Das Frauenkomplott
einen Intelligenzquotienten über 89 haben, und die siebenzackigen Grafen auch eher selten seien, empfahl sie, sich doch um fünfzackige Barone zu bemühen. Davon gäbe es genug, wenn auch nicht alle Geld hätten. Von den einfachen drei Zacken riet sie, die Finger zu lassen, niederer Adel, da lohne sich ja die Mühe kaum. Es war ein lustiges Mittagspäuschen und Beate in ihrem Element.
Als sie mir also die fünf Zacken symbolisierte, schüttelte ich den Kopf und wedelte sie samt Eistee aus meinem Büro, das ich ja jetzt eigentlich gar nicht mehr so nennen konnte, wo Jerômes Wurst sich hier schon begann niederzulassen.
»Endlich, Mari, ich habe gestern den ganzen Abend versucht, dich zu erreichen!«
Mari wollte eigentlich gar nichts Besonderes, sondern nur plaudern und fragen, ob ich denn an dem Wochenende in drei Wochen Zeit hätte. Ihr Nachbar aus dem Erdgeschoss, der ihr das Fahrrad geliehen hatte, war der Gemeinschaftsmensch in ihrem Haus. Er hatte alle Parteien des Hauses dazu gebracht, in dem gemeinschaftlich genutzten Hofgarten einen Sommertanz zu veranstalten.
»Sommertanz?«
»Ja, er tanzt gern – na, eigentlich ist das nur der Name, es ist eine ganz normale Gartenparty, schon lange geplant, zu der alle Mietparteien ein paar Gäste einladen. Und mich hat er erst zu spät erreicht, weil ich so häufig unterwegs bin. Hast du Lust zu kommen?«
»Ja, klar! Warum nicht!«
»Warum hatte ich dich denn 35 Mal auf meiner Anrufliste?«
Ich druckste ein bisschen herum, es ginge um das, was sie über Friedbert gesagt habe, und das habe mich so beschäftigt, und ich hätte da eine etwas gewagte Idee, und wollte schon ansetzen, ihr umständlich den Traum zu erzählen, da unterbrach sie mich und verblüffte mich ein weiteres Mal, sodass meine ganze Aufregung der letzten beiden Tage sich in Luft auflöste: »Ich finde, dass wir uns zusammensetzen und in Ruhe besprechen sollten, ob es sich lohnt, dass ich mich weiter mit Herrn Hansen treffe – für uns alle!«
Das war ein Wort.
»Gut!« Was sollte ich dazu noch weiter sagen? Bis zu unserem Wiedersehen in knapp drei Wochen konnte ich meine Überlegungen etwas präzisieren und noch einige Dinge klären. Aber die geheimnisvolle Ansage von ihr über den »armen« Manuel im Kopf, wollte ich mich nicht gleich verabschieden, aber auch nicht direkt nachfragen.
»Ja – dann bis zu deinem Spätsommer-Hoffest«, sagte ich gedehnt, wie um mich zu verabschieden.
»Ja. Bis zum Hoffest.« Mari machte eine Pause. »Manuel kommt aber auch!«
Mir stockte einen Moment das Herz. »Ach ja, der ›arme‹ Manuel – was soll ich denn mit dem armen Kerl gemacht haben?« Aber Mari konnte ich da mit meinem Versuch, lapidar zu klingen, nichts vormachen, selbst in meinen eigenen Ohren klang das völlig unglaubwürdig.
Sie hatte erst nach dem Wochenende mit ihm telefoniert und da hatte er ihr erzählt, was es von Zimmermanns Seite aus zu ihrer Wohnung zu sagen gab, zu guter Letzt hatte er wohl über meinen Auftritt gesprochen. Als sie mir das berichtete, schoss mir das Blut in den Kopf. Sofort waren der demütigende Abend und meine unsägliche Unfreundlichkeit wieder gegenwärtig. Und ich war auf der Stelle unglücklich.
»Er sagte, du könntest ihn nicht leiden.«
»Wie kommt er denn darauf?« Ganz unverständlich war seine Einschätzung nach diesem Ausflug nach Lichterfelde nicht. Allerdings war es genau umgekehrt. Ich konnte ihn zu gut leiden.
»Das stimmt nicht, ich war nicht gut drauf«, wollte ich Mari mein Verhalten verständlich machen.
»Das hab ich ihm auch so erklärt. Aber er war ganz zerknirscht. Schließlich hat er mich darum gebeten, diese Besichtigung mit dir zu arrangieren.«
Meinen Körper durchschoss eine heiße Welle vom Schambein bis an die Zungenspitze. Dann hatte ich das Gefühl, dass sich Wolken unter meiner Schädeldecke versammelten. Und mir wurde heiß. Sie hatte das alles in die Wege geleitet – aber nicht mir zuliebe, sondern weil er das wollte.
»Hey!«
Den letzten Teil meines Gedankens sagte ich mir noch einmal auf, weil er so schön war: Ihm zuliebe hatte sie das arrangiert.
»Hallo!«, rief Mari wieder.
»Ja, ich bin noch hier. Aber ich schwebe gerade über meinem Schreibtisch.«
An diesem Abend konnte ich nicht mehr landen. Ich ging zwei Bushaltestellen zu Fuß und summte ein Lied vor mich hin. Als ich in den Bus stieg, bemerkte ein älterer Herr, der hinter mir durch den Mittelgang ging: »Diese alten Volkslieder sind doch wirklich
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