Das fremde Haus
Gesichtern meiner Eltern, wie sie auf den Schock reagierten, und fühlte mich, als hätte ich gerade sieben Tonnen unsichtbaren seelischen Abfall in der Mitte des Raums abgeladen und allen Anwesenden den Atem geraubt.
Fran war die Erste, die das Wort ergriff. »Cambridge? Da warst du doch noch nie. Vielleicht gefällt es dir dort überhaupt nicht.«
»Das ist der albernste Plan, den ich je gehört habe«, sagte mein Vater abfällig und wedelte meine Worte mit seiner Zeitung fort. »Überleg doch nur, wie lange du jeden Morgen brauchen würdest, um zur Arbeit zu fahren. Zwei Stunden für eine Tour, mindestens.«
Ich erklärte, dass ich bei Monk & Söhne aufhören würde, dass Kit und ich heiraten wollten und es verrückt von ihm wäre, das Angebot abzulehnen, das Deloitte ihm gemacht habe. Meine Mutter wirkte schwer getroffen. »Aber Kit hat doch hier einen Job«, sagte sie mit zittriger Stimme. Plötzlich, weil wir beabsichtigten, nach Cambridge zu ziehen, war Rawndesley »hier« und nicht mehr »dort«. »Und du ebenfalls«, fügte sie hinzu. »Wenn du nach Cambridge ziehst, bist du arbeitslos.«
»Ich werde schon was finden«, versicherte ich ihr.
»Und was? Was genau wirst du finden?«
»Ich weiß es nicht, Mutti. Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Vielleicht werde ich ja auch … einen Kurs an der Uni belegen.« Ich wagte es nicht, das Wort »studieren« in den Mund zu nehmen.
»Ein Kurs ist gut und schön, aber es ist kein Job«, erklärte meine Mutter. »Damit kann man keine Rechnungen bezahlen.«
Fran, Anton und mein Vater ließen sie nicht aus den Augen und warteten ab, wie sie das bevorstehende Unglück abwehren würde. »Nun«, sagte sie schließlich und wandte sich ab. »Kit kann sich vermutlich freuen – eine Beförderung. Unser Verlust ist sein Gewinn.«
So wie sie die Situation dramatisierte, war Kit der Gewinner, sie, mein Vater und Fran waren die Verlierer, und ich kam nicht vor.
»Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung«, sagte Anton.
»Ich dachte, du hältst Heiraten für altmodisch und für zu viel Theater«, fuhr Fran ihn an. Sie gratulierte mir nicht. Meine Eltern auch nicht.
***
Am nächsten Morgen sprang ich aus dem Bett und lief ins Badezimmer, um mich zu übergeben. Kit fragte, ob ich vielleicht schwanger sei, aber ich wusste, dass ich es nicht war. »Es ist rein psychosomatisch«, erklärte ich. »Eine Reaktion meines Körpers auf die Reaktion meiner Familie auf unseren geplanten Umzug. Keine Sorge, es geht vorbei.«
Ging es aber nicht. Kit und ich begannen damit, jeden Samstag nach Cambridge zu fahren, um uns Häuser anzusehen. Wir wollten beide lieber etwas kaufen als etwas mieten – Kit, weil er der Meinung war, dass Miete zahlen Geldverschwendung wäre, und ich, weil ich mich juristisch an einen Ort binden wollte, der nicht Little Holling war, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass ich je dorthin zurückkehren müsste. Jedes Mal, wenn wir auf Häusersuche gingen, musste Kit mindestens einmal am Straßenrand anhalten, weil ich mich übergeben musste. »Ich weiß nicht, Con«, sagte er immer wieder. »Es ging dir doch gut, bevor wir beschlossen umzuziehen. Wir können nicht in Cambridge leben, wenn du allergisch gegen die Missbilligung deiner Eltern bist.« Er versuchte, es ins Lächerliche zu ziehen: »Ich will nicht, dass du dich in eine bettlägerige viktorianische Neurotikerin verwandelst, mit weißem Spitzennachthemd und Riechsalz.«
»Ich werde schon damit fertig«, versicherte ich. »Das ist nur eine Phase. Bald geht’s mir wieder gut.« Die Haare begannen mir auszufallen, obwohl man noch nichts sah. Ich versuchte, es vor Kit zu verbergen.
Wir fanden ein schönes Haus in der Pardoner Lane – ein dreistöckiges viktorianisches Stadthaus mit hohen Decken und den Originalkaminen in allen Empfangsräumen und Schlafzimmern, einem schwarzen Zaun, Freitreppe zur Haustür und einer Dachterrasse mit Panoramablick über die Stadt. Es war wunderschön renoviert mit funkelnagelneuer Küche und neuen Badezimmern. Kit hatte sich von Anfang an darin verliebt. »Das ist es«, murmelte er immer wieder, ganz leise, damit der Makler es nicht hörte.
Es war mit Abstand das teuerste Haus, das wir bislang besichtigt hatten, und das größte. »Wieso können wir uns das Haus leisten?«, erkundigte ich mich argwöhnisch bei Kit. Es schien zu schön, um wahr zu sein.
»Es hat keinen Garten, und direkt nebenan ist eine Schule.«
Ich erinnerte mich an das Schild am Nachbarhaus.
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