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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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mir gleich einen ganzen Cocktail von Substanzen. Nicht die Pupillengröße oder die Rötung der Augen waren ausschlaggebend für ihr Verdikt, sie ging nach anderen Anzeichen, die sie geheimhielt, damit ich keine Maskerade betrieb - schon deshalb war es prinzipiell unmöglich, die mütterlichen Expertisen anzuzweifeln. Ich stritt gar nicht erst mit ihr, wohl wissend, dass ich damit nur bewies, wie recht sie hatte. (»Dass du immer so aggressiv wirst, wenn du unter Drogen stehst!«)
    Außerdem verfügte Mama über beträchtliche hypnotische Fähigkeiten. Sie brauchte nur zu sagen: »Bei dir hüpfen ja die Wörter!« - und schon hüpften sie tatsächlich, auch wenn ich vorher gar nicht hätte sagen können, was mit dem Ausdruck gemeint war. Darum packte ich, wenn es zu penetrant wurde, lieber meine Sachen und verließ für ein paar Stunden das Haus.
    Eines schönen Sommertages brach wieder einmal eine Drogenkrise aus und nahm Formen an; es war kein Bleiben. Beim Verlassen der Wohnung konnte ich nicht an mich halten und verkündete: »Es reicht. Ich ziehe aus.« - »Das wäre eine gute Nachricht!«, antwortete Mama aus der Küche.
    Natürlich meinten weder ich noch sie das in diesem Moment wirklich ernst.
    Im Stadtzentrum war es angenehm: wenig Menschen, wenig Krach. Ich streifte durch die Seitenstraßen zwischen Twerskoi Bulwar und Sadowoje Kolzo, und was ich dabei dachte, war so diffus, dass es sich schwerlich in Worte übersetzen lässt: Das Gute an Moskau im Sommer sind nicht die Häuser, nicht die Straßen, sondern dass es die geheimnisvollen Sehnsuchtsorte ahnen lässt, an die man von hier verreisen könnte, wenn ... Diese Ahnungen steckten überall, in einem Windhauch ebenso wie dem vorbeischwebenden Pappelflaum (die Pappeln blühten in diesem Jahr zeitig) oder dem Wolkenstreif am Himmel.
    Plötzlich fiel mir ein grüner Kreidepfeil auf dem Trottoir ins Auge. Daneben stand in gleich grüner Schrift:
Nutzen Sie die Chance zum Eintritt in die Elite! 22.06. 18.40-18.55 Uhr Garantiert einmalig!
    Auf meiner Uhr war es viertel vor sieben. Außerdem war heute just der zweiundzwanzigste, Sommersonnenwende. Der Pfeil war von den Sohlen der Passanten schon ziemlich verwischt. Ein Scherz, das war klar. Aber ich bekam Lust, bei dem von Unbekannt angebotenen Spiel mitzuspielen.
    Ich schaute mich um. Die wenigen Passanten gingen ihrer Wege, ohne auf mich zu achten. Auch in den umliegenden Fenstern gab es keine Auffälligkeiten zu entdecken.
    Der Pfeil zeigte auf eine Toreinfahrt. Ich ging hinein und sah einen weiteren grünen Pfeil auf dem Asphalt, der in die Tiefe des Hofes wies. Sonst keine Botschaften. Ich ging die paar Schritte hinein und fand mich auf einem kleinen düsteren Hinterhof wieder: zwei Autowracks, ein Müllcontainer und die geweißte Ziegelwand eines Hinterhauses, darin eine Tür. Auf dem Asphalt davor noch ein grüner Pfeil.
    Im Treppenhaus mehr davon.
    Der letzte Pfeil befand sich im vierten Stock. Er zeigte auf eine gepanzerte Tür; offenbar der Hintereingang einer großen Wohnung. Die Tür war nur angelehnt. Mit stockendem Atem spähte ich in den Spalt hinein, prallte im nächsten Moment erschrocken zurück.
    Im Halbdunkel hinter der Tür stand ein Mann. Er hielt einen Gegenstand in der Hand, der aussah wie eine Lötlampe. Mehr bekam ich nicht mit. Im nächsten Augenblick tat der Mann etwas, und es wurde finster um mich.
    An dieser Stelle hatten sich meine Erinnerungen der Gegenwart so weit angenähert, dass mir wieder einfiel, wo ich mich befand - das heißt: Ich kam zu Bewusstsein.

MITRA
    Ich stand immer noch an der Sprossenwand und musste dringend aufs Klo. Außerdem stimmte in meinem Mund etwas nicht. Ich inspizierte ihn mit der Zunge und stellte fest, dass die beiden oberen Eckzähne ausgefallen waren - da klafften jetzt zwei Lücken. Ich musste die Zähne im Schlaf verschluckt oder ausgespuckt haben, im Mund waren sie jedenfalls nicht mehr.
    Irgendein lebendiges Wesen schien im Zimmer zu sein - doch ich konnte meinen Blick nicht fokussieren und sah deshalb nur einen verschwommenen Fleck. Der Fleck bemühte sich um mich, indem er leise Töne von sich gab und monotone Bewegungen vollführte. Plötzlich gelang es mir doch, die Augen scharfzustellen, und ich sah vor mir einen unbekannten Mann in Schwarz. Er wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum, wohl um zu prüfen, ob ich auf Lichtreize reagierte. Nun, da er sah, dass ich wieder bei Bewusstsein war, nickte der Fremde freundlich und sagte:

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