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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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angenehm gewesen wäre.«
    »Welcher Nachbar?«
    Der Professor deutete auf das Fenster. »Einer der Männer, die im Haus gegenüber wohnen«, sagte er. »Normalerweise ist er ein Ausbund an Höflichkeit, deshalb war ich auch so überrascht. Er und seine Frau hatten neue Vorhänge gekauft und waren dabei, sie ins Haus zu schaffen. Sie hatten die Rückbank ihres Autos runterklappen müssen, um alles transportieren zu können. Ich wanderte hinüber, um einen kleinen Plausch zu halten. Es war meine Absicht gewesen, eine Bemerkung über das zufällige Zusammentreffen fallen zu lassen – neue Vorhänge, neues Alarmsystem. Nicht besonders fesselnd, zugegeben, aber zweifellos hätte es zu Themen von größerem Interesse geführt. Seine Reaktion war vollkommen unangebracht.«
    »Was hat er getan?«
    »Er hat mich angebrüllt. ›Jetzt nicht! Können Sie nicht sehen, dass wir beschäftigt sind?‹ Dann sagte er zu seiner Frau: ›Werde ihn los, ja!‹, und ging mit den Gardinen ins Haus. Schön waren sie auch nicht gerade, nach dem zu urteilen, was ich durch die Plastikverpackung erkennen konnte.«
    Simons Haut hatte zu kribbeln begonnen. Das war es, das musste es sein. Ein normalerweise höflicher Mann, der plötzlich grob und ausfallend wird. Kit Bowskill? Aber das ergab keinen Sinn. Angenommen Bowskill hatte eine unerlaubte Verbindung, dann mit Bentley Grove 11. Das war die Adresse, die seine Frau in seinem Navi gefunden hatte, das war das Haus, das sie sich auf dem Immobilienportal angesehen hatte, als sie die Leiche entdeckte. Bentley Grove 11 lag neben dem Haus von Basil Lambert-Wall, nicht gegenüber.
    »Seine Frau hat sich tausend Mal entschuldigt«, fuhr der alte Mann fort. ›Ignorieren Sie ihn einfach‹, meinte sie. ›Es liegt nicht an Ihnen. Wir haben gerade zwei Stunden in einem Gardinen-Kaufhaus verbracht. Nie wieder!‹ Man sollte annehmen, dass sie die neuen Gardinen auch aufhängen würden, nachdem sie so viel Zeit darauf verwendet haben, aber das haben sie immer noch nicht getan.«
    Simon zog ein Foto aus der Tasche, das Foto von Kit Bowskill, das er Lambert-Wall schon bei seinem letzten Besuch gezeigt hatte. »Kommt Ihnen das Gesicht bekannt vor?«, fragte er.
    »Ja, das ist er«, bestätigte der Professor.
    »Der Nachbar, der unhöflich zu Ihnen war?«
    »Ja.«
    »Aus dem Haus direkt gegenüber?« Simon trat ans Fenster und zeigte mit dem Finger, um Unklarheiten zu vermeiden.
    »Richtig. Sie wirken überrascht.«
    Kit Bowskill lebte in Little Holling, Silsford. Kit Bowskill war der Nachbar von Professor Sir Basil Lambert-Wall in Cambridge. Wie konnten diese beiden Aussagen gleichzeitig zutreffen?
    »Also … der Mann auf dem Foto ist nicht der Techniker von Safesound, der Ihre Alarmanlage installiert hat?«
    Lambert-Wall blinzelte erneut mehrmals rasch hintereinander. »Warum sollte der Nachbar von gegenüber mir meine Alarmanlage installieren?«
    Simon hatte nicht das Herz, ihn daran zu erinnern, was er bei seiner letzten Befragung ausgesagt hatte. »Sie nannten ihn eben ›einer der Männer, die im Haus gegenüber wohnen‹. Gibt es denn noch einen?«
    »Ja. Den Nachtmann.«
    Simon versuchte, seine Überraschung nicht zu zeigen. Offenbar gelang ihm das nicht, denn der Professor lachte. »Ich sollte es erklären. Der Mann, der unhöflich zu mir war, ist der Tagmann. Das sind nicht ihre richtigen Namen – die habe ich vor langer Zeit vergessen, fürchte ich, wenn ich sie denn je gekannt habe.«
    »Erzählen Sie mir von dem Tagmann und dem Nachtmann«, sagte Simon so neutral wie möglich.
    »Der Nachtmann ist mit der Nachtfrau verheiratet, und sie haben zwei Kinder – einen Jungen und ein Mädchen –, aber tagsüber bekomme ich nie einen von ihnen zu sehen, nur abends. Und der Tagmann ist mit der Tagfrau verheiratet. Nun ja, ›verheiratet‹ – wer kann das heutzutage schon so genau wissen? Auch wenn sie nicht verheiratet sind, sind sie zweifellos ein Paar.«
    »Sie leben also alle sechs in dem Haus – Nachtmann, Nachtfrau und ihre beiden Kinder, Tagmann und Tagfrau?«
    »Ich weiß ja nicht, wie sie das machen«, bemerkte der Professor. »Diese Häuser sind nicht so groß, wie sie von außen wirken – in meinem Haus ist gerade mal genug Platz für mich und meine Großfamilie.«
    Noch eine Überraschung. »Ihre Familie wohnt hier bei Ihnen?«
    Lambert Wall lächelte und machte eine weit ausholende Handbewegung, die den ganzen Raum umfasste. »Ich sprach von meinen Büchern«, erklärte er.
    Simon

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