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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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den Häusern, die Jackie Napier betreute, eine Konstante gab: Kit Bowskill. Das zweite Angebot, das zum gegenseitigen Überbieten führte, kam immer von Bowskill – jedes Mal. Merkwürdigerweise zeigte er nie Interesse an Objekten, die irgendjemand anderes verkaufte. Es waren nur die Häuser auf Jackies Liste, die ihn inspirierten, den Preis immer höher zu treiben, so hoch, wie es nur ging. Und immer war sein Interesse kurzlebig. Jedes Mal war Bowskill derjenige, der ausstieg, sodass der andere Interessent manchmal mehrere zehntausend Pfund mehr hinblättern musste als geplant. Aber er freute sich wie ein Schneekönig, schließlich hatte er gewonnen.«
    »Willst du damit sagen, dass Kit Bowskill nie die Absicht hatte, eins dieser Häuser zu kaufen?«, fragte Sam. »Er wollte nur den Preis künstlich hochtreiben. Aber warum?«
    »Damit Jackie Napier eine höhere Courtage bekam«, sagte Charlie mit Überzeugung. Jemand sollte mal ein Wort erfinden, dachte sie, um diesen speziellen Heureka-Moment zu beschreiben. Den Moment, wenn der Groschen fällt und man erkennt, dass zwei Leute, die man vorher nie miteinander in Verbindung gebracht hat, etwas miteinander haben. Jackie Napier und Kit Bowskill. Olivia Zailer und Chris Gibbs.
    »Dasselbe passierte bei Blydon & Schadow, nachdem Jackie dort angefangen hatte«, sagte Simon. »Sie ist noch nicht so lange dort, dass es jemandem aufgefallen wäre, aber als ich Lorraine Turner berichtete, was ich von Hugh Jepps erfahren hatte, war sie alarmiert und durchstöberte Jackies Arbeitsplatz. Sie fand zwei Briefe von Jackie an Bowskill, in denen sie den Eingang seines Angebots für zwei verschiedene Häuser bestätigte, die sie gerade verkaufte. In beiden Briefen schrieb sie, dass es noch einen weiteren Interessenten gebe, der mehr geboten hätte, und wollte wissen, ob er sein Angebot erhöhen wolle.«
    »Aber das ist illegal«, sagte Sam. »Das ist Betrug.«
    »Ja«, bestätigte Simon. »Aber ein Betrug, das fast unmöglich nachzuweisen ist, solange Kit Bowskill bei seiner Geschichte bleibt, dass er seit 2003 nach einem Haus in Cambridge sucht. Er hat inzwischen Angebote für sehr viele Häuser abgegeben und die anderen Interessenten überboten – angefangen mit dem Objekt Pardoner Lane 18, dem einzigen Fall, der echt war –, aber bislang ist er noch jedes Mal ausgestiegen. Warum? Weil er eben Perfektionist ist – das stimmt sogar, was die Lüge ziemlich überzeugend macht. Niemand kann sich in sein Gehirn einhacken und beweisen, dass er nie vorhatte, eins dieser Häuser zu kaufen, dass alles Betrug ist. Und wenn Jackies Kollegen anfangen, Fragen zu stellen – wie Hugh Jepps es getan hat, mehrmals –, lässt sie ihren Charme spielen und verkündet: ›Der arme Mr Bowskill – er kann sich einfach nicht entscheiden.‹«
    »Aber Hugh Jepps hat ihr nicht geglaubt«, sagte Charlie.
    »Natürlich nicht. Dass Bowskill zufällig ausschließlich an Häusern interessiert sein sollte, die Jackie verkaufte, war ja nicht gerade plausibel. Aber Jackie scherte das nicht, sie hat sich mit großer Unverfrorenheit behauptet. Es sei nicht ihre Schuld, es habe nichts mit ihr zu tun, behauptete sie. Sie kenne Mr Bowskill nicht näher, und Zufälle gebe es eben einfach. Jepps hat in Erwägung gezogen, einen Privatdetektiv auf sie anzusetzen, der eine Verbindung zwischen ihr und Bowskill nachweisen sollte. Aber schließlich fand er es besser, sie einfach loszuwerden und das Problem einem anderen Makler aufzuladen. Er sagte, ihre Darstellung des zu Unrecht beschuldigten naiven Geschöpfs sei erschreckend überzeugend gewesen.«
    »Das war nicht das, was ich zu sehen bekommen habe«, sagte Sam. »Bei mir war sie nicht naiv, sie war eher … die müde, ausgenutzte Frau von Welt, die glaubt, dass sie Bescheid weiß.«
    »Ja, Mangel an Persönlichkeitsbildern herrscht bei ihr nicht«, bemerkte Simon. »Die Frau aus Nummer 17 beschrieb sie als ›warmherziges, entzückendes Mädchen‹.«
    »Wenn Jackie in Nummer 18 wohnt, muss die redselige Frau aus Nummer 17 ihre Nachbarin sein«, sagte Charlie.
    »Nachbarin und gute Freundin«, bestätigte Simon. »Oh, sie kenne Jackie seit Jahren, erzählte sie mir – lange bevor Jackie in die Pardoner Lane zog. Sie ist auch mit Elise Gilpatrick befreundet, obwohl sie die schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen hat.« Er betonte das, als hielte er es für irgendwie bedeutsam. Charlie wollte ihn gerade fragen, was er damit andeuten wolle, als er fortfuhr:

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