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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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schlage ans Fenster und heule ganz schlimm.
    Okay?«
    »Okay. Erschrecke sie nicht zu sehr!«
    Kyle schwang seine Totenkopflaterne und raste hinten ums Haus der Collins herum. Die Rollos im Eßzimmer waren oben, und er konnte Meg mit einem Haufen Papiere am Tisch sitzen sehen. Er hatte eine gute Idee. Er würde bis zum Waldrand gehen und von dort aus mit »Huh-Huh«-Geschrei auf das Haus zu laufen und dann ans Fenster klopfen. Dann würde Meg wirklich erschrecken.
    Er trat zwischen zwei Bäume, breitete die Arme aus und begann mit ihnen zu wedeln. Als seine rechte Hand nach hinten ging, spürte er menschliches Fleisch, weiches Fleisch, dann ein Ohr. Er hörte es atmen. Mit einem Kopfruck nach hinten sah er den Umriß eines Mannes, der sich hinter ihm duckte, und den Lichtreflex von einem Kameraobjektiv. Eine Hand packte nach seinem Hals.
    Kyle kämpfte sich frei und begann zu schreien. Dann wurde er mit einem heftigen Stoß nach vorne geworfen.
    Im Fallen verlor er die Laterne und versuchte sich krampfhaft am Boden abzustützen, wobei er etwas zu fassen bekam. Noch immer brüllend, rappelte er sich auf und rannte zum Haus.
    Das ist aber ein realistisches Kreischen, dachte Mac, als er Kyles gellendes Geschrei wahrnahm. Doch als das entsetzte Kreischen anhielt, begann er zum Wald zu laufen. Kyle war etwas zugestoßen. Blitzschnell jagte er über den Rasen und hinter das Haus.
    Vom Eßzimmer aus hörte Meg das Schreien und lief zur Hintertür. Sie riß sie auf und griff nach Kyle, der ihr durch die Tür entgegen und in die Arme fiel, schluchzend vor Entsetzen.
    So fand Mac die beiden: Meg hatte die Arme um seinen Sohn geschlungen und wiegte ihn beschwichtigend hin und her. »Kyle, ist ja gut. Ist ja gut«, sagte sie wieder und wieder.
    Es dauerte einige Minuten, bis er ihnen berichten konnte, was geschehen war. »Kyle, das liegt an all den Geschichten von den wandelnden Toten, daß du dir einbildest, Sachen zu sehen«, erklärte Mac. »Da war nichts.«
    Als Kyle den heißen Kakao trank, den Meg ihm gemacht hatte, hatte er sich wieder etwas beruhigt, ließ sich aber nicht beirren. »Da war so ein Mann da, und er hat eine Kamera gehabt. Ich weiß es. Ich bin hingefallen, als er mich geschubst hat, aber ich hab’ etwas aufgehoben. Dann ist es mir runtergefallen, als ich Meg gesehen hab’. Schau mal nach, was es ist, Dad.«
    »Ich hol’ eine Taschenlampe, Mac«, sagte Meg.

    Mac ging hinaus und begann, den Lichtstrahl über den Boden gleiten zu lassen. Er brauchte nicht weit zu gehen.
    Nur ein, zwei Meter von der Veranda entfernt, stieß er auf einen grauen Plastikbehälter, wie man ihn für Videokassetten benutzt.
    Er hob ihn auf und ging auf das Gehölz zu, noch immer mit der Taschenlampe vor sich her leuchtend. Er wußte, daß es zwecklos war. Kein Eindringling steht in der Gegend herum und wartet darauf, erwischt zu werden. Der Boden war zu hart, als daß man hätte Fußspuren sehen können, aber er fand Kyles Laterne genau gegenüber vom Eßzimmerfenster. Von seinem Standort aus konnte er Meg und Kyle deutlich sehen.
    Jemand mit einer Kamera hatte Meg beobachtet, möglicherweise auch aufgenommen. Warum?
    Mac dachte an das tote Mädchen in der Leichenhalle und beeilte sich dann, über den Rasen zurück zum Haus zu kommen.

    Dieser blöde Junge! dachte Bernie, während er durch den Wald zu seinem Wagen zurückrannte. Er hatte ihn weiter außen auf dem Parkplatz des Drumdoe Inn geparkt, aber nicht so abseits, daß er auffiel. Jetzt waren etwa vierzig Autos über den Platz verstreut, so daß sein Chevy bestimmt nicht sonderlich ins Auge stach. Hastig warf er die Kamera in den Kofferraum und fuhr durch den Ort auf die Route 7 zu. Er achtete darauf, nicht mehr als ein paar Kilometer schneller als erlaubt zu fahren. Aber er wußte auch, daß es die Cops genauso alarmierte, wenn man zu langsam fuhr.
    Hatte dieser Junge ihn genau zu sehen bekommen? Er nahm es nicht an. Es war dunkel gewesen, und der Junge hatte Angst gehabt. Ein paar Sekunden später, und er hätte sich zurückziehen können, ohne daß der Junge ihn überhaupt bemerkt hätte.
    Bernie war außer sich. Er hatte so einen Spaß daran gehabt, Meghan durch die Kamera zu beobachten, und er hatte sie so deutlich vor Augen gehabt. Ganz bestimmt hatte er jetzt tolle Aufnahmen.
    Andererseits hatte er noch nie jemanden so erschrocken gesehen, wie es dieser Junge gewesen war. Er fühlte sich kribbelig und lebendig und beinahe angespornt, wenn er nur daran dachte. So eine

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