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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
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wunderschön. Schade, dass die Kinder in der Schule heute so wenig singen!«
    Da wurde ich den Text des Liedes, das ich vorher gedanken- und wortlos gesummt hatte, nicht mehr los und als ich unter der Dusche stand – sang ich – das erste Mal in meinem Leben: Ach wie ist’s möglich dann …

15. Kapitel
    Die Reise im Zug zum Picasso-Verkäufer machte ich doch wieder zweiter Klasse. Aber anders als vor über zwei Monaten war der Zug diesmal fast leer und ich traf niemanden. Es ging mir so gut, dass ich nur schöne Menschen sah und mich schon in der U-Bahn fragte, wo die ganzen Monster geblieben waren, die sonst in den Morgenstunden durch das unterirdische Berlin zu hasten pflegen und die öffentlichen Verkehrsmittel bevölkern. Ein dünner Mann mit schmalem Gesicht und großen Augen stieg am Ernst-Reuter-Platz ein und begrüßte mit vorgerecktem Hals und spitzer Nase jeden Fahrgast mit Handschlag. »Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen, mein Herr«, und auch mich strahlte er an: »Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag, gnädige Frau!« Die Menschen dieses Waggons lächelten mindestens noch zehn Minuten. Alle schienen zu denken, dass der eigentliche Wahnsinn darin besteht, sich täglich selbst die Laune zu verderben und sein Gegenüber so böse anzustarren, wie man sich selbst fühlt. Ich lächelte ohnehin schon, und so hielt sich mein inneres Lächeln den ganzen Tag. Auch im Zug waren nur freundliche Menschen unterwegs und niemand guckte verkniffen. Der Bistrowagen war offen, und selbst wenn er geschlossen gewesen wäre, hätte es mir nichts ausgemacht. Heute ging es mir gut, und nichts, aber auch gar nichts konnte mich aus der Bahn werfen.
    Im Zug von Berlin nach Regensburg träumte ich vom Hoffest bei Mari. Drei Wochen waren eine sehr, sehr lange Zeit. Damit ich mich aber mit Manuel Schröder beschäftigen konnte, hatte ich mir aus Beates Regal ein Buch über niedersächsische Fachwerkbauten mitgenommen, das sie wahrscheinlich von irgendeinem ihrer Besuche bei der westdeutschen Verwandtschaft mitgebracht hatte – und außerdem hatte ich noch ein kleines Fachbuch »Holzverbindungen« erstanden. Darin konnte ich allerlei über Zapfen und Zinken lesen, war damit aber im falschen Metier. Manuel war Zimmermann, nicht Tischler. Aber es ging um Holz, und damit fühlte ich mich wenigstens ein bisschen in seiner Nähe.
    Das Geschäft mit meinem Picasso-Verkäufer, einem Herrn Schlumpeter, ging ruckzuck über die Bühne. Wir waren uns schon vorher einig über den Preis, es handelte sich um die angegebene Grafik, ich konnte sie in Augenschein nehmen, Signatur und Nummer prüfen und in vier Wochen sollte das Geschäft abgewickelt werden. Bis dahin musste ich noch Versicherung und Transport organisieren. Dass ich auch noch ein Geschäftskonto einrichten und mich beim Finanzamt anmelden müsste, erzählte ich ihm nicht. Er musste ja nicht unbedingt wissen, dass ich das hier zum ersten Mal machte. Herr Schlumpeter lud mich zum Essen ein, seine Haushälterin hatte Saumagen gemacht. Das war mein erster Saumagen und der Tag, als ich das erste Geschäft auf eigene Rechnung abwickelte.
    So geht das also. Im Zug zurück brauchte ich diesmal nicht die Finger, sondern nahm meinen Taschenrechner, um auszurechnen, wie viele Monate ich von dem prozentualen Anteil an der Vermittlung leben konnte. Das trug weiter zur Hebung meiner Stimmung bei. Also erlaubte ich mir ein Taxi vom Hauptbahnhof in meine Wohnung und lag um 22.00 Uhr, noch besser gelaunt als am Morgen, wieder in meinem Balkonsessel, Beine hoch, und stieß mit mir an.
    Das augenblickliche Minus hatte ich bereits in Regensburg vergrößert um den Preis einer Flasche Veuve Clicquot, von der ich zwar nicht wusste, wie sie schmeckt, aber den Namen kannte. Eine Frau, die einen Picasso vermittelt, sollte sich das leisten, fand ich.
    Hätte ich gewusst, dass ich das kann, hätte ich mich nicht jahrelang abgehechelt, um immer wieder und wieder Gelder aufzutreiben, damit meine Stelle irgendwie finanziert werden könnte. Aber – hämmerte mir Tante Hedwig ins Ohr – »Hätte, hätte, hätte … wenn meine Tante Räder hätte und stänke, wär’ sie ein Automobil«. Eine dümmere Bemerkung gibt es eigentlich nicht, brachte die Sache aber auf den Punkt. Solche Betrachtungen im Nachhinein sind sinnlos. Denn es fehlt ein entscheidender Aspekt – die Zeit. Ich hätte eben vor fünf Jahren nicht so souverän und entspannt mit einem Herrn Schlumpeter reden und mit ihm

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