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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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weicher. Jinn hob seine Arme und ließ sie anmutig von ihrer Schulter gleiten.
    Â»Och«, murmelte er ihr ins Ohr. Als sie aneinander vorbeigingen, sie zum Herd und er zur Tür, hob er die Hand, und Strähnen ihres Haars glitten durch seine Finger. Er sah mich wieder an.
    Â»Ich helfe dir«, sagte ich zu Jinn.
    Â»Nein, ich mach das schon. Geh und setz dich, bis es fertig ist.«
    Widerstrebend ging ich hinüber ins Wohnzimmer. Hinter mir spürte ich Nathan wie ein großes Bündel Elektrizität. Ich setzte mich mitten aufs Sofa und breitete die Hände auf den Seiten aus. Ich glaubte nicht, dass er versuchen würde, sich neben mich zu setzen, aber das Risiko wollte ich nicht eingehen.
    Er grinste mich amüsiert an, als könne er meine Gedanken lesen, ließ sich in den Drehstuhl neben dem Fernseher fallen und legte ein Bein über die Armlehne. Mit der rechten Hand warf er die Fernbedienung immer wieder in die Luft. Schließlich machte er den Fernseher an, ein Ton war jedoch nicht zu hören. Er tat nichts, um das zu ändern, sondern sah mich einfach weiterhin an.
    Â»Ich mag deine Schwester«, sagte er.
    Ich zuckte die Schultern und starrte auf den Fernseher, in dem gerade The Weakest Link lief, auf Münder, die sich schweigend öffneten und schlossen, das grimmige Lächeln von Anne Robinson, das spöttische Kräuseln ihrer Lippen. Nathans Zwilling.
    Â»Ich mag deine Schwester«, sagte er noch einmal.
    Getroffen fuhr ich ihn an: »Ich auch.«
    Â»Bist du eifersüchtig?«, grinste er. »Ruby Red.«
    Ich zog eine Grimasse, die, wie ich hoffte, Verachtung verriet.
    Â»Du hast dich nicht verändert, seit ich in der Schule war.« Gähnend streckte er die Arme in die Luft. Ich wollte ihm die Fernbedienung wegschnappen, traute mich aber nicht. »Sprichst du immer noch nicht? Wissen die Lehrer, dass du da bist? Sie haben immer über dich geredet – ich habe sie gehört. Sie hatten Mitleid mit dir. Natürlich nicht genug, um etwas zu unternehmen, aber sie fanden dich total seltsam. Nur gut, dass du deine Schwester hattest, was? Ich weiß nicht, was du ohne Jinn tun würdest.«
    Ich stand auf. »Ich geh ihr helfen.«
    Â»Tom Jerrold ist auch wieder da.«
    Da musste ich mich wieder hinsetzen, weil mir die Knie zitterten. Meine Kinnlade war so erschlafft wie meine Kniegelenke. Es war nicht gerade schön, dabei Nathans höhnischem Lachen ausgeliefert zu sein, aber ich wusste einen Moment lang nicht, wie ich meine entgleisten Gesichtszüge wieder unter Kontrolle bringen sollte. Schließlich schluckte ich. »Warum?«
    Â»Arbeit. Er hat einen Job in Roscoe Geddes. Möchte in der Nähe seiner Familie sein, jetzt da sein Bruder nicht mehr im Krankenhaus ist.« Nathan beobachtete mich aus dem Augenwinkel, während er mit der Fernbedienung herumspielte. Plötzlich richtete er sie auf mich. »Klick! Hast die Kinnlade wieder zugeklappt.«
    Hatte ich. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, zuckte ich wieder die Schultern.
    Â»Das war Scheiße, was Alex, der kleine Wichser, da gemacht hat. Findest du nicht auch? Springt einfach vom Dach.«
    Â»War nicht seine Schuld«, sagte ich.
    Â»Klar war es das! Wer ist denn gesprungen? Mieser kleiner Penner. Hat’s nicht mal richtig hingekriegt. Gab es in Glassford kein Dach, das hoch genug war? Völlig durchgeknallt. Hatte er Drogen genommen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Echt nicht? Glaubst du nicht? Dann ist er ein noch verrückterer Penner. Muss jetzt noch ein erbärmlicherer Anblick sein, denkst du nicht? An einen Stuhl gefesselt.« Er lachte. »Wie hat er denn ausgesehen? Betrunken?«
    Â»Er war einfach nur traurig«, sagte ich, bevor mir klar wurde, auf was ich mich da einließ.
    Â»Im altmodischen Sinn«, sagte Nathan. »Oder, nein, beide Arten. Hatte er die Augen geschlossen?«
    Ich schüttelte den Kopf, spürte, wie sich mein Rückgrat einrollte, und hoffte, ich wäre bald eine undurchdringliche Kugel wie eine Assel. Ich hätte einen Panzer gebrauchen können.
    Â»Echt? Hatte er nicht? Hast du so genau hingesehen?«
    Â»Nein«, murmelte ich.
    Nathan zwinkerte mir zu. »Keiner ist perfekt, oder, Ruby Red? Brauchst dich nicht schlecht zu fühlen. Selbst wenn du grässlich zu ihm warst, dem armen Kleinen. Ich frage mich, ob Tom sich schlecht fühlt? Weißt du, wo er jetzt weg ist und so.

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