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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Albernheiten — ja, so. Mm, gut, diese Mamaya, rosencreutzlische Mammi-ja-ja ... Aber hör weiter, hast du das gewusst: Was die ersten Rosenkreuzer in den ersten Jahren geschrieben haben, das hätte die wahrheitsbegierige Welt erleuchten können.«
    »Was haben sie denn geschrieben?«
    »Tja, da ist der Haken, das Manifest schweigt sich darüber aus. Erst machen sie einem den Mund wässrig, und dann nix. Scheint, die Sache ist furchtbar wichtig, so furchtbar wichtig, dass sie geheim bleiben muss.«
    »Blöde Hunde.«
    »Nicht doch, aua, lass das! Also jedenfalls diese Rosenkreuzer, wie sie sich vermehren, beschließen sie, sich in alle Himmelsrichtungen zu zerstreuen, mit der Verpflichtung, die Kranken gratis zu pflegen, keine Kleider anzuziehen, die sie kenntlich machen, sich überall den Landesbräuchen anzupassen, sich einmal im Jahr zu treffen und hundert Jahre geheim zu bleiben.«
    »Entschuldige, aber was für 'ne Reformation wollten sie denn machen, wo doch gerade erst eine gewesen war? Was war denn Luther für sie, bloß 'n Dreck?«
    »Nein, das war doch alles noch vor der protestantischen Reformation. Hier steht in einer Fußnote, bei aufmerksamer Lektüre der Fama und der Confessio ist zu entnehmen ...«
    »Von wem?«
    »Wenn etwas zu entnehmen ist, ist es zu entnehmen. Egal von wem. Von der Vernunft, vom gesunden Menschenverstand ... He, was hast du denn? Wir reden von den Rosenkreuzern, das ist 'ne ernsthafte Sache ...«
    »Ach ja?«
    »Also, wie zu entnehmen ist, wird der Rosencreutz 1378 geboren und stirbt 1484 im schönen Alter von hundertsechs Jahren, und so ist es nicht schwer zu erraten, dass die geheime Brüderschaft nicht wenig zu jener Reformation beigetragen hat, die 1615 ihr hundertjähriges Jubiläum beging. Zumal auch Luther in seinem Wappen eine Rose und ein Kreuz hatte.«
    »Wie einfallsreich.«
    »Was willst du, sollte Luther vielleicht eine brennende Giraffe oder eine zerfließende Uhr in sein Wappen tun? Jeder ist ein Kind seiner Zeit. Ich habe kapiert, wessen Sohn ich bin, also sei still und lass mich weiterlesen. Um 1604 finden die Rosenkreuzer, während sie einen Teil ihres geheimen Palastes oder Schlosses restaurieren, einen Stein mit einem großen Nagel drin. Sie ziehen den Nagel raus, ein Teil der Mauer fällt runter, es erscheint eine Tür, und auf der steht in großen Lettern geschrieben: POST CXX ANNOS PATEBO...«
    Obwohl ich die Formel aus dem Brief von Belbo kannte, rief ich unwillkürlich: »Mein Gott!«
    »Was ist?«
    »Das klingt ja wie ein Dokument der Templer, das ich ... Eine Geschichte, die ich dir nie erzählt habe, von einem gewissen Oberst ...«
    »Na und? Die Templer haben halt von den Rosenkreuzern abgeschrieben.«
    »Aber die Templer waren vorher da.«
    »Na dann haben halt die Rosenkreuzer von den Templern abgeschrieben.«
    »Liebling, ohne dich wäre ich verloren.«
    »Liebling, dich hat dieser Agliè ganz verdorben. Du erwartest dir eine Offenbarung.«
    »Ich? Ich erwarte mir gar nichts.«
    »Na Gott sei Dank, hüte dich vor dem Opium der Völker.«
    »El pueblo unido jamás será vencido.«
    »Mach du dich nur lustig. Lies weiter, lass mich hören, was diese Kretins gesagt haben.«
    »Diese Kretins haben alles in Afrika gelernt, hast du das vergessen?«
    »In Afrika waren sie damals schon dabei, uns einzupacken und hierherzuverschicken.«
    »Dank dem Himmel dafür. Du hättest in Pretoria zur Welt kommen können.« Ich küsste sie und fuhr fort: »Hinter der Tür entdecken sie eine Grabkammer mit sieben Seiten und sieben Ecken, wunderbarerweise erleuchtet von einer künstlichen Sonne. In der Mitte ein runder Altar, geschmückt mit diversen Figuren und Schriften, vom Typus NEQUAQUAM VACUUM ...«
    » Ne quà quà? Gezeichnet Donald Duck?«
    »Das ist Latein, schon mal davon gehört? Heißt soviel wie: ›Es gibt kein Vakuum.‹«
    »Na Gott sei Dank, stell dir vor, wie grässlich sonst.«
    »Machst du mir bitte den Ventilator an, animula vagula blandula?«
    »Aber es ist doch Winter.«
    »Für euch von der falschen Hemisphäre, mein Schatz. Wir haben Juli, also bitte sei so lieb und mach mir den Ventilator an — nicht weil ich der Mann bin, sondern weil er auf deiner Seite ist. Danke... Also, unter dem Altar finden sie den unversehrten Leichnam ihres Gründers. In der Hand hält er ein Liber T, angefüllt mit unendlicher Weisheit, nur leider darf die Welt sie nicht erfahren — sagt das Manifest —, sonst gulp, wow, brr, sguisssh!«
    »Au!«
    »Sag ich doch.

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