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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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–, würde so etwas sofort erfahren wollen.
    Rate mal, wer eine echte, totale Schlampe gewesen ist? Ich!
    Es gab Neuigkeiten, die waren so wichtig, dass alle Bedenken hinweggefegt wurden, beispielsweise die Überlegung, ob es richtig war, jemanden in den Flitterwochen zu stören. Und rein zufällig handelte es sich hier um genau so einen Fall. Olivia wusste, dass sie es genauso genießen würde, über sich selbst zu tratschen wie über andere Leute. Mehr sogar. Sie tat so selten etwas, das irgendjemanden schockieren könnte. Wie erfrischend, in ihrem Alter noch für Skandalgeschichten zu sorgen – etwas unbeschreiblich Dummes zu tun, nachdem einundvierzig Jahre lang niemand auch nur einen Gedanken daran verschwendet hatte, Liv könne so etwas jemals tun.
    Ob sie Charlie bitten konnte, nicht mit Simon darüber zu reden? Es gab Leute, die keine Geheimnisse vor dem Ehepartner hatten. Würde ihre Schwester jetzt, nachdem sie verheiratet war, fanatisch darauf bedacht sein, ihm alles zu erzählen? Simon würde es missbilligen, wie Leute, denen es an Lebenserfahrung fehlte, es immer missbilligten, wenn andere Abenteuer hatten, die ihnen selbst bisher entgangen waren. Er würde finden, auf irgendeine obskure Weise sei seine und Charlies Hochzeit dadurch kaputtgemacht und herabgewürdigt worden, dass die beiden Trauzeugen miteinander im Bett gelandet waren.
    Olivia seufzte, als ihr klar wurde, was daraus unweigerlich folgen würde. Simon zuliebe würde Charlie fuchsteufelswild und gekränkt sein müssen. Sie würde Olivias One-Night-Stand mit Gibbs nicht als etwas betrachten, das Olivia passiert war, sondern als etwas Schlimmes, das ihrem ach-so-wichtigen Ehemann zugestoßen war. Es war auch denkbar, dass sie um ihrer selbst willen etwas dagegen haben würde und Olivia widerrechtliches Eindringen vorwarf: Gibbs war Polizist und gehörte daher zu Charlie und Simon, nicht zu Olivia, die kein Recht hatte, in eine Welt einzudringen, die nicht die ihre war, in die sie nur von Zeit zu Zeit nach Charlies Gutdünken eingeladen wurde.
    Hatte sie sich den wichtigsten Tag im Leben ihrer Schwester unter den Nagel gerissen? War es unverzeihlich, sich ungefragt die Hauptrolle anzumaßen, wenn einem eigentlich nur eine Nebenrolle zugedacht war? Olivia hatte keine Ahnung, ob sie Charlie etwas Furchtbares angetan hatte oder gar nichts. Und das würde sie auch erst herausfinden, wenn sie es Charlie erzählte. Ohne die Reaktion ihrer Schwester zu kennen, würde sie nie dahinterkommen.
    Ich sollte mich lieber wegen Dom schuldig fühlen, dachte sie, und wegen Debbie Gibbs. Wenn jemandem Unrecht zugefügt wurde, dann diesen beiden.
    Gibbs hatte sich fertig angezogen. »Ich bin weg«, sagte er. »Du kannst anfangen zu denken.«
    »Du auch«, sagte Olivia, die ihn irgendwie an sich binden wollte, jetzt, wo er ging. »An mich zu denken, meine ich.«
    »Ohne Unterlass«, sagte er. »Und ausschließlich.«
    Es klang wie ein Zitat. Weil es eins war, erkannte Olivia. Er zitierte sie.
***
    Sam Kombothekra war es nicht gewohnt, sich schuldig zu fühlen. Doch während er an einem Fenstertisch im Bistro Chompers saß und auf Alice Bean wartete, fühlte er sich schuldig. Es war ein vollkommen unnötiges Treffen – oder würde es werden, wenn sie denn auftauchte –, und doch hatte er es vereinbart, obwohl er den Nachmittag lieber mit seiner Familie hätte verbringen sollen. Er kannte bereits Alices Antworten auf alle Fragen, die er ihr stellen wollte. Es hätte sich alles auch am Telefon besprechen lassen, aber er war lebhaft daran interessiert gewesen, Alice einmal leibhaftig zu begegnen, mehr, als er sich selbst eingestand. Es gab nur wenige Frauen in der kleinen Welt des Polizeipräsidiums von Spilling, die so legendär waren wie Alice. Sam hatte aus mindestens zehn verschiedenen Quellen erfahren, dass Simon Waterhouse vor einigen Jahren romantisch auf sie fixiert gewesen war. Damals hieß sie noch Alice Fancourt.
    Sam wusste, dass ihre Beziehung zu Simon (laut Colin Sellers eine »bumslose Zeitverschwendung«) nicht gut ausgegangen war, dass die beiden nicht mehr miteinander sprachen. Wie viel würde er heute von Alice wohl über diese Geschichte erfahren? Bei seinem Anruf heute Morgen hatte sie sich sofort, nachdem Sam sich vorgestellt hatte, erkundigt, ob er mit Simon zusammenarbeite. Sie hatte das Chompers als Treffpunkt für heute Nachmittag vorgeschlagen und hinzugefügt: »Da haben Simon und ich uns immer getroffen.« Auch deswegen fühlte Sam

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