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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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nicht, wie seine Antworten irgendetwas über ihn enthüllen sollten, das er einem Fremden nicht verraten wollte.
    »Ah. Tut mir leid.« Der Professor runzelte die Stirn. »Das zwölfte Wort von Zeile zweiundzwanzig können Sie leider nicht haben. Es lautet ›Trotsky‹. Eigennamen sind nicht erlaubt.«
    »Dann nehme ich noch mal die elf«, sagte Simon, der zu neugierig war, um ungeduldig zu werden. Was war der Zweck von diesem Spiel?
    »Sie haben das Wort ›Leben‹ gewählt.« Lambert-Wall lächelte. »Ein sehr eindrucksvolles Resultat – das Beste, das ich seit Langem hatte.« Er klappte das Buch zu und legte es neben sich auf den beigefarbenen Teppich. Simon dachte an Selina Ganes beigen Teppichboden im Haus nebenan mit dem Weihnachtsbaumfleck in der Ecke. Hatte der Bauunternehmer alle Häuser mit demselben Teppichboden ausgestattet? Von draußen wirkten sie ziemlich einheitlich. Ein einziger Entwurf, dreißigfach reproduziert. Simon ertappte sich dabei, wie er auf die drei Zeitschriftentürme vor sich starrte. Er malte sich aus, wie er sie verschob und drei runde scharlachrote Flecken enthüllte, geformt wie ein Menschenkopf. Reiß dich zusammen, befahl er sich.
    Basil Lambert-Wall hatte sich aus dem Sessel gehievt und humpelte mithilfe seines Stocks auf einen frei stehenden Schreibtisch vor dem Fenster zu, auf dem viele Briefbeschwerer lagen, aber kein lose herumliegendes Blatt Papier. An seinem Ziel angekommen, griff er nach einem Stift und schrieb etwas in ein aufgeschlagenes Notizbuch. Er hatte Simon den Rücken zugewandt, als er sagte: »Sie sind ein Mann mit Urteilsvermögen und ein Förderer des Guten in der Welt. Und Sie hatten eine Frage, die Sie mir stellen wollten. Schießen Sie los.«
    Simon war verwirrt. Hatte sich der Professor mühsam zu seinem Schreibtisch gekämpft, um das Ergebnis seines eigentümlichen Tests festzuhalten? Gern hätte Simon den Inhalt des Notizbuchs genauer studiert. Wie immer, wenn jemand ihm ein Kompliment machte, war er versucht, dagegen zu argumentieren. »Leben« war seine zweite Wahl gewesen. Beim ersten Mal hatte er sich »Trotsky« ausgesucht – ein eifriger Massenmörder. Was sagte das über ihn aus? Warum waren Eigennamen nicht zugelassen?
    »Der Tag, an dem Sie Ihre neue Alarmanlage bekamen – Dienstag, der 29. Juni.«
    »Woher kennen Sie das Datum?«, wollte der Professor wissen.
    »Sie haben es mir bei unserem letzten Gespräch gesagt. Safesound Alarms hat es bestätigt.«
    »Sie haben mich überprüft?«
    »Ich überprüfe alles«, sagte Simon. »Immer.«
    »Wenn ich Ihnen ein genaues Datum genannt habe, muss ich in meinem Terminkalender nachgeschaut haben.«
    »Ja.«
    »Dann bestand kein Grund, es zu überprüfen.« Lambert-Wall ließ sich in seinem Sessel nieder und stand wieder auf, um seinen Morgenmantel zurechtzurücken.
    Simon wartete, bis er wieder bequem saß. »Es geht nicht um das Datum. Ich möchte, dass Sie sich an jenen Tag zurückerinnern. Sie bekamen Ihre neue Alarmanlage. Ist an jenem Tag noch irgendwas vorgefallen, können Sie sich an irgendwas erinnern?«
    »Ja.« Der alte Mann blinzelte mehrmals rasch hintereinander. Es war ein beunruhigender Anblick – als würde jemand mit der Steuerung seiner Augenlider herumspielen. »Ich habe ein ganz außergewöhnliches Buch gelesen – Die Lügner von M. Scott Peck. Es bietet die beste Definition des menschlichen Bösen, die mir je begegnet ist.«
    Simon hatte da einen Text vor Augen, der aus nur zwei Worten bestand, nämlich »Giles« und »Proust«. »Noch irgendwas?«, fragte er.
    »Ja. Ich aß ein Gericht zu Mittag, das sich Tian nannte. Ich hatte keine Ahnung, was ein Tian ist und habe immer noch keine, aber es schmeckte köstlich. Es war zylindrisch. Ich fand im Laden, dass es sehr ansprechend aussah, und dachte mir, ich probier’s mal. Oh ja, natürlich, ich war im Supermarkt.«
    »An dem Tag, an dem Sie Ihre neue Alarmanlage bekamen?«
    Lambert-Wall nickte. »Meine Tochter hat mich morgens zu Waitrose mitgenommen. Sie fährt jeden Dienstagmorgen mit mir hin. Sie hätte gern, dass ich meine Einkäufe online erledige, aber ich sträube mich.«
    Simon nickte. Das führte nirgendwohin. »Also, Sie haben gelesen, zu Mittag gegessen, sind in den Supermarkt gegangen …«
    »Ja, wenngleich nicht in dieser Reihenfolge. Am Nachmittag habe ich ein Nickerchen gemacht, wie immer – von eins bis vier. Oh, und einer der Nachbarn war unhöflich zu mir, was mir den Tag verdorben hat, der sonst recht

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