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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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abscon-ditorum Menabani...
    Flüchtig sah ich ein Stückchen der Transkription, die er von einem Geheimalphabet zu machen versuchte. Doch sofort verbarg er das Manuskript unter einem Stapel anderer vergilbter Papiere. Wie schön, in einer Epoche zu leben, und einer Umgebung, in der jedes Blatt, auch wenn es eben erst aus der Werkstatt des Papiermachers kommt, schon vergilbt ist...
    Ich hatte dem Doktor einige Proben von mir gezeigt, vor allem meine Gedichte über die Dark Lady. Hell leuchtendes Bild meiner Kindheit; dunkel, da aufgesogen vom Schatten der Zeit und meinem Besitz entzogen... Und ein tragisches Stück von mir, die Geschichte von Surabaya-Jim, der im Gefolge von Sir Walter Raleigh nach England zurückkehrt und entdeckt daß der Vater getötet wurde, ermordet vom inzestuösen Bruder. Bilsenkraut.
    — Sie haben Talent, Kelley, hatte Dee gesagt. Und Sie brauchen Geld. Da ist ein junger Mann, natürlicher Sohn von Sie wagen gar nicht zu denken wem, dem ich zu Ruhm und Ehren verhelfen will.
    Er hat wenig Talent, Sie werden seine geheime Seele sein. Schreiben Sie, und leben Sie im Schatten seines Ruhmes, nur Sie und ich werden wissen, daß es der Ihre ist, Kelley.
    So sitze ich nun seit Jahren und schreibe die Stücke, die für die Königin und für ganz England unter dem Namen dieses blassen Jünglings laufen. If l have seen further, it is by Standing on ye sholders of a Dwarf. Ich war dreißig Jahre alt, und ich werde 486
    niemandem erlauben zu sagen, dies sei das schönste Lebensalter.
    — William, sagte ich, laß dir die Haare über die Ohren wachsen, das steht dir. — Ich hatte einen Plan (mich an seine Stelle zu setzen?).
    Kann man leben, indem man den Schüttelspeer haßt, der man in Wirklichkeit ist? That sweet thief which sourly robs from me. —
    Ruhig, Kelley, sagte Dee, im Schatten heranzuwachsen ist das Privileg dessen, der sich anschickt, die Weit zu erobern. Keepe a Lowe Profyle. William wird eine unsrer Tarnungen sein... Und er enthüllte mir (alas! nur zum Teil) das Kosmische Komplott. Das Geheimnis der Templer!
    — Um was geht es dabei? fragte ich.
    — Ye Globe.
    Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen, jedoch eines späten Abends, um Mitternacht, stöberte ich in Dees privater Schatulle, entdeckte Formeln und wollte die Engel anrufen, wie er es in Vollmondnächten tut. Dee fand mich zusammengebrochen, mitten im Kreis des Makrokosmos, wie niedergestreckt von einem Peitschenhieb. Auf der Stirn das Pentaculum Salomonis. Nun muß ich die Mütze noch tiefer in die Stirn ziehen.
    — Du weißt noch nicht, wie man das macht, sagte Dee. Sei auf der Hut, oder ich lasse dir auch die Nase abreißen, l will show you Fear in a Handful of Dust...
    Er hob eine knochige Hand und sprach das schreckliche Wort: Garamond! Ich fühlte in mir eine Flamme brennen. Ich floh (in die Nacht).
    Es brauchte ein Jahr, bis Dee mir verzieh und mir sein Viertes Buch der Mysterien widmete, »post reconciliationem kellianam«.
    In jenem Sommer war ich von abstrakten Leidenschaften ergriffen. Dee hatte mich nach Mortlake gerufen, wir waren vollzählig bei ihm versammelt: ich, William, Spenser und ein junger Aristokrat mit fliehendem Blick, Francis Bacon. He had a delicate, lively, hazel Eie. Doctor Dee told me it was like the Eie of a Viper. Der Alte enthüllte uns einen Teil des Kosmischen Komplotts. Es ging darum, in Paris den fränkischen Flügel der Templer zu treffen und zwei Teile einer Karte zusammenzusetzen. Dee und Spenser sollten hinfahren, begleitet von Pedro Nuñez. Mir und Bacon vertraute er Dokumente an, und wir mußten schwören, sie nur zu öffnen, falls sie nicht wiederkämen.
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    Sie kamen wieder, einander heftig beschimpfend. — Das ist ganz unmöglich! rief Dee. Der Plan ist mathematisch exakt, er hat die astrale Perfektion meiner Monas Ieroglyphica. Wir mußten sie treffen, es war die Johannisnacht!
    Ich hasse es, unterschätzt zu werden. Ich fragte ihn:
    — Die Johannisnacht für uns oder für sie?
    Dee schlug sich die Hand vor die Stirn und stieß gräßliche Flüche aus. — Oh, rief er, from what power hast thou this powerful might? — Der blasse William notierte sich den Satz, der feige Plagiator. Dee konsultierte fieberhaft Kalender und Ephemeriden,
    — Gottverdammt, Gottverflucht, wie konnte ich nur so blöd sein?!
    — Er beschimpfte Pedro Nuñez und Spenser. — Muß ich denn an alles denken? Hundsfott von einem Kosmographen! brüllte er Nuñez an. Dann rief er laut: Amanasiel! Zorobabel! Und

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