Das Frauen-Hormone-Buch
immer wieder gegeben. Die wenigsten waren erfolgreich und gleichzeitig sicher. Die meisten Appetitzügler mussten im Laufe der Jahre wegen schwerer unerwünschter Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen werden.
Auf die ideale Pille zum Abnehmen werden wir also auch weiterhin wohl noch warten müssen. Bis dahin gilt die uralte und wenig attraktive Erkenntnis: Wer abnehmen will, kommt nicht darum herum, selbst aktiv zu werden. Übergewicht ist noch immer im Wesentlichen die Folge einer positiven kalorischen Bilanz. Das bedeutet: Es werden mehr Kalorien zugeführt als verbraucht. Daraus ergeben sich zwei Behandlungsmöglichkeiten. Die eine besteht darin, weniger Kalorien zuzuführen – die andere, mehr Kalorien zu verbrauchen. Ersteres gelingt durch eine verminderte Nahrungszufuhr, zweites durch vermehrte Bewegung. Eigentlich alles ganz einfach. Aber bekanntlich sind es ja zumeist die simplen Dinge, die am schwersten in die Praxis umzusetzen und vor allem über einen längeren Zeitraum durchzuhalten sind.
Designerhormone
In den Labors der Universitäten und der pharmazeutischen Industrie sind eine Fülle von synthetischen Geschlechtshormonen entstanden – alle Gestagene und viele Östrogene kommen nicht in der Natur vor, sondern verdanken ihre Entstehung dem Reagenzglas. Dabei wurden die Forscher immer ehrgeiziger: Gesucht werden inzwischen Substanzen, die nur noch einen, ganz speziellen Teil der Östrogen- oder Gestagenwirkung haben, z. B. nur in einem Organ wirken und in allen anderen nicht. »Selektive Hormonmodulatoren« oder »Gestagene mit therapeutischem Zusatznutzen« lauten die vielversprechenden Spezialbegriffe. Mit solchen Substanzen kann man weitaus gezielter behandeln als mit den »Breitbandhormonen«.Zwei dieser Designerhormone wollen wir Ihnen hier vorstellen.
SERMs gegen Osteoporose
SERM steht als Abkürzung für Selektive-Estrogen-Rezeptormodulatoren – ein weiteres jener Wortungetüme, die inzwischen die medizinische Fachsprache beherrschen. Was steckt dahinter? Zunächst einmal die Erkenntnis, dass es im menschlichen Körper zwei verschiedene Hormonrezeptoren (→ Seite 17 ) gibt – die Schlösser zum Aufschließen der Zellen. Je nach Organ sind diese Rezeptoren verschieden verteilt und haben auch unterschiedliche Wirkungen – mal wirken sie stimulierend, mal hemmend. Werden diese Rezeptoren gezielt (selektiv) aktiviert, können mit der gleichen Substanz sowohl östrogene als auch antiöstrogene Effekte erzielt werden. Genau dies tun SERMs, die inzwischen eine ganze Gruppe von Wirkstoffen sind. Da wo die Östrogenwirkung erwünscht ist, also etwa am Knochen, wirken sie wie Östrogene. Dort wo die Östrogenwirkung eher unerwünscht ist – das ist vor allem an der Brust –, wirken sie wie Antiöstrogene. Haben wir damit also nicht das ideale Präparat für die Wechseljahre? Nicht ganz. Zum einen gehen SERMs, wie die klassischen Hormonersatzpräparate auch, mit einem leicht erhöhten Thromboserisiko einher. Zum anderen wirken sie nicht gegen psychovegetative Symptome wie Hitzewallungen oder depressive Verstimmungen. Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall. Für eine Patientin mit akuten Wechseljahrbeschwerden sind SERMs daher nicht die richtige Wahl. Ihren Platz haben sie daher hauptsächlich bei älteren Frauen in der Therapie der Osteoporose. Künftige Generationen von SERMs könnten auch zur Prophylaxe des Brustkrebses eingesetzt werden.
Tibolon bei Lustmangel
Tibolon (Liviella ® ) ist eigentlich ein Gestagen, also ein synthetisches Gelbkörperhormon. Nach dem Einnehmen wird es im Körper in unterschiedliche Substanzen weiter verstoffwechselt. Diese Substanzen haben teilweise östrogene, teilweise gestagene und teilweise auch androgene Wirkungen. Dies hat mehrere Vorteile. Zum einen wird die Gebärmutterschleimhaut nicht stimuliert, es kommt also nicht zu unerwünschten Blutungen. Auch die Brust wird nur wenig belastet. Insbesondere Frauen, die schon auf niedrig dosierte Östrogenpräparate mit Brustspannen reagieren, profitieren also von der Tiboloneinnahme. Was Tibolon von anderen Hormonersatzpräparaten darüber hinaus unterscheidet, ist die Tatsache, dass es auch einen leicht androgenen Effekt hat, also wie ein männliches Geschlechtshormon wirkt. Ein Mangel an Androgenen führt bei Frauen zu unterschiedlichen Symptomen. Der Verlust des sexuellen Verlangens (Hormone und Sexualität, → Seite 72 ) ist dabei an erster Stelle zu nennen. Steht diese Problematik im Vordergrund, so
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