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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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schliefe sie. Das machte sie gerne. Das war beinahe zu einem Spiel geworden. Harry drehte sich auf die Seite, um sie anzuschauen. Sein Blick fiel zuerst auf die Spiegeltür, in der das ganze Bett zu sehen war. Dann auf den offenen Werkzeugkasten. Ganz oben fand sic h e in kurzes Stemmeisen mit grünem Holzgriff. Er nahm das Werkzeug heraus. Leicht und klein, ohne jede Spur von Rost unter der feinen Schicht Putz.
    Er wollte das Stemmeisen zurücklegen, als seine Hand erstar r te.
    Im Werkzeugkasten lag ein Körperteil. Das hatte er schon an anderen Tatorten gesehen. Abgetrennte Geschlechtsorgane. Es dauerte eine Sekunde, ehe er begriff, dass der Penis nur ein hautfarbener, naturgetreuer Dildo war.
    Er ließ sich wieder auf den Rücken fallen, das Stemmeisen noch in der Hand. Er schluckte.
    Nach so vielen Jahren in einem Job, in dem man täglich in anderer Leute Sachen und Privatleben herumstöberte, war ein Dildo nichts Besonderes. Nichts, weswegen man schlucken musste.
    Hier, in diesem Bett.
    Er brauchte jetzt schleunigst einen Drink.
    Geräusche hallten im Innenhof wider.
    Rakel.
    Er versuchte, nicht zu denken, aber es war zu spät. Ihr Körper an dem seinen.
    Da war die Erektion. Harry schloss die Augen und spürte, wie sich ihre Hand bewegte –die zufällige, unbewusste Bewegung einer Schlafenden –und sich ihm auf den Bauch legte. Die Hand ruhte einfach da, als wolle sie nirgendwo hin. Ihre Lippen an seinem Ohr, ihr warmer, rasselnder Atem. Ihre Hüften, die sich unter seiner Berührung bewegen würden. Die kleinen, weichen Brüste mit den empfindsamen Brustwarzen, die schon hart wurden, wenn er sie nur anpustete. Ihre Scheide, die sich öffnen und ihn verzehren würde. Der Hals schnürte sich ihm zu, als müsse er weinen.
    Harry zuckte zusammen, als er unten eine Tür schlagen hörte. Er richtete sich auf, zog die Decke glatt, stand auf und betracht e te sich im Spiegel. Rieb sich das Gesicht mit beiden Händen.
    Willy Barli bestand darauf, mit nach draußen zu kom men, um dabei zu sein, falls der Schäferhund Ivan auf eine Fährte stieß.
    Als sie auf die Sannergata traten, fuhr gerade ein roter Bus lautlos von der Haltestelle ab. Ein kleines Mädchen starrte Harry aus einem der hinteren Fenster an. Ihr rundes Gesicht wurde kleiner und kleiner, während der Bus in Richtung Rodeløkka verschwand.
    Sie gingen bis zum Kiwi-Markt und wieder zurück, ohne dass der Hund eine Reaktion gezeigt hätte.
    » Was nicht heißt, dass Ihre Frau nicht hier war «, sagte Ivan. » An einer Straße in der Innenstadt mit Autoverkehr und vielen Fußgängern ist es schwer, den Geruch einer einzelnen Person herauszufiltern. «
    Harry blickte sich um. Er hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, doch die Straße war menschenleer, und in den Fenstern der Häuser spiegelten sich nur der dunkle Himmel und die Sonne. Alkoholikerparanoia.
    » Tja «, sagte Harry. » Dann können wir vorläufig nicht mehr tun. «
    Barli starrte sie verzweifelt an.
    » Es wird schon alles gut werden «, beschwichtigte ihn Harry.
    Barlis Antwort kam tonlos wie ein Wetterbericht: » Nein, es wird nicht alles wieder gut. «
    » Komm her, Ivan! «, rief der Hundeführer und zerrte an der Leine. Der Hund hatte seine Schnauze unter die vordere Stoß stange eines Golfs geschoben, der am Straßenrand geparkt war.
    Harry gab Barli einen Klaps auf die Schulter, wich aber se i nem forschenden Blick aus: » Alle Streifenwagen sind unterrich tet. Und wenn Ihre Frau bis Mitternacht nicht wieder aufge taucht ist, geben wir eine Fahndungsmeldung raus. Okay? «
    Barli antwortete nicht.
    Ivan bellte den Golf an und zerrte an der Leine.
    » Warten Sie einen Moment «, sagte der Hundeführer.
    Er ging auf alle viere und beugte den Kopf zum Pflaster hinu n ter. » Oh «, sagte er und schob einen Arm unter das Auto.
    » Was gefunden? «, fragte Harry.
    Der Hundeführer drehte sich um. Er hielt einen hochhackigen Damenschuh in der Hand.
    Harry hörte Barli hinter sich aufschluchzen und fragte: » Ist das ihr Schuh, Herr Barli? «
    » Es wird nicht alles wieder gut «, sagte Willy. » Es wird nicht alles wieder gut. «

 
    KAPITEL 10
Donnerstag und Freitag. Albtraum
    D onnerstagnachmittag hielt ein rotes Postauto vor dem Briefka s ten in Rodeløkka. Der Inhalt wurde in einen Sack geleert, der hinten im Auto verschwand und zum Briefzentrum in der Biskop Gunnerus Gate 14 gebracht wurde, besser bekannt unter dem Namen Postgiro-Hochhaus. Die Post wurde noch am selben Abend im

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