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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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sie zu blöd sind, zu erkennen, dass es keine furchtbare Katastrophe ist, wenn die Tochter in eine hundertfünfzig Meilen entfernte Stadt zieht! Natürlich wäre es mir lieber, wenn sie sich darüber freuen würden, klar, aber ich übernehme keine Verantwortung dafür, dass sie es nicht tun!«
    »Da stimme ich dir zu. Das solltest du nicht«, sagte Kit. »Aber ich weiß, dass du dir trotzdem die Schuld geben würdest. Du würdest dich schlecht fühlen. Es würde alles ruinieren. Wir würden immer diesen … Schatten über uns hängen haben.«
    Ich begann zu schluchzen, entsetzt von dem, was ich da hörte. Und doch hatte ich Angst, dass es wahr sein könnte. Wenn ich umzog, würde vielleicht wirklich eine Stimme in meinem Kopf flüstern, dass ich meine Familie im Stich gelassen hatte.
    »Ich habe nachgedacht«, sagte Kit. »Wir können auch erreichen, was wir wollen, ohne wegzuziehen.«
    Hatte er den Verstand verloren? Wegziehen war doch das, was wir wollten, oder? Es war das Einzige, was wir wollten, in Cambridge leben. Wie sollten wir das von unserer Mietwohnung in Rawndesley aus anstellen?
    »Wir könnten ein Haus kaufen – nicht in dem hässlichen Rawndesley, sondern in Spilling oder Humbleford oder –«
    »Spilling?« Ich wollte ihm den Kopf von den Schultern reißen und ihn durch den Raum treten. Hatte jemand in der Nacht seinen Schädel geöffnet und sein Gehirn gestohlen? »In Spilling wohnen alte Damen, die Bridge spielen und Mitglied im Rotary Club sind! Ich bin jung, Kit – ich will ein richtiges Leben in einer Stadt, in der was los ist! Ich kann kaum glauben, was du da sagst!«
    Kits Augen wurden härter. »Überall leben alle möglichen Leute, Connie. Du kannst das nicht verallgemeinern. Glaubst du etwa, es gibt keine Bridge spielenden alten Damen in Cambridge?«
    »Ja, kann sein – zwischen massenhaft Studenten und … anderen aufregenden Leuten.« Ich wusste, dass ich mich anhörte wie ein naives Landei, aber das war ja genau das Problem, das ich mit diesem Umzug angehen wollte. »In Cambridge können die spießigen alten Leute machen, was sie wollen, sie werden es nicht schaffen, alles mit ihrer Langweiligkeit zu ersticken, weil es durch die Universität einen ständigen Zufluss an neuen, interessanten Leuten gibt. Ich dachte, du wolltest, dass ich studiere.«
    Kit schwieg und wandte sich ab. Nach einigen Sekunden sagte er ruhig: »Ich würde es wahnsinnig gern sehen, dass du auf die Uni gehst, aber … lieber Himmel, ist das schwierig.«
    »Aber was? Glaubst du, ich bin nicht intelligent genug? Glaubst du, sie würden mich an der Uni nicht haben wollen?«
    Er fuhr herum. »Du denkst, dass es darum geht? Con, man würde dich sofort nehmen. Ich würde sofort mit dir nach Cambridge ziehen, wenn ich glauben könnte, dass du der Sache gewachsen wärst, aber …« Er schüttelte den Kopf.
    »Was habe ich gestern Nacht gesagt?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Gestern Nacht – du hast gesagt, ich hätte im Schlaf geredet. Deshalb hast du deine Meinung geändert, oder? Gestern war noch alles bestens – wir wollten Pardoner Lane 17 kaufen, zu welchem Preis auch immer, und den anderen Interessenten überbieten, und wenn wir uns danach zwei Jahre lang von Haferbrei ernähren müssten. Weißt du noch? Was habe ich im Schlaf gesagt, dass du das alles vergessen willst, dass du aufgeben willst? Kit?«
    Er rieb sich die Nase. »Du hast gesagt: ›Bring mich nicht dazu wegzugehen‹.« Die Betonung lag auf dem »Bring mich nicht«. Ich verstand warum, und ich verstand, dass nicht ich den Satz so betont hatte, sondern er. Er dachte, dass ich im Grunde meines Herzens bleiben wollte, wo ich war, und dass ich ihm die Schuld geben würde, wenn wir umgezogen waren und ich unglücklich werden würde, weil er mit der ganzen Sache angefangen hatte, mit seinem Jobangebot von Deloitte, das zu gut war, um es abzulehnen. »Du hast es ständig wiederholt«, sagte er. »Du hast mich angefleht, Connie. Deine Augen waren offen, aber du hast nicht reagiert, als ich … Du erinnerst dich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. Etwas in mir schaltete ab. Kit und mein Unterbewusstsein hatten sich gegen mich verschworen. Gegen solche Gegner kam ich nicht an. »Was ist mit Deloitte?«, fragte ich trostlos. »Mit deiner Beförderung.«
    »Ich werde Deloitte verlassen.« Kit lächelte. »Ich habe nachgedacht, mich neu orientiert. Wir brauchen alle beide etwas, das uns aus unserem Trott herausholt – wir brauchen etwas Aufregendes, auch wenn es

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