Das fremde Haus
nicht Cambridge ist. Also werden wir eine eigene Firma gründen. Du kannst ja immer noch Teilzeit für deine Eltern arbeiten, wenn du willst, aber hauptsächlich wirst du mit mir zusammenarbeiten. Du brauchst mehr Abstand von deiner Familie – acht Stunden täglich, fünf Tage die Woche mit ihnen zusammen zu sein, das ist einfach zu viel. Deine Eltern müssen erkennen, dass du imstande bist, etwas auf die Beine zu stellen, das nicht ursprünglich ihre Idee war, oder die Idee des Vaters des Vaters des Vaters deines Vaters. Das wird dazu beitragen, dass sie dich als das sehen, was du bist: eine intelligente, kompetente und unabhängige Frau.«
Ich machte den Mund auf, um zu sagen, dass er das nicht allein entscheiden könne, ohne mich vorher zu fragen, aber er war zu schnell für mich. Er war bereits dabei, den nächsten Schritt in seinem Plan zu erläutern. »Wir werden ein Haus finden, das wir lieben – wirklich lieben, noch mehr als Pardoner Lane 17. Das dürfte nicht allzu schwierig sein. Das ist das Einzige, was Orte wie Spilling oder Silsford einer Stadt wie Cambridge voraushaben: die größere Anzahl ungewöhnlicher Häuser, mehr Vielfalt. In Cambridge gibt es fast nur Reihenhäuser aus Backstein.«
»Ich liebe Pardoner Lane 17«, sagte ich sinnloserweise. Jetzt, wo mir mitgeteilt wurde, dass ich es nicht haben konnte, erkannte ich zum ersten Mal und mit erstaunlicher Klarheit, dass es das perfekte Haus war, das einzige Haus, in dem ich leben wollte.
»Du wirst auch das Haus lieben, das wir im Culver Valley kaufen werden, das verspreche ich dir. Wenn du dich nicht in es verliebst, werden wir es nicht kaufen. Aber du wirst. Und dann, wenn unsere Firma wahnsinnig erfolgreich geworden ist, wir Unmengen Geld gescheffelt haben und du deinen Eltern bewiesen hast, dass du alleine zurechtkommst, auch ohne das praktisch nicht-existente Gehalt, das sie dir zahlen …«
»Ich dachte, ich sollte weiter ein paar Tage die Woche für sie arbeiten«, sagte ich. Wenn ich ganz von Monk & Söhne wegging, würde das meine Mutter genauso beunruhigen wie ein Umzug nach Cambridge.
»Anfangs, wenn du das willst.« Kit nickte. »Aber wenn unsere Firma erst mal richtig eingeschlagen hat, wenn wir so viel Gewinn machen, dass es wirklich lächerlich wäre, wenn du noch siebenhundert im Monat dazuverdienst oder was auch immer du als Teilzeit-Buchhalterin von Monk & Söhne bekommen wirst, kannst du deinen Eltern sagen, dass du etwas Besseres zu tun hast – sag: ›Tut mir leid, Vati, aber wenn ich ehrenamtliche Arbeit leisten wollte, würde ich mich beim Roten Kreuz verpflichten‹.«
Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. »Also was soll es dann für eine Firma sein, dieses ungeheuer profitable Unternehmen, das wir gründen werden?«
»Keine Ahnung«, antwortete Kit munter. Er war erleichtert, dass ich glücklicher aussah und meine Stimme glücklicher klang. »Aber mir wird schon was einfallen, und es wird gut laufen, was immer es sein wird. In fünf Jahren können wir dann noch einmal über einen Umzug nach Cambridge nachdenken oder wohin auch immer – nach London, Oxford, Brighton vielleicht –, und du wirst sehen, dass dir das nicht halb so viel Angst einjagen wird wie jetzt, weil du bereits auf einem guten Weg bist« – er tat so, als würde er etwas von etwas anderem abpellen – »dich von deiner Familie zu lösen.«
»Deshalb ist Melrose Cottage so schön«, erkläre ich Sam Kombothekra, dessen Augen vom langen Zuhören ganz glasig sind. Wahrscheinlich gelangt er gerade eben zu dem Schluss, dass kein normaler Mensch ein solches Melodrama daraus machen würde, in einen anderen Teil des Landes zu ziehen. Daher muss ich verrückt sein und bilde mir schon mal tote Frauen in einer Blutlache auf meinem Computermonitor ein . »Melrose Cottage, so heißt unser Haus in Little Holling«, füge ich hinzu, für den Fall, dass ihm das Schild an der Tür nicht aufgefallen ist.
»Es ist zweifellos perfekt, wie aus einer Wohnzeitschrift«, bestätigt er.
»Das musste es auch sein. Um uns zu entschädigen, für … alles.« Seit unserem Gespräch im Büro von Monk & Söhne sind sieben Jahre vergangen. Kit hat nicht mehr davon gesprochen, dass wir nach Cambridge, London oder Brighton ziehen könnten, nicht ein einziges Mal. London käme sowieso nicht mehr infrage. Seit Kit mehrere Tage die Woche beruflich in London verbringt, kommt er mit Geschichten nach Hause, wie höllisch es dort ist: zugemüllt, laut, grau. Solche Sachen sagt
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