Das Frauenkomplott
deshalb versuchte ich es trotzdem vergeblich auf ihrem Handy.
Ich musste unbedingt mit ihr sprechen. Ich dachte erneut an meinen Traum, vor allem aber an das gestrige Gespräch mit Ruth und an das vor mir liegende. Ich hatte Ruth nervös gemacht. Und möglicherweise hatte ich etwas in diese eigenartigen Andeutungen von Mari fantasiert, die sie bei Licht besehen gar nicht gemeint hatte. Es wurde eilig damit, ich wurde ganz ungehalten, dass ich Mari nicht erreichte, und wählte sie fast halbstündlich an. Sie musste doch meine Nummer auf ihrer Liste haben. Warum rief sie, verdammt noch mal, nicht zurück? Außerdem interessierte mich der »arme« Manuel.
Also brachte ich das mit Ruth hinter mich.
»Karoline, mir ist erst hinterher klar geworden, was du da gesagt hast. Soll das heißen, du willst Friedbert bestehlen? Karoline, stürz dich nicht ins Unglück.«
»Ruth, damit wir überhaupt weitersprechen können, sollten wir die Begrifflichkeiten klären. Nicht ich will Friedbert bestehlen, er hat dich bestohlen.«
Wir sprachen eine halbe Stunde darüber, dass das keine Wortklauberei sei, sondern zwischen uns klar sein müsse. Ansonsten hätte ich gar nichts vor, wir sollten uns unbedingt mit Mari treffen. Ruth gab sich erst zufrieden, als ich mehrfach beteuerte, meine Fantasie sei einfach mit mir durchgegangen.
*
Am nächsten Tag regelte ich mit Beate meinen Urlaubstag und die Abwesenheit wegen der Reise, und fühlte mich dabei ziemlich gut. Geschäftsfrau auf Reisen, erster Teil. Ich versuchte, wie es sich anfühlt und wollte von Stund an alles um mich herum mit der Gelassenheit einer Frau von Welt betrachten.
Diese letzten paar Wochen im Museum sollten richtig schön werden. Jerôme hatte Urlaub und auch seine schlanke Praktikantin wollte in die Ferien. Jerôme hatte am vergangenen Freitag seinen letzten Arbeitstag gehabt, sie wollte heute »die Fliege machen«, wie sie mir überflüssigerweise mitteilte. Dann erzählte sie ausgerechnet mir, die das nur ganz entfernt interessierte, dass sie nach Amrum fahre, sie liebe den Norden und die weiten weißen Strände. Schließlich wusste das gesamte Museum bis in die letzten Ecken des Archivs, dass Jerôme immer ins Roussillon fährt.
Während sie mir vom Wind auf den Nordseeinseln erzählte, platzierte sie einen Stapel Bücher, den sie unter den Arm geklemmt hielt, und einige ihrer Papiere in das Regal hinter mir. »Wenn es dich nicht stört!«
Es störte mich nicht, das Einzige, was mich störte, war, dass ich Melanie, als sie vor einem halben Jahr im Museum angefangen hatte, in einer demokratischen, kollegialen Anwandlung das Du angeboten hatte. Das war nun nicht mehr rückgängig zu machen. Dass sie ihre Sachen dort ablegte, amüsierte mich eher. Ich drehte mich mit dem Schreibtischstuhl, sah ihr zu und wartete darauf, dass sie mir damit käme, dass Jerôme ihr das Büro hier vorübergehend angewiesen hätte, da fiel mein Blick auf einen nicht museal anmutenden Buchrücken. Ich stand auf und legte ihr den Klett Französisch-Grundwortschatz, der zwischen dem Handwörterbuch der Symbole und der Emblemata steckte, ganz nach oben auf den Stapel und lächelte sie mit all meiner gewinnenden Herzlichkeit an. Sie griff sich das Buch und drehte wortlos ab.
Meinen kleinen Triumph konnte ich nicht lange genießen. Das Telefon klingelte.
»Hallo, hier ist Mari!«
Ich winkte Beate zu, die sich gerade mit einem Eistee zu mir setzen wollte, und bedeutete ihr, dass sie die Türe schließen solle. Beate machte Faxen und pantomimische Verrenkungen, die mich wohl fragten, ob der Anruf von Mautzenbach sei? Das signalisierte sie mir mit zwei erhobenen Händen, die eine Krone über ihrem Kopf bildeten, und mit fünf erhobenen Fingern – für die fünf Zacken. In der Mittagspause hatte sie allen Nachhilfe in Adelsfragen gegeben. Benjamin wurde von ihr ausführlich über das Kunst-Event bei von Mautzenbach informiert, denn er hatte lieber mit seinem Freund ein verlängertes Wochenende in Ahrenshoop verbracht und arglos gefragt, ob es sich bei Mautzenbach denn um einen Baron, Grafen oder eine Durchlaucht handeln würde.
Daraufhin machte Beate uns alle fit in Sachen Adelskronen – und meinte, dass, wer es auf blaues Blut abgesehen habe, immer darauf achten solle, dass der Blaublütige auch genügend Zacken in der Krone habe. Da die Herzoge mit ihren neun Zacken in Europa eher dünn gesät sind, vor allen Dingen diejenigen, die noch auf dem Beziehungsmarkt gehandelt werden und
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