Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
hatte, die eingerahmt bei Anna im Wohnzimmer an der Wand gehangen hatte.
Er entrollte die kunstvoll gezeichnete Karte und breitete sie auf dem Tisch aus.
Als er die Stelle gefunden hatte, überprüfte er die Position auf einer modernen Karte. Es bestand kein Zweifel. Rhédae war der alte Name der mittelalterlichen Ortschaft Rennes-le-Château, keine dreißig Kilometer von Saint-Jean entfernt. Mit einem Mal hatte Cherchez à Rhedae eine ganz neue und sehr reale Bedeutung: Sucht in Rennes-le-Château .
Und nach seinem Reiseführer war Rennes-le-Château jener Ort, den die Legenden am häufigsten mit dem verlorenen Schatz der Katharer in Verbindung brachten.
Kapitel 58
Auf dem Weg durch die zerklüftete Landschaft in Richtung Rennes-le-Château dachte Ben über das nach, was er in seinem neuen Reisehandbuch über den Ort gelesen hatte. Er erinnerte sich vage an den Namen aus einer Fernsehdokumentation, die er zufällig und mit nur geringer Aufmerksamkeit gesehen hatte. Doch ihm war nicht klar gewesen, dass der einst verschlafene Weiler inzwischen eine der sensationellsten Touristenattraktionen von ganz Südfrankreich war. In seinem Reiseführer stand: «Ein wichtiges Ziel für alle, die nach heiligen Schätzen und magischen Phänomenen suchen. Ob man nun an das Okkulte glaubt oder nicht, an kabbalistische Vorstellungen, UFOs oder Getreidekreise – die über Rennes-le-Château liegende merkwürdige, geheimnisvolle Atmosphäre lässt sich nicht abstreiten.»
Das Rätsel von Rennes-le-Château basierte auf der Geschichte eines Mannes mit Namen Bérenger Saunière. Er war der zunächst recht ärmlich lebende Dorfgeistliche gewesen, der im Jahr 1891 während der Renovierung seiner alten Kirche vier Schriftrollen in versiegelten Holzzylindern gefunden hatte. Die Schriftrollen stammten aus den Jahren 1244 bis 1780 und hatten, so die Legende, Pater Saunière zu einem großen Geheimnis geführt.
Niemand wusste, was Saunière gefunden hatte, doch kurz nach seiner Entdeckung hatte sich der Priester über Nacht von einem armen Menschen in einen Millionär verwandelt. Woher das Geld gekommen war, blieb ein Geheimnis. Manche Quellen behaupteten, er hätte den sagenumwobenen Schatz der Katharer gefunden – ein Vermögen in Gold, das die Häretiker im dreizehnten Jahrhundert vor ihren Unterdrückern in Sicherheit gebracht hatten. Andere meinten, der Schatz wäre nicht Geld oder Gold, sondern ein großes Geheimnis – irgendein altes Wissen – und die Kirche hätte Saunière mit Geld bestochen, damit er Stillschweigen darüber bewahrte.
Es konnte kaum überraschen, dass die Gerüchte von einem gefundenen Schatz in Verbindung mit der unklaren Faktenlage ein hysterisches Interesse entfacht hatten, als die Geschichte Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts an die Öffentlichkeit geraten war. Ein fieberhafter Kult war entstanden um alles, was mit Rennes-le-Château und seinem Geheimnis zu tun hatte. Jeden Sommer strömten Mystiker, Hippies und Schatzsucher in wilden Scharen nach Rennes-le-Château. Die Tourismusindustrie des Languedoc war seit jenem Tag ein wenig «Katharer-verrückt» geworden.
Nachdem Ben in Couiza von der Hauptstraße abgebogen war, quälte sich der Wagen einen steilen Bergweg hinauf. Nach vier Kilometern – einer Fahrt, in deren Verlauf die Landschaft immer atemberaubender geworden war – hatte er die kleine Ortschaft Rennes-le-Château erreicht.
Die Kirche stand ein wenig abseits der Straße hinter einem schmiedeeisernen Gitter. Neben dem Gotteshaus stand ein Fremdenverkehrszentrum, das einen seltsamen Gegensatz zu dem alten, verfallenden kleinen Dorf bildete. Gegenwärtig fand eine Führung statt, und eine Reihe kameraschwingender Touristen folgte einem Fremdenführer. Ben schloss sich der Gruppe an. Aus dem Geschwirr ihrer Unterhaltungen schloss er, dass sie ausnahmslos Briten waren.
«Ladies and gentlemen» ,dröhnte der gelangweilte Fremdenführer, «wenn Sie mir bitte hier entlang folgen würden, damit wir die geheimnisumwitterte Kirche betreten können. Wie alle mittelalterlichen Kirchen ist auch bei dieser hier die Längsachse in der Ost-West-Ebene ausgerichtet, und der Grundriss besitzt die Form eines Kreuzes. Der Altar ist …»
Ben folgte der Gruppe durch den schmalen Eingang. Im Innern verteilten sich alle und bewunderten die prachtvolle Ausstattung. Gleich hinter dem Eingang befand sich eine höchst realistische Statue von einem glotzenden gehörnten Dämon. Vier Engel standen
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