Das Frauenkomplott
verabredeten für die Zeit nach dem Sommer noch fünf Sitzungen, um die Jahre, die wir zusammen verbracht hatten, abzuschließen. Daraufhin entließ mich Martha Baum und machte sich auf nach Formentera, wo sie aus mir unerfindlichen Gründen drei Wochen in einem Pool lungern wollte, um sich die Cocktails direkt im Wasser servieren zu lassen.
*
Ruth hatte den Schlüssel noch nicht zurückgegeben. Tobias war mit seinen Freunden immer noch irgendwo in Europa unterwegs und hatte diesen Schlüssel bis jetzt nicht vermisst, wenn er ihn denn je vermissen würde. Sie hatte mittlerweile selbst gar nicht mehr daran gedacht und wollte nachsehen, ob sie ihn überhaupt noch fände. Rosa war in Spanien geblieben und wollte in einigen Wochen kurz vor Semesterbeginn für ein oder zwei Wochen zu ihrer Mutter kommen. Rosa arbeitete in Salamanca in einer Tapas-Bar und wollte – sie hatte ja nun genügend Reisegeld – mit einem José, auf den Ruth gespannt war, erst wegen der Besichtigung der Bauwerke nach Rom fahren und anschließend wegen der wechselseitigen Besichtigung von Mutter und Freund nach Eickdorf kommen.
»Hoffentlich schlägt sich das nicht negativ auf ihr Studium nieder.« Ruth äußerte diese Befürchtungen mit einem Stoßseufzer. Wir telefonierten schon fast eine halbe Stunde und die Erzählungen von ganz normalen und nicht katastrophalen Geschichten passten in diesen schönen Abend. Wie üblich saßen wir gemeinsam draußen. Sie vor ihrer Diele, ich auf meinem Balkon.
Dass Rosa wegen eines José ihre Studien vernachlässigen könnte, war für mich nicht vorstellbar. Aber wer weiß? Eine Mutter macht sich aus Prinzip Sorgen – vor allen Dingen, wenn sie selbst weiß, was dabei herauskommen kann, wenn eine Frau sich selbst aus dem Mittelpunkt ihres eigenen Lebens rückt. Sie fürchtete, natürlich aus leidvoller Erfahrung, nichts Gutes.
Dieses Übel wollte ich jetzt ansprechen. »Wenn du das Geld, das dir zusteht, von Friedbert bekämest, aber ohne dass er wüsste, dass er es dir gibt, würdest du es annehmen?«
»Willst du mich auf den Arm nehmen, Karoline, warum redest du so kariert?«
Ich insistierte: »Nur rein hypothetisch, würdest du es annehmen?«
»Wenn er mir das Geld gäbe, das mir zusteht? Ja, sicher, es ist ja meins.« Ruth lachte auf und fuhr fort: »Aber Friedbert wird es mir nicht geben.«
»Deshalb sag ich ja: Wenn er nicht wüsste, dass er es dir gibt!«
Ruth lachte erneut, diesmal etwas schriller, und meinte, Friedbert wüsste, was Geld angeht, immer, was er tue, nämlich gut darauf achten, dass sie nichts davon bekomme.
»Ich habe doch erst heute Morgen von seinem widerlichen Anwalt, diesem Fissenewerth, ein Schreiben bekommen, nach der neuen Gesetzgebung sei sein Mandant nicht mehr genötigt, den Unterhalt in der Höhe zu zahlen, wie er es jetzt täte. Die Kinder seien schließlich aus dem Haus, ich sei fit, und sie wollten nun vor Gericht prüfen lassen, ob es für mich nicht zumutbar sei, meinen Unterhalt voll selbst zu leisten.« Ruth lachte bitter und schien sich etwas zu trinken einzuschenken. Den Exzess von damals vor Augen fürchtete ich das Schlimmste, vor allem glaubte ich, die gleiche Bitternis aus ihrer Stimme herauszuhören. Aber dann lachte sie, als hätte sie meine Befürchtungen gehört. »Keine Angst, Karoline, ich trinke hier selbst gepressten Orangensaft. Ich hab es mir richtig schön gemacht.«
Natürlich war sie außer sich gewesen vor Zorn. Erst brachte er sie um die Früchte ihrer Leistung und dann wollte er noch die Unterhaltszahlungen einstellen, obwohl sie niemals wirklich für sich selbst berufstätig gewesen war. Sie konnte nicht einfach »wieder einsteigen«. Sie hatte mich sofort anrufen wollen, letztlich aber gedacht, sie wolle nicht gleich hysterisch reagieren, deshalb hatte sie erst einmal einen Termin bei ihrer Anwältin vereinbart. Die Anwältin hatte sie beruhigt und war der Ansicht, dass sie in dieser Angelegenheit ganz gute Karten hätte.
Aber Ruth war es mittlerweile fast egal. Denn eines wollte sie nicht – sich das Leben vergällen lassen mit endlosen Zänkereien. Eigentlich wollte sie diese Sache innerlich abschließen. Sie freute sich an ihrem Hexenhaus und den netten Nachbarn im Dorf, sie hatte ihr knappes Einkommen in der Apotheke und überlegte gerade, mit Gerds Hilfe eine Art Kräuter-Gewürz-Heilgarten auf der großen Wiese anzulegen, um damit etwas zu verdienen. Gerd langweilte sich mit seinen verpachteten Milchquoten ohnehin den ganzen
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