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Das fünfte Verfahren

Das fünfte Verfahren

Titel: Das fünfte Verfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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setzte den Hut auf und machte mich aus
dem Staub. In der Zwischenzeit hatte sich das Telefon ein weiteres Mal
gemeldet, aber ich ließ es klingeln.
    Draußen herrschte ein Sauwetter. Es
regnete. Die Straße lag leer und kalt vor mir. Nirgendwo konnte ich einen
verdächtigen Schatten entdecken, weder mit noch ohne Schlapphut. Ich eilte
davon. Motorengeräusch ließ mich in einen Hauseingang flüchten. Der Wagen fuhr
an mir vorbei, schmutziges Wasser spritzte hoch. Er hielt vor meinem Haus. Ein
paar Gestalten stiegen aus. Stiefel knallten auf das Pflaster. Taschenlampen
leuchteten auf, ein Lichtstrahl fiel auf den Lauf eines Maschinengewehres.
    Als ich schon weit weg in einer
Nebenstraße war, hörte ich noch die nächtlichen Besucher gegen die Haustür
trommeln und den Concierge anschnauzen.

Im dicksten Schlamassel
     
     
    Es war die Nacht der Überraschungen.
Faroux bekam das zu spüren, als er nach Mitternacht nach Hause kam. Ich stand
geduldig bei ihm auf der Matte und wartete auf ihn. Bei meinem Anblick verlor
sein schokoladenbrauner Hut beinahe das Gleichgewicht.
    „Also wirklich“, schnaufte er. „Sie
haben wirklich Nerven!“
    „Machen Sie nicht so’n Lärm“, ermahnte
ich ihn. „Sie wecken ja das ganze Haus auf. Für einen Kommissar gehört sich so
was nicht.“
    Er brummte, Kommissar werde er nicht
lange bleiben, wenn er weiterhin so seltsame Freunde habe wie mich. Zwei- oder
dreimal wiederholte er, ich hätte vielleicht Nerven. Trotz seiner Entrüstung
fand er schließlich Schlüssel und Schlüsselloch und öffnete die Tür. Ich folgte
ihm in die Wohnung und setzte mich direkt neben einen elektrischen Heizkörper,
den er einschaltete. Mein nasser Mantel fing an zu dampfen. Florimond Faroux
ging schweigend im Zimmer auf und ab.
    „Machen Sie nicht so ein Gesicht“,
sagte ich. „Wo sollte ich nach Ihren stummen Telefonwarnungen denn sonst
hingehen? Ich hatte zwei Gründe, zu Ihnen zu kommen. Erstens wird man mich
nicht ausgerechnet bei einem Flic vermuten, und zweitens sind Sie der einzige,
der mir ein paar Tips geben kann... Ich nehme an, die Idee Ihres Vorgesetzten,
mich irgendwo außerhalb toter Mann spielen zu lassen, war nicht unbedingt nach
dem Geschmack von Rotkartoffel.“
    „Rotkartoffel?“
    „So hab ich den Mann mit dem grünen
Hut getauft. Wer ist das überhaupt? Wahrscheinlich ein deutscher Flic, oder?“
    „Ja. Ein gewisser Otto Schirach.“
    „Nach unserer Unterhaltung wird er
wohl seine Meinung geändert haben. Nach seiner Auffassung käme ich in der Santé oder in Fresnes nicht so sehr in Versuchung, irgend etwas zu unternehmen. Sie
haben von seinen Plänen gehört und... Wissen Sie, Ihre Warnung kam wirklich um
fünf vor zwölf... Und nun“, fuhr ich nach einer Pause fort, in der ich mir
umständlich meine Pfeife gestopft hatte, „könnten Sie mir verraten, welcher
Schlange ich versehentlich auf den Schwarz getreten habe?“
    „Nichts einfacher als das. Ich bin
bestens unterrichtet. Schließlich gehört das zu meinen Aufgaben. Auch wenn die
französische Polizei angehalten wurde, den Fall auf sich beruhen zu lassen,
werde ich mich weiterhin darum kümmern... inoffiziell.“
    Der Ton, in dem er dieses Wort
aussprach, rechtfertigte schon alleine den Weg zu meinem Freund. Gleichzeitig
zwinkerte er mir besonders schön komplizenhaft zu. Es erinnerte mich an einen
Kerl, der mir einmal im Café Flore — einem Ort also, wo Verrückte keine
Mangelware sind — ein hausgemachtes Gedicht zuschob. Darin kriegten die
Deutschen ordentlich ihr Fett ab, was auf den ersten Blick nicht unbedingt
ersichtlich war.
    Nach diesem augenzwinkernden „Sie
verstehen schon, worum es geht“ erklärte der Kommissar:
    „Aus diesem Grunde habe ich alle
notwendigen Informationen eingeholt. Zunächst einmal hieß der Tote nicht
Kostich. Sein wirklicher Name lautet Sdenko Matitch.“
    „Klingt auch nicht besser.“
    „Und dann ist er Kroate.“
    „Kroate? Ein schwerer Schlag für Ihren
Kollegen vom Gare de Lyon, was? Er konnte den Serben schon kaum verdauen. Der
Kroate wird ihm den Rest geben.“
    Florimond Faroux wurde ungeduldig.
    „Außerdem habe ich erfahren, daß
dieser Matitch — und das ist der Grund für die Unruhe in den deutschen Reihen —
Geheimagent der Nazis und der Gestapo unterstellt war, die so was Ähnliches wie
ein persönlicher Geheimdienst Adolf Hitlers ist.“
    „Das hab ich geahnt“, murmelte ich.
„Das Abzeichen, das man bei der Leiche gefunden hat, ist das Kennzeichen

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