Das fremde Gesicht
Ich glaube, ich weiß, wer Helene Petrovic ermordet hat …«
Vom Eingang des Drumdoe Inn aus blickte Kyle zurück und schaute Meghan nach, wie sie wegfuhr. Sie machte also wieder einen Bericht. Toll! Wie gern wäre er mit ihr gegangen. Er hatte erst vorgehabt, wie Dad Arzt zu werden, wenn er mal groß war, hatte dann aber beschlossen, daß es mehr Spaß machte, Reporter zu sein.
Im nächsten Moment schoß ein Auto aus dem Parkplatz heraus, ein grüner Chevy. Das ist der Typ, der Jake nicht überfahren hat, dachte Kyle. Es tat ihm leid, daß er keine Gelegenheit gehabt hatte, mit ihm zu reden und ihm zu danken. Er sah den Chevy in derselben Richtung in die Straße einbiegen, die Meg genommen hatte.
Kyle ging ins Foyer hinein und entdeckte Meghans Mutter und Mrs.
Murphy an einem Schreibtisch. Sie
wirkten beide auffallend ernst. Er ging zu ihnen hinüber.
»Hallo.«
»Kyle, was machst du denn hier?« Das ist ja vielleicht eine Art, ein Kind zu begrüßen, dachte Catherine. Sie strich ihm durch die Haare. »Ich meine, bist du mit Meg herübergekommen, um Eis zu essen oder so was?«
»Meg hat mich abgesetzt. Ich soll bei dir bleiben. Sie muß einen Bericht machen.«
»Ach, hat ihr Chef angerufen?«
»Irgend jemand hat angerufen, und sie meinte, sie muß sofort weg.«
»Wäre das nicht großartig, wenn sie ihren Job wieder hätte?« sagte Catherine zu Virginia. »Das würde ihr solchen Auftrieb geben.«
»Ja, bestimmt«, stimmte Viriginia zu. »Also, was sollen wir jetzt deiner Meinung nach mit diesem Kerl auf 3 A machen? Ganz ehrlich, Catherine, ich glaube, mit dem stimmt irgendwas nicht.«
»Das fehlt uns gerade noch.«
»Wie viele Leute würden denn fast drei Tage lang auf dem Zimmer bleiben und sich dann dermaßen schnell aus dem Staub machen und beinahe Leute umrennen? Du hast ihn gerade verpaßt, aber ich kann dir sagen, Mr. Heffernan kam mir kein bißchen krank vor. Er ist die Treppe heruntergejagt und mit einer Videokamera durch die Lobby gerannt.«
»Sehen wir uns mal das Zimmer an«, sagte Catherine.
»Komm mit, Kyle.«
Die Luft in 3 A war muffig. »Ist hier saubergemacht worden, seit er eingecheckt hat?« fragte Catherine.
»Nein«, erwiderte Virginia. »Betty hat gesagt, er hätte sie nur reingelassen, um die Handtücher zu wechseln, und daß er sie beinahe rausgeworfen hat, als sie saubermachen wollte.«
»Er muß zwischendurch vom Bett aufgestanden sein.
Schau mal, wie der Stuhl ans Fenster geschoben ist«, bemerkte Catherine. »Einen Moment mal!« Sie durchquerte das Zimmer, setzte sich auf den Stuhl und sah hinaus. »Mein Gott«, entfuhr es ihr.
»Was ist denn?« fragte Virginia.
»Von hier aus kann man direkt in Meghans Schlafzimmerfenster reinschauen.« Catherine rannte zum Telefon, warf einen Blick auf die Notrufnummern, die auf dem Hörer aufgeführt waren, und wählte.
»Polizei. Wachtmeister Thorne am Apparat.«
»Hier ist Catherine Collins im Drumdoe Inn in Newtown«, sagte sie gehetzt. »Ich glaube, daß ein Mann, der im Gasthof übernachtet, unser Haus bespitzelt hat. Er hat sich seit Tagen in sein Zimmer eingesperrt, und gerade eben ist er in wahnsinniger Eile mit seinem Wagen weggefahren.«
Ihre Hand flog an den Mund. »Kyle, als Meg dich abgesetzt hat, hast du da gesehen, ob ihr ein Auto gefolgt ist?«
Kyle spürte, das etwas wirklich Schlimmes in der Luft lag, aber das konnte doch nicht an dem netten Kerl liegen, der so ein guter Fahrer war. »Mach dir keine Sorgen. Der Typ in dem grünen Chevy ist okay. Er hat Jakes Leben gerettet, als er letzte Woche bei uns am Haus vorbeigefahren ist.«
Der Verzweiflung nahe schrie Catherine: »Herr Wachtmeister, er folgt jetzt meiner Tochter. Sie fährt einen weißen Mustang. Er ist in einem grünen Chevy.
Finden Sie sie! Sie müssen sie finden! «
57
Der Streifenwagen fuhr in die Auffahrt zu dem schäbigen, einstöckigen Holzhaus in Jackson Heights hinein, und zwei Polizisten sprangen heraus. Das schrille Iiee-Oooah eines herankommenden Krankenwagens übertönte das Quietschen der Bremsen einer Hochbahn beim Einfahren in die Haltestelle, die nur wenige Häuser entfernt lag.
Die Polizisten rannten um das Haus herum zur Hintertür, brachen sie auf und stampften die Kellertreppe hinunter.
Eine lose Stufe gab unter dem Gewicht des jüngeren nach, aber er hielt sich am Geländer fest und vermied mit knapper Not einen Sturz. Der Sergeant stolperte über den Mop am Fuß der Treppe.
»Kein Wunder, daß sie sich verletzt hat«,
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