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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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den Schlieren darauf, die er in den dünnen Wasserfilm gemalt hatte. Jetzt wusste er, wo er das schon einmal gesehen hatte. » Oleg! « E r rannte die Treppe hoch.
     
    K arl war wenig an Menschen interessiert. Auch wenn er den Fernsehladen am Carl Berners Plass nun seit mehr als zwanzig Jahren betrieb, hatte es ihn nie interessiert, etwas über seinen Namensvetter zu erfahren, der dem Platz den Namen gegeben hatte. Ebenso wenig interessierte ihn der hoch aufgeschossene Mann vor ihm, der ihm den Polizeiausweis unter die Nase hielt, oder der Junge mit den nassen Haaren daneben. Oder das Mädchen, über das der Polizist sprach; das sie bei dem Anwalt gegenüber tot auf dem Klo gefunden hatten. Das einzige Mäd chen, für das Karl sich in diesem Moment interessierte, war das auf dem Foto in seinem Männermagazin; wie alt es wohl war, ob es wirklich aus Tønsberg stammte und sich tatsächlich gerne nackt auf dem Balkon sonnte, so dass es jeder Passant sehen konnte.
    » Ich war am selben Tag hier, an dem Barbara Svendsen get ö tet wurde. «
    » Wenn Sie das sagen «, erwiderte Karl.
    » Sehen Sie den abgeschalteten Fernseher dort im Fenster? «, fragte der Polizist und streckte seine Hand aus.
    » Philips «, sagte Karl und schob das Magazin zur Seite. » Ein schönes Gerät, nicht wahr? Fünfzig Hertz. Real-flat -B ildröhre. Surround System, Videotext und Radio. Kostet sieben neun, aber Ihnen gebe ich ihn für fünf neun. «
    » Sehen Sie, dass da jemand etwas in den Staub gemalt hat? «
    » Okay «, seufzte Karl. » Meinetwegen fünf sechs. «
    » Der Fernseher ist mir scheißegal «, sagte der Polizist. » Ich will wissen, wer das gemacht hat. «
    » Warum das? «, fragte Karl. » Ich hatte eigentlich nicht vor, jemanden deswegen anzuzeigen. «
    Der Polizist beugte sich über die Theke. Der Farbe seines Gesichts nach gefielen dem Mann Karls Antworten nicht. » Hören Sie zu. Wir versuchen einen Mörder zu finden. Und ich habe Grund zur Annahme, dass der hier war und etwas auf den Fernsehschirm dort gezeichnet hat. Reicht das? «
    Karl nickte stumm.
    » Okay. Und jetzt will ich, dass Sie gut nachdenken. «
    Die Türglocke klingelte. Der Polizist drehte sich um. Im Ein gang erschien eine Frau mit einem Metallkoffer.
    » Der Philips da drüben «, sagte der Polizist und deutete in die angegebene Richtung.
    Sie nickte wortlos, hockte sich vor die Wand mit den Ferns e hern und öffnete den Koffer.
    Karl starrte sie aus großen Augen an.
    » Nun? «, fragte der Polizist.
    Da dämmerte es Karl, dass dies hier wichtiger war als Liz aus Tønsberg. » Ich kann mich natürlich nicht an jeden erinnern, der hier reinkommt «, stotterte er und meinte eigentlich, dass er sich an niemanden erinnerte.
    So war es eben. Gesichter hatten für ihn keine Bedeutung. In diesem Moment war sogar bereits das Gesicht von Liz verge s sen.
    » Ich will nicht über jeden etwas wissen «, sagte der Polizist. » Nur über diesen einen. Es scheint hier tagsüber ja nicht viel los zu sein. «
    Karl schüttelte resigniert den Kopf.
    » Und wenn ich Ihnen ein paar Bilder zeigen würde? «, fragte der Polizist. » Würden Sie ihn dann erkennen? «
    » Weiß nicht, ich hab ja auch Sie nicht wiedererkannt, also … «
    » Harry … «, sagte der Junge.
    » Aber ist Ihnen denn nicht aufgefallen, dass da jemand etwas auf den Bildschirm gekritzelt hat? «
    » Harry … «
    Dabei war Karl ein Mann aufgefallen. Er hatte bereits an dem Abend an ihn denken müssen, als die Polizei nachgefragt hatte, ob er etwas Verdächtiges bemerkt habe. Das Problem war, dass an dieser Person nichts Außergewöhnliches gewesen war. Der Mann hatte bloß dagestanden und auf die Bildschirme gestarrt. Was in einem Fernsehladen eigentlich nichts Besonderes war. Was also hätte er sagen sollen? Dass jemand, über dessen Aussehen er nichts weiter sagen konnte, im Laden gestanden hatte und ihm verdächtig vorgekommen war? Nur um sich dafür einen Haufen Ärger einzuhandeln?
    » Nein «, sagte Karl, » ich habe nicht bemerkt, dass da jemand was gemalt hat. «
    Der Polizist murmelte etwas Unverständliches.
    » Harry … « Der Junge zupfte den Polizisten am T-Shirt. » Es ist fünf. «
    Der Polizist erstarrte und blickte auf die Uhr.
    » Beate «, sagte er. » Hast du was entdeckt? «
    » Ist noch zu früh «, sagte sie. » Hier sind Spuren genug, aber er hat mit der Fingerkuppe eine Linie über den Bildschirm gez o gen. Es wird schwierig sein, einen vollständigen Abdruck zu finden.

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