sagte er das nie. Und mir bleibt der Zweifel, ob er nur mit einigem Mut seine Fähigkeiten zum Ausdruck einer Fiktion erprobte, oder ob er nicht schon dabei war, sich selbst wie irgendein Diaboliker in die Große Geschichte, die er da verdrehte, hin-einzuversetzen,
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    Filename: Das seltsame Kabinett des Doktor Dee
    Lange Zeit habe ich vergessen, daß ich Talbot bin. Spätestens seit ich beschlossen hatte, mich Kelley zu nennen. Im Grunde hatte ich nur Dokumente gefälscht, das tun alle. Die Männer der Königin sind gnadenlos. Um meine armen abgeschnittenen Ohren zu verdecken, bin ich gezwungen, diese schwarze Mütze zu tragen, und alle tuscheln, ich sei ein Magier. Sei’s drum. Doktor Dee lebt gut, ja prosperierend von diesem Ruf.
    Ich war nach Mortlake gefahren, um ihn zu besuchen, und fand ihn über eine Karte gebeugt. Er blieb vage, der diabolische Alte.
    Nur düsteres Glimmen in seinen listigen Augen, und die knochige Hand, die den Ziegenbart kraulte.
    — Das ist ein Manuskript von Roger Bacon, sagte er mir. Kaiser Rudolf II. hat es mir geliehen. Kennen Sie Prag? Sie sollten es einmal besuchen. Sie könnten dort etwas finden, was Ihr Leben verändern würde. Tabula locorum rerum etthesaurorum

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