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Das Fuenfte Evangelium

Das Fuenfte Evangelium

Titel: Das Fuenfte Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Stock des Hauses Via Baullari 33 die Ereignisse auf einmal überstürzen könnten, daß sich mit einem Male alle verworrenen und dunklen Erlebnisse der letzten Monate zu einer logischen Abfolge zusammenfügen würden. Vor allem hätte sie nie geglaubt, daß die Lösung der Dinge so klar und einfach sein würde.
    Der Mann, der auf ihr Klingeln öffnete, war Donat.
    »Sie?« sagte er mit langgedehntem Tonfall, ohne jedoch von Annes Erscheinen schockiert zu sein.
    Anne von Seydlitz hingegen brachte zunächst keinen Laut hervor. Ihre Gedanken waren so auf Kleiber, den falschen Kleiber, fixiert, daß sie eine Weile brauchte, bevor sie ihre Sprache wiederfand: »Ich muß gestehen«, sagte sie dann, »Sie hätte ich hier nicht erwartet.«
    Donat machte eine entschuldigende Handbewegung und erwiderte: »Ich habe es schon immer prophezeit, Sie würden eines Tages hier auftauchen, bei Ihrer Hartnäckigkeit. Ich wußte es!«
    Anne sah Donat fragend an.
    »Wissen Sie«, begann Donat erklärend, »wir haben Sie, um an unser Ziel zu gelangen, ständig beobachtet.«
    »Wir? Wer ist wir?«
    »Jedenfalls sind wir nicht die Leute, die Sie hinter all dem vermuten. Aber wollen Sie nicht hereinkommen?«
3
    A nne von Seydlitz trat ein und wurde in einen hohen, düsteren Raum geführt mit einem langen Konferenztisch in der Mitte und einem Dutzend altmodischen Stühlen darum herum. Zwei hohe Fenster zeigten in einen Hinterhof, so daß ohnehin nicht viel Licht eindringen konnte; aber es waren auch noch die Jalousien heruntergelassen. Das uralte Parkett knarzte widerlich, und außer Tisch und Stühlen gab es keine Möblierung, so daß jedes Geräusch in dem halbleeren Raum von einem kleinen Echo begleitet wurde.
    »Um es gleich vorwegzunehmen«, begann Donat, nachdem sie Platz genommen hatten, »das Pergament ist in unserem Besitz. Aber keine Angst, wir werden Sie angemessen entschädigen, mindestens ebensogut, wie es die Orphiker getan hätten.«
    Das alles klang nüchtern, beinahe geschäftlich, und Donat redete mit einer Freundlichkeit, die nichts mehr gemein hatte mit der finsteren Wirrnis von früher. Als schien er ihre Gedanken zu erraten, sagte Donat plötzlich: »Wir standen unter einem ungeheuren Druck, und das Pergament ist für meine Freunde wirklich von fundamentaler Bedeutung. Es wird, dessen sind wir sicher, die Welt verändern, und deshalb mußten wir ungewöhnliche Methoden anwenden, um in seinen Besitz zu gelangen. Die anderen taten das auch.«
    »Entschuldigen Sie«, unterbrach Anne, die Donats Rede mit Unruhe verfolgte, »ich verstehe kein Wort von dem, was Sie sagen. Wer ist eigentlich alles hinter dem Pergament her?«
    Donat setzte ein überlegenes Lächeln auf und antwortete: »Nun, da sind einmal die Orphiker, mit denen Sie unliebsame Bekanntschaft gemacht haben. Über sie brauche ich vermutlich kein Wort zu verlieren. Dann gibt es eine zweite Gruppe, die unter großem Einsatz bemüht war, das Pergament an sich zu reißen. Das sind Jesuiten und Agenten des Vatikans. Und dann gibt es eine dritte Gruppe. Sie kämpft im Namen Allahs, des Allerhöchsten, gegen die Ungläubigen und Schriftbesitzer, wie es im Koran heißt. Der Tag wird kommen, da alle Ungläubigen wünschen, sie wären Muslims.«
    Während Donat redete, fiel Annes Blick auf eine runde Scheibe mit arabischen Schriftzeichen an der gegenüberliegenden Wand. Sie musterte Donat kritisch, denn in ihrem Hirn wurde eine Ahnung wach. Obwohl alles in ihr vibrierte, bemühte sie sich um ein ausdrucksloses Gesicht. »Irgendwie«, sagte sie zurückhaltend, »kommt mir das alles doch ziemlich grotesk vor. Jede Partei gibt vor, im Namen des Allerhöchsten zu handeln, und dabei schrecken sie nicht vor Mord und Totschlag zurück.«
    »Erlauben Sie«, wandte Donat ein, »da ist ein großer Unterschied. Der Gott der Orphiker ist das allmächtige Wissen. Der Gott der Christen ist ein Lakai der Kurie, das heißt, die wahren Götter der Kirche, das sind die Herren Prälaten, Monsignori und Kurienkardinäle. Es gibt nur einen wahren Gott, und der ist Allah, und Mohammed ist sein Prophet.«
    »Aber auch der Islam verbietet das Töten!«
    »Im Koran heißt es wörtlich: Tötet keinen Menschen, da Gott es verboten hat – es sei denn im Namen der gerechten Sache. Die Suche nach dem Pergament war eine gerechte Sache, vielleicht die gerechteste von allen. Schließlich sagt der Prophet: Kämpft gegen die Ungläubigen. Besiegen kann man diese nur mit ihren eigenen Waffen. Ihre

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