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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Na ja, einigermaßen. Charlie wagte es immer noch nicht, den ersten Schritt zu tun. Sie spürte, dass ihm das nicht gefallen würde. Ebenso klar war, dass Reden – währenddessen, unmittelbar danach oder über das Thema – verboten war. Oder bildete sie sich Hemmnisse ein, die gar nicht vorhanden waren? Vielleicht wünschte Simon sich nichts sehnlicher, als dass sie mal nachfragte: »Hast du eigentlich gern Sex mit mir, oder machst du es nur, weil du denkst, dass es von dir erwartet wird?« Körperlich schien alles zu funktionieren, aber er wirkte immer so fern dabei – Augen geschlossen, stumm, manchmal fast roboterhaft.
    In der Nachmittagssonne war es brütend heiß. Charlie überlegte, ob sie Simon raten sollte, hineinzugehen und sich wieder einzucremen. Dann könnte sie ihm folgen und … Nein. Die Regel, niemals beim Sex die Initiative zu ergreifen, war gut, und Charlie war entschlossen, daran festzuhalten. Einmal – vor Jahren, auf einer Geburtstagsfeier, lange bevor sie offiziell zusammen waren –, hatte Simon ihre Annäherungsversuche auf bemerkenswert brutale Weise zurückgewiesen. Charlie war entschlossen, es niemals wieder so weit kommen zu lassen.
    Sie hörte etwas hinter sich – Schritte. Domingo. Charlie verkrampfte sich, seufzte dann aber erleichtert, als sie sah, dass er Rechen und Hacke dabeihatte. Er war hier, um im Garten zu arbeiten, das war alles.
    Für irgendjemand war der weitläufigen Garten, der »Los Delfines« umgab, offenbar seine ganze Freude und großer Stolz – vielleicht war es Domingo, vielleicht der Eigentümer. Der Garten war eine einzige Farbexplosion, und es waren mehr Farben, als Charlie je zusammen gesehen hatte: Flammendrot, Burgunderrot, Blauviolett, Lila, Königsblau, Orange, Gelb, sämtliche Schattierungen von Grün. Dagegen wirkten die meisten englischen Gärten blutarm. Charlies Lieblingspflanze war etwas, das sie den »umgekehrten Lilienbaum« nannte, weil weiße Lilien von ihm herabhingen wie kleine Lampenschirme.
    Sie legte ihr Buch hin und ging zum Pool. Nicht weil sie Simon näher sein wollte, sondern weil sie sich bei der glühenden Hitze abkühlen musste. Sie stieg über die römischen Marmorstufen ins Wasser. »Genau die richtige Temperatur«, stellte sie fest. »Nicht kalt, aber auch nicht warm. Wie ein heißes Bad, das jemand vor zwei Stunden eingelassen hat.«
    Simon erwiderte nichts.
    »Simon?« Womit war er in Gedanken so beschäftigt, dass er sie nicht hörte, obwohl sie direkt neben ihm stand?
    »Hm? Entschuldige, was hast du gesagt?«
    Es war kaum wert, es zu wiederholen. Aber es wäre schade gewesen, diese Gelegenheit zu versäumen: Sie sollte etwas Wichtigeres vorbringen, da er ihr ausnahmsweise seine Aufmerksamkeit schenkte. »Immer, wenn ich Domingo auf uns zusteuern sehe, gerate ich in Panik.«
    »Hast du Angst, dass es noch ein paar Lichtschalter gibt, deren Funktionsweise er uns demonstrieren will?«
    »Nein, das ist es nicht, es ist nur … Auf der Website ist seine Handynummer angegeben. Das heißt, über ihn sind wir erreichbar.«
    Simon kämpfte sich in eine sitzende Position hoch. »Machst du dir Sorgen wegen meiner Mutter? Sie weiß nicht, wo wir sind. Niemand weiß es.«
    »Doch. Olivia.« Würde er böse sein, dass sie es ihrer Schwester verraten hatte, obwohl es doch ein Geheimnis bleiben sollte? Anscheinend nicht. Charlie kämpfte gegen den Drang an, ihn zu fragen, ob er ihr auch wirklich zuhörte. »Als ich Liv erzählt habe, wie viel die Reise gekostet hat, hat sie darauf bestanden, Bilder von der Villa zu sehen. Ich musste ihr die Website zeigen.«
    »Na, sie wird es schon nicht meiner Mutter verraten, oder?«
    »Ich mache mir keine Sorgen wegen Kathleen«, sagte Charlie. »Sondern wegen der Arbeit.«
    Simon tat das mit einem Schnauben ab. »Das Forum für ein sichereres Gemeinwesen wird auch mal vierzehn Tage ohne dich auskommen.«
    »Ich meinte deine Arbeit. Ob ich da bin oder nicht, interessiert niemanden.«
    »Was, der Schneemann? Nachdem er sich monatelang auf seine Waterhouse-Sabbatwochen gefreut hat, wie er es nennt? Der wird mich kaum ausfindig machen wollen. Weißt du, was er zu mir gesagt hat, bevor ich abgefahren bin? ›Machen wir beide das Beste aus Ihren vierzehn Tagen Urlaub, Waterhouse. Ich meinerseits werde vielleicht keine exotischeren Orte aufsuchen als mein Büro und die Kantine, aber solange Sie nicht da sind, werde ich in meinem Herzen Urlaub finden.‹«
    »Proust kann es gar nicht abwarten, bis du wieder

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