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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sich über den schmutzigen, rauhen Beton vorwärtszuschieben.
    Endlich kämpfte sie sich bis zu der Nische vor, die sich ihr Sohn hergerichtet hatte. Selbst bei all den Schmerzen, die sie empfand, riß sie die Augen vor Bestürzung und Wut auf. Dieser enorme Fernseher! All diese Radioapparate! Die ganzen Geräte! Was fiel Bernard ein, soviel Geld für all diese Sachen zu vergeuden?
    Das Telefon stand auf dem alten Küchentisch, den er sich hereingeholt hatte, nachdem ihn einer ihrer Nachbarn am Straßenrand abgestellt hatte. Sie kam nicht ganz heran, deshalb zog sie es an der Schnur näher. Es krachte auf den Boden.
    In der Hoffnung, daß es nicht kaputt war, wählte Bernies Mutter die Notrufnummer. Bei dem willkommenen Klang der Stimme eines diensthabenden Beamten sagte sie:
    »Schicken Sie einen Krankenwagen!«
    Sie war noch in der Lage, ihren Namen und ihre Adresse durchzugeben und zu sagen, was geschehen war, bevor sie wieder das Bewußtsein verlor.

    »Kyle«, erklärte Meg rasch, »ich muß dich im Gasthof lassen. Ich hab’ einen Zettel für deinen Dad an die Tür gemacht. Sag meiner Mutter einfach, daß etwas dazwischengekommen ist und daß ich sofort weg mußte.
    Du bleibst bei ihr. Geh nicht nach draußen, okay?«
    »Warum bist du so aufgeregt, Meg?«
    »Bin ich nicht. Das ist eine wichtige Geschichte. Ich muß darüber berichten.«
    »Ach, das ist toll.«
    Beim Gasthof wartete Meg noch ab, bis Kyle den Eingang erreicht hatte. Er winkte, und sie winkte mit einem gezwungenen Lächeln zurück. Dann gab sie Gas.
    Sie war mit Phillip an einer Kreuzung in West Redding verabredet, etwa dreißig Kilometer außerhalb von Newtown. »Du kannst von dort aus hinter mir herfahren«, hatte er ihr hastig Bescheid gegeben. »Es ist dann nicht mehr weit, aber du könntest es unmöglich alleine finden.«
    Meg wußte nicht, was sie denken sollte. In ihrem Kopf herrschte ein Wirrwarr konfuser Gedanken und konfuser Gefühle. Ihr Mund fühlte sich so trocken an. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Dad war am Leben, und er war verzweifelt! Warum nur? Doch bestimmt nicht, weil er Helene Petrovics Mörder war. Bitte, lieber Gott, nur das nicht.
    Als Meg auf die Kreuzung der schmalen Landstraßen stieß, stand Phillips schwarzer Cadillac schon da. Es war leicht, ihn zu entdecken. Es war weit und breit kein anderes Auto zu sehen.
    Er nahm sich nicht die Zeit, mit ihr zu sprechen, sondern hielt die Hand hoch und gab ihr ein Zeichen, sie solle ihm folgen. Nach knapp einem Kilometer bog er scharf in einen Feldweg ein. Fünfzig Meter weiter begann der Weg sich durch ein Waldgebiet zu winden, und Meghans Wagen war für jemanden, der eventuell auf der Straße vorbeifuhr, nicht mehr zu sehen.

    Der Showdown mit Phillip Carter am Freitag nachmittag hatte Victor Orsini nicht überrascht. Es war nie eine Frage gewesen, ob es dazu kommen würde. Die Frage war schon seit Monaten gewesen: wann?
    Wenigstens hatte er noch gefunden, was er brauchte, bevor er nicht mehr ins Büro hineinkam. Als er von Carter wegging, war er direkt zu seinem Haus am Candlewood Lake gefahren, hatte sich einen Martini gemacht und sich dorthin gesetzt, wo er einen Blick auf das Wasser hatte und sich überlegen konnte, was er nun tun sollte.
    Der Beweis, den er in der Hand hatte, reichte für sich genommen und ohne weitere Bestätigung nicht aus, würde vor Gericht nicht standhalten. Und außerdem, wieviel konnte er ihnen sagen, ohne zugleich Dinge zu enthüllen, die ihm schaden konnten?
    Er war fast sieben Jahre bei Collins and Carter gewesen, doch mit einemmal war nur noch jener erste Monat wichtig. Er war das entscheidende Verbindungsstück, das alles, was in letzter Zeit passiert war, miteinander in Zusammenhang brachte.
    Victor hatte den ganzen Freitag abend lang das Pro und Kontra erwogen, ob er zum Staatsanwalt gehen und darlegen sollte, was seiner Ansicht nach geschehen war.
    Am nächsten Morgen joggte er eine Stunde am See entlang: ein langer erfrischender Lauf, durch den er einen klaren Kopf bekam. Als er wieder zu Hause war, stand sein Entschluß fest.
    Um halb drei am Samstag nachmittag wählte er die Nummer, die ihm der Kriminalbeamte Marron gegeben hatte. Er rechnete halbwegs damit, daß Marron am Samstag nicht im Revier war, doch er kam sofort an den Apparat.
    Victor nannte seinen Namen. Mit der ruhigen, sachlichen Stimme, die bei Kunden und Stellungsuchenden Vertrauen erweckte, fragte er: »Würde es Ihnen passen, wenn ich in einer halben Stunde vorbeikomme?

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